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Landrat Michael Roesberg befürchtet Kaltherzigkeit

Landrat Michael Roesberg.

Landrat Michael Roesberg.

Angesichts der Probleme, Grundstücke oder Häuser für die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMAS) zu finden und einiger zum Teil von Vorurteilen geprägter Diskussionen, wendet sich Landrat Michael Roesberg mit einer Stellungnahme an die Öffentlichkeit.

Von Karsten Wisser Donnerstag, 02.03.2017, 20:11 Uhr

Angesichts der Probleme, Grundstücke oder Häuser für die Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Ausländern (UMAS) zu finden und einiger zum Teil von Vorurteilen geprägter Diskussionen in den Gemeinden Dornbusch und Kutenholz, wendet sich Landrat Michael Roesberg mit einer eindringlichen Stellungnahme an die Öffentlichkeit.

Roesbergs Appell: „Ich mache mir ernsthafte Sorgen angesichts der Diskussionen und teils unmöglichen Äußerungen zur Unterbringung der unbegleiteten minderjährigen Ausländer im Landkreis Stade. Ich habe da als Landrat eine klare Haltung: Wir müssen aufpassen, nicht in Kaltherzigkeit zu verfallen“, so Roesberg. Die aufgenommenen Jugendlichen hätten weder Straftaten begangen, noch seien sie sozial negativ auffällig. Roesberg: „Aber, sie haben ohne ihre Eltern eine dramatische Flucht aus Krisengebieten hinter sich gebracht.“ Die Jugendlichen bräuchten Hilfe, deshalb habe der Landkreis unterstützende Einrichtungen wie den freien Jugendhilfeträger B + S Soziale Dienste eingeschaltet, um sich um diese Jugendlichen zu kümmern. Roesberg: „Es wäre schlimm, wenn es heißt, Hilfe gerne, aber nicht in unserer Nachbarschaft. Da müssen anständige Menschen dagegenhalten.“ Roesberg stellt außerdem klar, dass er davon überzeugt ist, dass eine große Mehrheit der Einwohner der betroffenen Gemeinden mit den negativen Parolen und dem „Appell an niedere Instinkte“ nichts zu tun haben wolle.

Darum geht es: Der Landkreis betreut derzeit insgesamt 130 geflüchtete jugendliche Ausländer. Es sind überwiegend männliche Jugendliche im Alter zwischen 15 und 17 Jahren. Die Herkunftsländer sind überwiegend Afghanistan, Syrien, Irak und Guinea. Einzelne Jugendliche kommen aus dem Iran, Pakistan, Eritrea, Gambia und anderen Staaten Vorderasiens und Afrikas. 119 unbegleitete minderjährige Ausländer sind in stationären Einrichtungen untergebracht, davon werden 67 Jugendliche in der kreiseigenen Jugendhilfeeinrichtung in der Sporthalle der Fröbelschule in Stade betreut. Die Notunterkunft hat eine bis Mai 2018 befristete Betriebserlaubnis, und diese kann auch nicht verlängert werden. Um die Notunterkunft dann schließen zu können, werden derzeit Anschlussunterbringungen im Rahmen der „Hilfen zur Erziehung“ geplant. Dafür sucht der Jugendhilfeträger seit eineinhalb Jahren Standorte im Landkreis – bisher erfolglos. Laut Auskunft der Polizei und des Jugendamtsleiters Jens Schreiber handelt es sich dabei nicht um eine Gruppe, von der besondere Gefahr ausgeht. Die Gruppe der unbegleiteten Flüchtlinge sei nicht problematischer als einheimische Jugendliche im vergleichbaren Alter. Laut Landkreis gibt es aus dem Umfeld der Fröbelschule in Stade von den Nachbarn im Zusammenhang mit den Flüchtlingen auch keine Beschwerden.

Das wird gebraucht: Für die Aufnahme der rund 60 Jugendlichen sollen drei bis vier Standorte gefunden werden – entweder Grundstücke oder Gebäude. Die maximale Anzahl der Jugendlichen, die in einer Einrichtung untergebracht werden sollen, beträgt gesetzlich vorgeschrieben 30, diese werden von ausgebildetem Personal rund um die Uhr betreut. Bei den aktuellen Fällen ging es um Größenordnungen von 15 bis 20 Jugendlichen in einer Einrichtung. Sollten die Einrichtungen in Zukunft nicht mehr für die UMAS gebraucht werden, werden sie nach jetziger Planung als normale Jugendhilfeeinrichtung des Landkreises weitergeführt.

Die Standorte: Eine genehmigte Option in der Hansestadt Buxtehude hatte sich in letzter Minute zerschlagen, weil die Kosten für den Neubau überraschend und deutlich in die Höhe gegangen waren. Die Projekte in Dornbusch und Kutenholz sind laut B+S nicht komplett vom Tisch, die Realisierung aber schwierig, weil die Eigentümer zum Teil unter Druck gesetzt würden.

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