Kein Dementi zum Wohnungsbau

Blick auf den Stadtteil Kleiner Grasbrook . Foto Bockwoldt/dpa
Hamburgs rot-grüner Senat kratzt an einem Tabu. Erstmals gibt es Überlegungen, auch ohne Olympische Spiele einen Teil des Kleinen Grasbrooks im Hafen mit Wohnungen zu bebauen. Dies hatte Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) bis zuletzt kategorisch ausgeschlossen.
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Gestern betonte seine Behörde zwar, es stünden zeitnah keine Entscheidungen zur Verkleinerung des Hafengebiets an. Ein Dementi zur grundsätzlichen Option Wohnungsbau auf dem Grasbrook gab es allerdings nicht. Die Hafenwirtschaft und die Opposition reagierten scharf auf die sich andeutende Wende. „Wir brauchen nicht weniger, sondern mehr gewerbliche Flächen im Hamburger Hafen“, ärgerte sich Gunnar Uldall, einer der Vorgänger Horchs als Wirtschaftssenator und nun Landeschef des CDU-Wirtschaftsrats. Unternehmen bräuchten Planungssicherheit und weiterhin genügend Flächen mit Zugang zu seeschifftiefem Wasser. FDP-Wirtschaftsexperte Michael Kruse sprach von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“, die dem Hafen einen weiteren Schlag verpasse.
Auslöser der Gedankenspiele ist das absehbare Ende des Überseezentrums auf der Elbinsel. Die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) braucht den einst weltgrößten Verteilschuppen für Stückgutladung nicht mehr und hat sich mit der Hafenbehörde HPA auf ein vorzeitiges Ende des Mietvertrags geeinigt. Damit wird das weitläufige Gelände an den Elbbrücken frei. Zwar betont die Behörde, das Ende des Mietverhältnisses sei nicht gleichbedeutend mit der Entlassung des Areals aus dem Hafengebiet. Das wäre nötig, um dort Wohnungen bauen zu dürfen. Zugleich räumt eine Sprecherin aber ein, Überlegungen über die künftige Nutzung würden jetzt erst „möglich und sinnvoll“.
Tatsächlich prüfen HPA und Stadt intern bereits Modelle für die Zukunft des Grasbrooks, was auch eine Bebauung mit zunächst einigen Wohnhäusern einschließt. Dem Vernehmen nach könnte es nach Abriss des 100 000 Quadratmeter großen Überseezentrums dort eine Mischung aus hafennaher Nutzung, Gewerbe und eben Wohnen geben. Die noch nicht beschlossenen Pläne sehen vor, dabei einen schmalen Streifen am nördlichen Ufer aus dem Hafenstatus zu entlassen, um dort Wohngebäude errichten zu können. Nach unbestätigten Berichten könnte dies am Schumacherwerder der Fall sein, gelegen direkt an der Norderelbe gegenüber der Hafencity.
Die Überlegung kommen für die Öffentlichkeit völlig überraschend. Nach dem Scheitern der Olympiabewerbung hatte der Senat versprochen, das Hafengebiet nicht anzutasten. Allerdings gilt das Areal seit langem als wichtige Option für die Stadtentwicklung und den Sprung über die Elbe. Der Kleine Grasbrook war als Zentrum Olympischer Spiele 2024 vorgesehen, im Anschluss sollte die Insel zu einem neuen Stadtteil mit mehreren Tausend Wohnungen werden. Schon seinerzeit gehörte die Hafenwirtschaft zu den schärfsten Kritikern der Planungen, da für dieses Szenario alle dortigen Hafenbetriebe hätten verlegt werden müssen.