Zähl Pixel
Archiv

Finanzreport ist mangelhaft

Die NOlympia-Aktivisten Michael Rothschuh (von links), Nicole Vrenegor und Florian Kasiske auf einer Pressekonferenz der Olympia-Gegner „NOlympia“. Reinhardt/dpa

Die NOlympia-Aktivisten Michael Rothschuh (von links), Nicole Vrenegor und Florian Kasiske auf einer Pressekonferenz der Olympia-Gegner „NOlympia“. Reinhardt/dpa

NOlympia-Netzwerk: Geplante Finanzierung ist nicht nachvollziehbar.

Mittwoch, 14.10.2015, 20:19 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Der vom rot-grünen Senat vorgelegte Finanzreport zur Ausrichtung Olympischer Spiele in Hamburg ist nach Auffassung des NOlympia-Netzwerks ungenügend. „Er erfüllt nicht die Mindestanforderung an eine nachvollziehbare Darstellung der geplanten Finanzierung“, sagte NOlympia-Aktivist Michael Rothschuh am Mittwoch. So behaupte der Report nur, belege aber nichts. „Er begründet keine Zahlen, er setzt sie einfach.“ Auf der anderen Seite fehlten dafür die Betriebs- und Folgekosten für den Unterhalt der Olympiabauten nach den Spielen. Für den Präsidenten des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB), Alfons Hörmann, ist dagegen alles gesagt: „Mehr Klarheit braucht ein Bürger aus Hamburg nicht“, sagte er mit Blick auf das anstehende Referendum der Wochenzeitung „Die Zeit“.

Für diesen Freitag rief das NOlympia-Netzwerk zu einer Nachttanz-Demonstration auf, um seinen Argumenten gegen das Sportgroßereignis Nachdruck zu verleihen. So befürchtet es massive Mietsteigerungen, Einschränkungen der Persönlichkeitsrechte und soziale Einschnitte. „Wir brauchen kein weiteres Mega-Event“, sagte Klara Fall vom Organisationsteam „Tanzen für eine soziale Stadt“. Statt Milliarden zu verschwenden, sollte sich die Politik um eine Stadt kümmern, die für alle Bewohner und Neubürger einen würdigen Lebensraum bietet. Am 29. November entscheidet Hamburg in einem Referendum über die Olympia-Bewerbung der Hansestadt.

Die Austragung Olympischer Spiele sei stets mit einer massiven Mietsteigerung und deutlich höheren Immobilienpreisen einhergegangen, sagte NOlympia-Aktivist Florian Kasiske unter Hinweis auf die Spiele in Barcelona (1992), Atlanta (1996) und London (2012). So habe Barcelona zwischen 1986 und 1993 Mietsteigerungen in Höhe von 145 Prozent verzeichnet, in einigen Stadtteilen von Atlanta seien es sogar 274 Prozent gewesen. Ein Konzept, wie dies in Hamburg verhindert werden könne, gebe es jedoch nicht, kritisierte Kasiske.

Nach Rothschuhs Ansicht ist darüber hinaus auch nicht klar, ob der Plan zum Bau neuer Wohnungen durch private Investoren auf dem Kleinen Grasbrook überhaupt aufgeht. Wer sehen wolle, wie es aussehe, wenn eine Nachnutzung nicht funktioniere, müsse nur nach Hannover zum ehemaligen Expo-Gelände fahren. „Das ist ein schöner Ort für Ratten, aber das ist ein nicht so schöner Ort für spielende Kinder.“ Und auch bei der Verlegung der Hafenbetriebe sei noch längst nicht alles bedacht. „Der Hafen ist insgesamt kein wohnlicher und sicherer Ort. Einen Hafen zum Stadtteil zu machen, ist schon eine Umkrempelung.“

DOSB-Präsident Hörmann riet dagegen, dem Bürgermeister zu vertrauen. „Olaf Scholz hat deutlich gesagt, was Hamburgs Beitrag zu den Kosten sein wird: 1,2 Milliarden. Damit haben die Bürger die personifizierte Verantwortung.“ So, wie Hamburg gerechnet habe, „ist es mit Gürtel und Hosenträger, wie man in Bayern sagt“. Für Hörmann geht es nun vor allem darum, den „gefühlten Widerspruch“ zwischen der aktuellen Flüchtlingskrise und „den großen Zukunftsfragen“ aufzulösen.

Hamburgs Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) warb unterdessen in ihrer Partei für Olympia. Auf einem Landesausschuss am Dienstagabend nannte sie den Report laut einem Sprecher „eine ehrliche Kostenschätzung“. Kritik vom Bund mache sie nicht bange. „Da scheint mancher in Berlin einen Schreck bekommen zu haben, weil wir in Hamburg so ehrlich gerechnet haben.“ Das sei man ja bei Großprojekten nicht unbedingt gewohnt. Sie werbe um Verständnis, „dass sich der Bund jetzt erst einmal von diesem Schrecken erholen muss“. Hamburg habe ein faires Angebot gemacht. Nun müsse Berlin bis Februar entscheiden, „ob Olympische Spiele in Deutschland gewollt sind oder nicht“.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.