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Sensationelle Funde im Düdenbüttel

Kreisarchäologe Daniel Nösler (links) und Bürgermeister Heinz Mügge mit Funden und einem holländischen Nachschlagewerk über Hausgrundrisse verschiedener Epochen. Foto Eidtmann

Kreisarchäologe Daniel Nösler (links) und Bürgermeister Heinz Mügge mit Funden und einem holländischen Nachschlagewerk über Hausgrundrisse verschiedener Epochen. Foto Eidtmann

Archäologische Ausgrabungen in Düdenbüttel haben zu einem spektakulären Ergebnis geführt: Erstmals wurden in Niedersachsen Überreste eines Dorfes der Einzelgrabkultur aus der Steinzeit gefunden. Freigelegte Pfostenspuren sind über 4000 Jahre alt.

Dienstag, 15.03.2016, 16:31 Uhr

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Außerdem fand man einen Mahlstein, Tongefäßfragmente und Werkzeuge. Das belegt: Hier haben Einwanderer gesiedelt. Bisher ging man von ihrem Nomadentum aus.

Düdenbüttels Bürgermeister Heinz Mügge ist begeistert über das, was ihm Kreisarchäologe Daniel Nösler da an Funden und Aussagen präsentiert. Er denkt daran, sie in irgendeiner Art öffentlich zu machen. Vielleicht in einer Vitrine bei der Remise, wo altes Handwerksgerät ausgestellt ist, oder in einer Schauplatte im Boden daneben.

„Das ist doch großartig, dass wir hier auf besondere geschichtliche Funde gestoßen sind“, sagt Mügge. Düdenbüttel schreibt Historie, in Fachorganen wird das in Kürze auch publiziert werden.

Die recht aufwendigen Ausgrabungen fanden am östlichen Ortsrand statt, wo die Gemeinde das neue Wohngebiet „Osterdamm“ erschließt. Weil es bereits 2005 bei Ausgrabungen am Steinkamp erste Hinweise (Beil, Pfeilspitze aus Feuerstein, verzierte Keramik) auf eine Siedlungskultur der Steinzeit gab, finanzierte die Gemeinde jetzt die Untersuchung eines immerhin 500 Quadratmeter großen Geländes. Großflächig wurden dort 30 Zentimeter Mutterboden abgeschoben. Die Ausführung oblag dem Archäologiebüro Nordheide unter Leitung von Jan Bock.

Daniel Nösler spricht von „einmaligen Funden“. Anhand von Pfostenspuren ließen sich Standorte von zwei Häusern rekonstruieren, wie man sie bisher nur (und auch selten) in den Niederlanden und Skandinavien freilegte. Feuerstellen, Vorratsgruben und Tongefäßfragmente sowie Feuersteinwerkzeuge belegen: Hier haben Menschen gelebt, gebaut, Werkzeug hergestellt, Bäume gefällt, Holz bearbeitet. Dass Krieger aus dem Osten (Ukraine, Schwarzmeergegend) mit (kunstvollen) Streitäxten durchzogen, wusste man. Dass einige von ihnen sesshaft wurden und sich mit den Einheimischen verbandelten, ist neu.

Wie Daniel Nösler erklärt, waren es die Einwanderer, die als jungsteinzeitliche Siedler Wissen und neue Lebensformen brachten. Sie hatten Vieh, brauten Bier, trugen Bekleidung in einer Zeit, da das Klima etwas wärmer war. Sie rodeten das Land, das später zur Heide verarmte, und sie führten die Kultur ein, die sich „Einzelgrabkultur“ nennt. Anders als bei den Großsteingräbern mit Kammern ist für diese Epoche die Bestattung der Toten in namengebenden Einzelgräbern charakteristisch.

Häuser und Überreste von Siedlungen wie sie jetzt gefunden wurden, und weiter ausgewertet werden, sind für Niedersachsen einmalig. Daniel Nösler kann nur anhand eines holländischen Buches die Pfostenformen zeigen. Das genaue Alter des Dorfes wird in einem polnischen Labor mit der Radiokohlenstoffmethode bestimmt. Hilfreich ist dabei das verkohlte Material von Getreide, Früchten oder Nüssen, das gefunden wurde. Nösler: „Dessen Alter lässt sich auf 200 Jahre genau bestimmen.“

Das Grabungsgelände am Ortsrand. Foto Büro Nordheide.

Das Grabungsgelände am Ortsrand. Foto Büro Nordheide.

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