OLG-Urteil: Polizistin durfte auf bewaffneten Mann schießen

Ein Polizist mit Handschellen und Pistole am Gürtel. Foto: Oliver Berg/dpa/Symbolbild
In einem Rechtsstreit um einen Polizeieinsatz, bei dem in Kiel ein bewaffneter Mann mit einem Schuss aus einer Polizeipistole verletzt wurde, hat das Oberlandesgericht (OLG) in Schleswig dem beklagten Land Recht gegeben. Die Hintergründe zu diesem Fall.
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Bei der konkreten Sachlage hätte der Kläger beweisen müssen, dass die eingesetzte Polizistin den Schuss nicht hätte abgeben dürfen, teilte das OLG am Freitag zur Entscheidung des 11. Zivilsenats vom Vortag mit (Az.: 11 U 92/20). Diesen Beweis habe der Kläger nicht geführt.
Die Polizistin hatte im März 2013 in der Wohnung des Mannes aus dem Badezimmer heraus auf ihn geschossen und im Bauch verletzt, nachdem der mit Messer, Armbrust und Pistole Bewaffnete angekündigt hatte, er werde alle umbringen. Die Polizei war gerufen worden, nachdem der Mann unter Einfluss von Medikamenten und Drogen aus dem Fenster der Wohnung heraus Nachbarn und Passanten beschimpft hatte.
Polizistin verschanzte sich im Badezimmer
Ein weiterer Polizist war aus der Wohnung geflohen, bevor der mit einem Messer bewaffnete Mann die Tür von innen verriegelte. Seine Kollegin brachte sich im Bad in Sicherheit. Der Verletzte und die Polizistin schilderten das Geschehen rund um die Schussabgabe unterschiedlich.
Das OLG kam aufgrund der Umstände zu dem Schluss, die Beamtin sei „zur Ausübung unmittelbaren Zwangs“ berechtigt gewesen. „Nach der Ankündigung des Klägers, alle umzubringen, war der sofortige Schuss der Polizistin erforderlich, um ihn angriffsunfähig zu machen und so einen Angriff von ihr abzuwenden.“ Auf dieser Grundlage sei der Beamtin kein Verstoß gegen das sogenannte Übermaßverbot vorzuwerfen.
Landgericht ordnete Schmerzensgeld an
Das Landgericht Kiel hatte nicht feststellen können, wessen Schilderung zutrifft. Es verurteilte das Land unter anderem zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 22.500 Euro. Die Richter hatten laut OLG angenommen, die Beweislast für eine Notwehrlage liege beim beklagten Land, weil die Polizistin Körperverletzung begangen habe. Die Berufung des Landes gegen das Urteil hatte nunmehr Erfolg.
Gegen das Urteil ist eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof möglich, und diese hat der Prozessbevollmächtigte beim OLG auch angekündigt. (dpa)
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