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Schlager-Star Patrick Lindner: „Ich bin eher der Typ Sommer“

Sänger Patrick Lindner (rechts) und sein Lebensgefährte Peter Schäfer gehen sehr offen mit ihrer Homosexualität um. Beide haben Adoptivsöhne. Foto Kneffel/dpa

Sänger Patrick Lindner (rechts) und sein Lebensgefährte Peter Schäfer gehen sehr offen mit ihrer Homosexualität um. Beide haben Adoptivsöhne. Foto Kneffel/dpa

Am Sonnabend kommt Patrick Lindner zusammen mit Lena Valaitis und den Stimmen der Berge ins Stadeum. Also alles heile Welt? Mitnichten. TAGEBLATT-Redakteur Karsten von Borstel führte mit dem 56-Jährigen das Weihnachtsinterview der anderen Art.

Mittwoch, 14.12.2016, 16:11 Uhr

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TAGEBLATT: Herr Lindner, was nervt Sie am meisten an Weihnachten?

Patrick Lindner: Das, was die meisten Menschen nervt. Dass man schon Ende August das Gefühl hat, es wäre Weihnachten. Dass Lebkuchen und Spekulatius viel zu früh im Supermarkt stehen. Dann denkt man sich schon: Menschenskinder, ist irgendwie die Zeit verrutscht? Ich gucke dann weg. Ich will das alles nicht sehen.

Warum sind die Sommermonate ganz pauschal so viel besser als die Winterzeit?

Das kommt immer drauf an, ob man eher ein Sommer- oder ein Wintermensch ist. Ich mag es lieber, wenn es warm ist. Obwohl ich hier im Süden auch den Schnee gewöhnt bin, bin ich wohl eher der Typ Sommer. Ich bin einfach gern am Meer.

Weiße Weihnacht kennen wir im Norden kaum. Wie soll man bei der grauen Suppe da draußen in Stimmung kommen?

Gerade in der dunklen Jahreszeit kann man es sich abends gemütlich machen. Klar ist es schön, wenn es verschneit ist, aber auch hier im Süden hatten wir viele Weihnachten, an denen es gar keinen Schnee gab. Man muss sich die Atmosphäre schaffen. Und wenn man nach draußen guckt, gehen überall die Lichter an.

Sie haben in den kommenden Wochen mindestens ein Dutzend Auftritte, die sich rund um das Fest drehen. Ist das nicht ein echter Stimmungskiller?

Zugegeben: Wenn man vier Wochen mit einem Programm wie wir unterwegs ist, ist man bis Weihnachten schon ein bisschen satt. Trotzdem ist es schön, nach getaner Arbeit für die Feiertage nach Hause zu kommen. Erst dann beginnt für mich selbst das Fest. Ich bin ein leidenschaftlicher Weihnachtsfan. In diesem Jahr gibt es nur ein paar einzelne Konzerte und, da haben Sie schon recht, sehr viele Fernsehauftritte.

Aber fühlt sich das nicht komisch an, die Heiligabend-Show mit Carmen Nebel schon am 23. November abzudrehen?

So unglaublich weit ist es ja auch nicht mehr hin. Bei uns im Geschäft kennt man das nicht anders. Wir müssen öfter mal so tun, als wäre Heiligabend – oder Ostern. Genauso wie die Weihnachtsalben im Sommer aufgenommen werden, weil sie fertig sein müssen. Irgendwie arbeiten wir in der Branche doch immer zeitversetzt.

Ihr Adoptivsohn Daniel ist 18 Jahre alt. Feiert der Weihnachten noch mit Ihnen oder ist ihm der Papa zu uncool?

Peter (Patrick Lindners Lebensgefährte, Anm. d. Red.) hat auch einen Sohn, der seit zehn Jahren in London lebt. Unsere Kinder sind flügge und da ist es natürlich so, dass die Familie aufgeteilt lebt. Es gibt Jahre, in denen wir zusammen feiern, manchmal sind sie anderswo. Es ist jetzt eine neue Zeit für uns angebrochen.

Apropos. Ihre Mutter ist am Anfang des Jahres verstorben. Es ist Ihr erstes Weihnachten ohne sie. Was bedeutet das?

Weihnachten wird sich dieses Jahr neu anfühlen. Sicherlich wird man gerade in dieser Zeit ein wenig sentimental. Es wird mich bestimmt das ein oder andere Mal runterziehen. Auf der anderen Seite muss ich sagen, dass ich einen wunderbaren Abschied hatte. Das ruht in mir. Ich werde also nicht in eine tiefe Trauer verfallen.

Wie Weihnachten steht die Volksmusik für Tradition. Was auch immer das heißen mag. Sie gehen offen mit Ihrer Homosexualität um. Gab es jemals Anfeindungen?

Nein, überhaupt nicht.

Aber ein Gesprächsthema ist es doch.

Ein Thema ist es mit Sicherheit. Anfeindungen gab es aber nie. Ich war einer der Ersten, die ganz offen damit umgegangen sind. Klar, das war nie einfach. Aber wenn ich so zurückdenke, habe ich alles richtig gemacht. Es geht vor allem um die eigene Einstellung. Ich war nie jemand, der nach außen hin mit der Sache provoziert hat. Je normaler man selbst damit umgeht, desto normaler geht auch das Umfeld damit um. Natürlich gab es ein paar Hoppalas.

Was heißt denn Hoppalas?

Dass man hier und da mal einen blöden Satz hört. Beleidigt wurde ich aber nie. Morddrohungen habe ich auch nicht erhalten. Aber es ist doch auch klar, dass ein Kind zum Beispiel in der Schule auf das Thema angesprochen wird. Für Daniel war es mit Sicherheit nicht immer einfach, das war uns immer bewusst. Er ist aber sehr gut damit zurechtgekommen.

Momentan wird aus gewissen politischen Kreisen die Vater-Mutter-Kind-Ehe wieder stärker als einzig legitime Familie propagiert. Macht Ihnen das Sorgen?

Natürlich. Das erinnert mich an grauenhafte Zeiten, die übrigens noch nicht so lange zurückliegen. In der heutigen Zeit hat man schon einen Fortschritt erreicht. Im Moment habe ich aber eher das Gefühl, es kippt wieder. Manchmal fühle ich mich ins Mittelalter versetzt. Jeder vernünftige, klar denkende Mensch, der nur ein bisschen was im Hirn hat, weiß doch, dass es verschiedene Lebensarten gibt. Und das im Übrigen, seitdem es Lebewesen auf dieser Welt gibt. Die kann man doch nicht einfach wegschieben oder wegdenken.

Die Adventszeit gilt als die Zeit des Glaubens. Woran glauben Sie, Herr Lindner?

Ich habe einen starken Glauben. Er hat aber nicht in dem Sinne mit meiner Religion zu tun, dass ich jeden Sonntag in die Kirche gehe. Ich glaube an Gott. Er hat mir persönlich immer wieder Halt gegeben. Es ist aber auch klar, dass ich nicht konform mit allem bin, was verbreitet wird.

Sie spielen auf die katholische Kirche an.

Natürlich. Wie ich schon sagte, es gibt verschiedene Lebensarten. Die katholische Kirche ist sicher keine weltoffene Veranstaltung. Denn sie sagt ganz klar: So etwas gibt es bei uns nicht. Ich frage aber: Wie kann ich mich dann mit der katholischen Kirche einig stellen? Das geht überhaupt nicht. Unser Gott, an den wir glauben, macht keinen Unterschied zwischen den Menschen. So steht es in der Bibel.

Erzählen Sie doch mal, was erwartet die Zuschauer am 17. Dezember im Stadeum?

Wir kommen mit Lena Valaitis und den Stimmen der Berge zur Show nach Stade. Die Jungs kommen von den Regensburger Domspatzen und haben alle unglaublich gut ausgebildete Stimmen. Es wird von allen Interpreten Hits geben, die man kennt.

Also doch nicht nur Weihnachtliches?

Richtig, der erste Teil des Programms ist sehr schlagerhaft. Das sind die Lieder, die man von den Künstlern eben erwartet. Der zweite Teil wird dann adventlich. Vor allem bei den Stimmen der Berge wird es mit dem Choral sehr weihnachtlich. Wir sind am 17. Dezember schon sehr dicht dran an Heiligabend und wollen die Menschen in Stimmung versetzen.

Offenbar passt Volksmusik besonders gut zu Weihnachten. Warum ist das so?

Weihnachten ist verbunden mit zu Hause, mit Heimat. Ich denke dabei an die Berge, den Schnee, eine kleine Kapelle. Da ist die Schnittmenge mit der Volksmusik groß. Vielleicht liegt es auch an den Instrumenten wie Harfe oder Zither, die klassische Stubenmusik eben.

Ich habe gehört, Sie mögen den Weihnachtsmarkt in Stade, richtig?

Dort gibt es einen wunderhübschen Weihnachtsmarkt am Wasser. Man kommt auf viele Märkte, aber der ist besonders. Ich freue mich, wieder nach Stade zu kommen. Es liegt bestimmt sechs Jahre zurück.

Patrick Lindner (56), mit bürgerlichem Namen Friedrich Günther Raab, ist ein Schlagersänger aus München. Er ist liiert und hat einen 18-jährigen Adoptivsohn. Bevor er mit dem Lied „Die kloane Tür zum Paradies“ den zweiten Platz beim Grand Prix der Volksmusik belegte, arbeitete er als Koch. 1997 wandte sich Lindner vom volkstümlichen Schlager ab und setzt seitdem auf modernere Schlagermelodien. 2005 veröffentlichte er mit der Thilo Wolf Big Band das Album Gigolo mit englischsprachigen Swing-Titeln. Im Oktober 2008 war er in der Hauptrolle als Koch Patrick im Fernsehfilm „Das Musikhotel am Wolfgangsee“ zu sehen. Lindner nahm im Jahr 2012 an der RTL-Tanzshow „Let’s Dance“ teil. (Quelle: Wikipedia)

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