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Kult-Gaststätte „Alt Bremervörde“ abgerissen

Etwa eineinhalb Stunden haben kürzlich die Mitarbeiter der Bremervörder Firma Jacobs gebraucht, um die noch stehenden Reste der ehemaligen Gaststätte „Alt Bremervörde“ abzureißen. Nach den Arbeiten an den Tagen zuvor war nur noch der Vorderteil des Gebäudes vorhanden. Um 14.30 Uhr war das Haus, um dessen Erhalt es leidenschaftliche Diskussionen gab, aus dem Stadtbild verschwunden.

Freitag, 08.04.2016, 18:01 Uhr

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Etwa eineinhalb Stunden haben kürzlich die Mitarbeiter der Bremervörder Firma Jacobs gebraucht, um die noch stehenden Reste der ehemaligen Gaststätte „Alt Bremervörde“ abzureißen. Nach den Arbeiten an den Tagen zuvor war nur noch der Vorderteil des Gebäudes vorhanden. Um 14.30 Uhr war das Haus, um dessen Erhalt es leidenschaftliche Diskussionen gab, aus dem Stadtbild verschwunden.

Von der Aufregung über den Abriss der Kultkneipe, die es seit dem Zeitpunkt der Bekanntgabe gab, war am Sonnabend vor Ort wenig zu merken. Zwar zeigten sich einige Bremervörder an den Arbeiten interessiert, doch Protest – in welcher Form auch immer – blieb aus. Stattdessen wurde fleißig fotografiert, um das Ende der historischen Gaststätte für die Nachwelt festzuhalten.

Es blieb aber auch Zeit für Erinnerungen. „Hier haben wir bei Hermann Pump unser erstes Bier getrunken“, sagte ein älterer Bremervörder etwas wehmütig, als er zwischendurch die Kamera absetzte. Angesichts des Zustandes des Gebäudes stand aber für ihn fest: Eine Sanierung wäre wohl kaum infrage gekommen.

Diese Meinung wurde in der Vergangenheit nicht von allen Bremervördern geteilt. Eine Bürgerinitiative hatte sich für den Erhalt des Gebäudes eingesetzt und dabei als Argument angeführt, dass es nicht nur stadtbildprägend, sondern auch historisch bedeutsam für Bremervörde sei. In einem Gedicht hatte der ehemalige Lehrer und Historiker Dr. Klaus Volland noch vor wenigen Tagen beklagt, dass das Haus, das zeitweise dem von den Nationalsozialisten verfolgten jüdischen Viehhändler Joseph Salomon gehörte, „geschichtsblindem Profiterwartungsstreben“ zum Opfer falle und schon in einigen Jahren „Krokodilstränen über so viel unwiederbringlich verlorenes Bauerbe“ fließen würden.

Das ehemalige „Alt Bremervörde“ und die Nachbarhäuser machen dem neuen Famila-Markt Platz, der auf dem Areal zwischen Alter Straße, Bremer Straße, Hagenah- und Bahnhofstraße entstehen wird. Mit großer Mehrheit stimmte der Stadtrat dem Bauvorhaben zu. Als unrealistisch wurde der Vorschlag eingestuft, „Alt“ in den Neubau zu integrieren.

Die Kultkneipe besteht seit 2013 an anderer Stelle, an der Ecke Alte Straße/Bahnhofstraße, weiter. Und hat an Attraktivität nicht eingebüßt: Auch weiterhin ist sie Treffpunkt vieler Besucher, worüber sich die beiden Gastronomen Helma Breitkreutz und Uwe Winter freuen. Sie sind, sagten sie noch am Freitag, mit der neuen Lösung sehr zufrieden. Es sei klar gewesen: Auf kurz oder lang hätte der Betrieb im ehemaligen „Alt“ wegen gesetzlicher Auflagen in Sachen Sanitärräume eingestellt werden müssen.

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