Vom Aufplustern: Strategien gegen das Erfrieren

Aufplustern gegen die Kälte: ein Rotkehlchen . Foto: Schaffhäuser
Wenn es im Winter stürmt, schneit und bitterkalt ist, dann können wir uns helfen: Wir ziehen uns warm an und heizen. Wir machen es uns in der Wohnung gemütlich, die Winterkälte soll draußen bleiben.
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Von Wolfgang Kurtze
In der freien Natur lebende Vögel müssen andere Lösungen finden. Allerdings suchen auch sie gelegentlich windgeschützte Behausungen auf. Sperlinge oder Zaunkönige zum Beispiel verkriechen sich – häufig zu mehreren – in Höhlen und verbringen so die kalte Nacht. Tagsüber jedoch müssen sie aktiv sein und brauchen bei Kälte noch mehr Nahrung als im Sommer. Damit sie nicht so schnell abkühlen, plustern sie sich auf. Das Gefieder bietet auf diese Weise eine deutlich bessere Wärmedämmung.
Es gibt weitere Strategien gegen das Erfrieren. Meisen senken während des Schlafens ihre Körpertemperatur von etwa 42 Grad Celsius auf 38 Grad ab. Das spart Energie und damit den Bedarf an Nahrung. Ist es noch eisiger, und Schneeverwehungen machen die Futtersuche kaum möglich, dann kann die Körpertemperatur notfalls tagsüber auf 32 Grad Celsius abgesenkt werden. Das ist aber auch ein Risiko, denn in solchen Situationen sind die Vögel träge und eine leichte Beute. Günstig ist es, die abstehenden und gefährdeten Beine vor Kälte zu schützen. Viele Vögel ziehen bei klirrender Kälte im Flug ihre Beine dichter an den Körper heran. Die Beine werden bei Kälte ohnehin weniger beheizt. Bei einer Kerntemperatur von etwa 40 Grad sind die Beine nur etwa 8 Grad warm, die Zehenspitzen nur ein wenig über Null.
Vögel können Fett speichern. Amseln wiegen zu Beginn des Winters um etwa 15 bis 20 Prozent mehr als im Spätwinter. Zeigt sich der Winter sehr schlimm, dann sind die letzten Reserven aufgebraucht, und nur die Kälteflucht kann helfen. Die Vögel, die im Norden geblieben sind, fliegen dann längere Strecken in Richtung Südeuropa und wollen sich der Kälte entziehen. Doch das kann tödlich enden, wenn wenig Nahrung zu finden ist und der Körper ohnehin stark geschwächt ist. Diese Situation lag in den Kältewintern der 60er und 70er Jahre vor. Viele Vögel starben während der Kälteflucht.
Was kreucht und fleucht denn da in der Region? Wolfgang Kurtze, Vorsitzender der Lions-Naturschutz-Stiftung, schreibt über Phänomene und Kuriositäten in der Natur. Das TAGEBLATT veröffentlicht die Artikel des promovierten Biologen in loser Reihenfolge.