Zähl Pixel
Archiv

Sie ist neugierig auf immer wieder neue Herausforderungen

Bettina Roggmann in ihrer gemütlichen Schaltzentrale. Foto Aldag

Bettina Roggmann in ihrer gemütlichen Schaltzentrale. Foto Aldag

„Ich denke, ich mache das hier mal so drei Jahre lang“, sagt sich Bettina Roggmann, als sie 1990 die vom Landkreis ausgeschriebene Leitung von Schloss Agathenburg übernimmt. 

Von Hannelore Aldag Mittwoch, 30.12.2015, 14:37 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Aus den drei Jahren sind 25 geworden, ein Vierteljahrhundert, das für die Kunsthistorikerin und Vorsitzende der Kulturstiftung Hand in Hand geht mit vielen Veränderungen, mit vielen Umbrüchen und vor allem mit einem stetig wachsenden Kulturangebot, für das der passionierte Schöngeist im Adelssitz den Grundstein gelegt hat: „Bis heute ist es mir nie langweilig geworden. Es gibt immer neue Herausforderungen und immer wieder Dinge, die den Horizont erweitern.“ Als Bettina Roggmann 1990 ihren Dienst antritt, ist das Schloss eine riesengroße Baustelle und der Maler Dirk Behrens ist mit der ersten historischen Dauerausstellung beschäftigt, in deren Mittelpunkt nicht nur die Grafenfamilie von Königsmarck steht, sondern auch die Ortschaft Agathenburg selbst.

Mit Bettina Roggmann, die sich daran macht, ein Konzept zu entwickeln und ein Kulturprogramm auf den Weg zu bringen, hat der Landkreis einen guten Griff getan. Die Anfang 30-jährige gebürtige Hamburgerin, die in Düsseldorf, in Köln und später wieder in ihrer Heimatstadt studierte, ist keine Theoretikerin. Sie hat Erfahrung, hat damals schon die eine oder andere Ausstellung kreiert und kuratiert und kennt sich als Mitarbeiterin des Keramikmuseums im schleswigholsteinischen Kellinghusen auch im ländlichen Raum aus. Seit Kindesbeinen ist Bettina Roggmann in die Kunst vernarrt. Als Agathenburg 1991 seine Tore als Kulturzentrum öffnet, als der Landkreis ein Jahr später die Kulturstiftung aus der Taufe hebt, die heute Trägerin der gesamten Anlage ist und 2016 Jahr einen runden Geburtstag feiert, ist der Boden bestens bereitet. Dank der kontinuierlichen und großzügigen Unterstützung vom Land und aus der Region sind die Projekte gesichert und letzten Endes lassen sich auch die Skeptiker und Unkenrufer weitgehend besänftigen, die über die fortschrittliche, avantgardistische Ausrichtung und über das etwas andere Programm immer mal wieder die Nase rümpfen. Der Erfolg gibt den Veranstaltern recht und bestätigt ihnen, mit dem im Schloss und im benachbarten Pferdestall lebendigen und hochkarätigen Mix aus Konzerten von Klassik bis Jazz, aus Lesungen, Seminaren und Ausstellungen genau den richtigen Nerv zu treffen.

Mit ihrer Neugier, neue Wege zu beschreiten, Fremdes zuzulassen, Anderes auszuprobieren und der Lust auf Entdeckungen nachzugeben, steht die sympathische „Schlossherrin“ nicht alleine da. Bettina Roggmann, die in Agathenburg die Abteilungen Ausstellungen und Literatur unter ihren Fittichen hat, ist durch und durch eine Teamworkerin, die sich auf das Know-how ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen verlässt. Allen voran ist da Rieke Buning, die sich um das kontrastreiche musikalische Angebot und um die Öffentlichkeitsarbeit kümmert. Weitere gute Geister aus der Verwaltung und dem Service, aus der Hausmeisterei, der Gärtnerei und der Reinigung bilden ein kompetentes und verlässliches Team, dem die Arbeit im Schloss viel Spaß macht. Agathenburg kann seit seiner Eröffnung als Kulturzentrum mit ungefähr 160 Ausstellungen, 350 Konzerten und mit mehr als 125 Lesungen eine stolze Bilanz aufweisen. Und in diese Bilanz gehören selbstverständlich auch die von der EU geförderte, 2011 abgeschlossene, umfangreiche Sanierung des barocken Baudenkmals und die mit viel Liebe zum Detail komponierte Königsmarck-Dauerausstellung als eine der größten und schweißtreibendsten Herausforderungen, die in die Zeit von Bettina Roggmann & Co. fallen. Dicht gefolgt vielleicht von einer Herausforderung der ganz anderen Art, die auch einmal die private Seite der umtriebigen Chefin zeigt: In diesem Herbst hat die Hamburgerin ihren Sven geheiratet und ihm – natürlich im schönen Ambiente des Schlosses – das Ja-Wort gegeben. Zur Schar der Gäste und Gratulanten gehörte auch ihr 21-jähriger Sohn Adrian aus erster Ehe.

Dass der Reiz von Schloss Agathenburg im Zusammenspiel und in der Reibung zwischen historischer Architektur, landschaftlicher Schönheit und der bewegten Auseinandersetzung mit zeitgenössischer Kunst liegt, ist vielen Zeitgenossen mittlerweile ein Begriff. Der Weg dorthin war lang und Bettina Roggmann weiß so manches zu berichten. Die 58-Jährige kramt in ihrer mit zauberhaften bis zermürbenden Erinnerungen reich gefüllten Schatzkiste und gibt schmunzelnd ein Anekdötchen zum Besten: Im Sommer 1991, nur wenige Wochen vor der offiziellen Eröffnung, wartet sie auf eine Lieferung von Vitrinen. Es ist schon ziemlich spät und die Spedition will und will nicht kommen. Endlich klingelt das Telefon und der Spediteur teilt mit, dass er in Agathenburg in einer Telefonzelle steht, das Schloss aber nicht finden kann. „Ich beschrieb ihm den Weg zu uns,“ sagt Bettina Roggmann. Daraufhin der Spediteur: „Ach gegenüber der Wurstbraterei Keck. Das hätten Sie doch gleich sagen können. Die kenn’ ich natürlich.“ Damals hat Bettina Roggmann gedacht: „Okay, da gibt es wohl noch einiges an Öffentlichkeitsarbeit zu leisten.“

Sie ist neugierig auf immer wieder neue Herausforderungen

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.