Dr. Trecker: Bei ihm ist keine Schraube locker

Holger Hink, alias Dr. Trecker, mit dem Kolben seines derzeitigen Lieblingsprojekts: ein Zugfahrzeug Lanz HL 12 von 1925. Fotos: Lepél (2), Museum
Holger Hink leitet die Metallwerkstatt im Freilichtmuseum am Kiekeberg – und gleichzeitig ist er der Dr. Trecker aus dem Fernsehen. Fans kennen ihn aus dem NDR-Format „Treckerfahrer dürfen das!“.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
„Praxis Dr. Trecker“ steht auf einem Zettel an der Eingangstür zur „Klinik“ für alte Traktoren im Freilichtmuseum am Kiekeberg. Doch wenn dieser Doktor eine Transfusion vornimmt, dann handelt es sich meistens um einen komplizierten Ölwechsel. Wenn er ein echter Mediziner wäre, dann wäre er wahrscheinlich in der Geriatrie im Einsatz. Denn Hinks Patienten sind durchweg recht betagt und nicht selten mehr als 100 Jahre alt. Holger Hink leitet seit 2015 die Metallwerkstatt des Freilichtmuseums am Kiekeberg in Ehestorf.
Der Treckerdoktor trägt natürlich keinen weißen Kittel, sondern eine schwarze Veddelhose. Und er desinfiziert seine Hände nicht vor dem Eingriff, sondern schrubbt die ölverschmierten Patscher erst danach mit einer Spezialseife. Diese Hände leisten dem gelernten Mechaniker wichtige Dienste, wenn er die große Sammlung an historischen Landmaschinen im Kiekebergmuseum flott macht. Aber genauso wichtig wie das handwerkliche Geschick sind ein geschultes Gehör, Geduld, Einfühlungsvermögen, ein breites Fachwissen und die Fähigkeit zur eingehenden Recherche.
Holger Hink kam quasi mit dem Schraubenzieher zur Welt. In seinem Blut fließt kein Benzin, aber dafür Diesel. Der 46-Jährige hatte schon immer ein Herz für alte Technik, alte Fahrzeuge und alte Motoren. „Das habe ich von meinem Vater. Der hat auch immer an irgendetwas herumgeschraubt“, sagt Dr. Trecker. Diesen Namen erhielt Holger Hink unter anderem wegen seiner beratenden Funktion in der TV-Sendung „Treckerfahrer dürfen das!“ im NDR, wo er der großen Gemeinde der Treckerfans regelmäßig Ratschläge zu Wartung, Pflege und Restauration ihres Schätzchens gibt.
{picture1}
Sein Handwerk hat Holger Hink bei seiner Ausbildung zum Kfz-Mechaniker bei Opel Cordes in Stade gelernt. „Ich habe aber schon immer das Ziel verfolgt, in einem Museum zu arbeiten“, sagt er. 2015 hat es endlich geklappt. „Das hier ist mein absoluter Traumjob“, so Hink. „Ich möchte hier nie, nie wieder weg.“
{picture2s} Die Jahre vor der Erfüllung seines Lebenstraums mit der Einstellung am Kiekeberg überbrückte der Stader als Zivildienstleistender, Werkstattleiter in einer Suchteinrichtung, Mechaniker für Land- und Baumaschinen und als Betriebsschlosser in der Lebensmittelindustrie. All die Erfahrungen kommen ihm jetzt zugute. Sein Aufgabenbereich im Museum ist vielseitig: Der Metallrestaurator leitet die Werkstatt des Museums und ist verantwortlich für etwa 65 alte Traktoren, diverse Stationärmotoren und mehrere Dampfmaschinen sowie einige andere Fahrzeuge vom Motorroller bis hin zum schmucken Oldtimer. Außerdem leitet Holger Hink die Technik-AG im Freilichtmuseum mit etwa 14 ehrenamtlichen Mitarbeitern. In der Gruppe wird der Umgang mit technischem Gerät geübt und die Museums-Maschinen instand gesetzt. Hink organisiert zudem zusammen mit Kollegin Heike Duisberg das jährliche Dampf- und Traktorentreffen im Freilichtmuseum am Kiekeberg, das 2020 am 12. und 13. September mit etwa 400 Traktoren, acht Dampfmaschinen und den norddeutschen Sammlern historischer Motorsägen stattfindet.
Seine Leidenschaft aber gehört den alten Motoren. Neben der riesigen Treckerflotte des Museums pflegt Hink auch noch vier eigene Traktoren. Momentan zerlegt er in der Werkstatt ein altes Lanz-Zugfahrzeug HL 12 von 1925. „Man muss Respekt vor dem alten Material haben“, sagt er. Oft fehlen Betriebsanleitungen – dann hilft nur Recherche, Vorsicht, Gespür und Geschick. Und wenn dann irgendwann der alte Motor wieder anspringt, ist das Glück perfekt: Nicht verzagen, Dr. Trecker fragen!