Kleine Jorker Bühne: Shakespeare auf dem Obsthof
Mit dem Shakespeare-Klassiker „Wie es euch gefällt“ hat das Ensemble der Kleinen Jorker Bühne den Besucherinnen und Besuchern am Mittwochabend beim Open-Air auf dem Obsthof Schuback in Jork-Hinterdeich einen wunderbaren Theaterabend geschenkt.
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Immer wieder blickten einige der knapp 150 Besucher in Richtung Himmel. Die Unwetter-App Nina hatte vor Gewitter und Hagel am Premierenabend gewarnt. Pustekuchen. Die dunklen Wolken zogen vorbei – und selbst das Donnergrollen aus der Ferne wirkte letztlich wie ein Teil der Inszenierung.
Offenbar hatte selbst der „Wettergott“ seinen Gefallen an dem Verwirrspiel der Laienspielgruppe im Schatten der Apfel-Großkisten gefunden, denn der Donner untermalte eigenartigerweise auf den Punkt genau den Auftritt des Schurken in diesem Stück: Herzog Frederick (Ronald Finke).
Nicht nur die Schauspieler, auch die Bühnenbauer überzeugten: Aus Großkisten hatten sie eine Mischung aus einem antiken Theater und aus William Shakespeares Globe Theatre von 1599 in die Plantage gesetzt. Obstbauer Axel Schuback lieferte mit seiner Dachkirschenplantage den Wald der Eheanbahnungen von Arden als Kulisse mit Vogelgezwitscher.
Regisseurin Sabine Köckeritz und ihre Regieassistentin Melanie Mairose haben die Komödie mit ihrer Inszenierung vom Klassiker- Muff entstaubt – und unter anderem mit Sirtaki-Einlagen à la Alexis Sorbas Open-Air-tauglich gemacht. Shakespeares Vorbild war 1599 ein Schäferroman von Thomas Lodge, „Rosalinde oder Euphues‘ goldenes Erbe“. Diese waren seinerzeit Bestseller, Hofgesellschaften erlebten in der Natur die Freiheit jenseits höfischer Etikette und Ränkespiele.
Die Handlung in Kürze: Der junge Orlando (Tim Barvels) fällt nach einem blutigen Ringkampf in Ungnade und flieht vor dem bösen, rachsüchtigen Herzog in den Wald, auch sein älterer Bruder (Janis Götze) trachtet ihm nach seinem Leben. Die Tochter (Jil Wahlen) des verbannten Herzogs Senior hat sich in Orlando verliebt und folgt diesem, verkleidet als Mann. Ihre Freundin Celia (Marlen Römmich), die Tochter des Thronräubers, und der Narr (Michaela Frank-Götze) begleiten sie. In dem Zauberwald, der Bösartigkeit aufheben und Liebende vereinen kann, finden sie Zuflucht. Sie landen in einer Schäferei. Die verkleidete Rosalind sorgt erst einmal für Liebesverwirrung bei dem Schäferpaar Silvius (Moritz Fürste) und Phebe (Franziska Cordes), denn Phebe verknallt sich in das hübsche Hosenmädchen. Bis alle Liebespaare letztlich zusammenfinden und Hochzeit feiern können und auch Herzog Frederick geläutert ist, dauert es seine Zeit.
Regisseurin Köckeritz hat die Liebeswerbungen der vier Paare virtuos verwoben. Das Spiel („Die ganze Welt ist Bühne – und alle Frau’n und Männer bloße Spieler“) um die Verirrungen und Verwirrungen der Gefühle, um Zurückweisungen, subtile Erotik, heiße Begierde (Schäferin Audrey, gespielt von Martin Blessing, treibt es auf die Spitze“) und Melancholie, nimmt Fahrt auf und schließt mit einem Liebesreigen. Kurzum: ein herrlicher Shakespeare-Abend im Obsthof.
Im Herbst (20. bis 23. September) bringt die KJB „Shirley Valentine“ auf die Bühne im SZ Jork, als Wintermärchen folgt „Heidi“ in der Altländer Festhalle.