Vom Gesellen zum Gründerstar

Jungunternehmer Kevin Stern (33) mit der „Gründerstar“-Trophäe auf seinem Schreibtisch in der Tischlerei Brauer in Freiburg. Foto: Battmer
Kevin Stern ist der „Gründerstar 2019“. Der 33-Jährige hatte zum 1. Januar 2019 die Tischlerei Brauer in Freiburg übernommen, nachdem er selbst dort Geselle und später schon Geschäftsführer war. Nachwuchskräfte aus eigener Kraft auszubilden ist dem Jungunternehmer besonders wichtig.
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An den Wänden im Büro von Kevin Stern hängen einige Auszeichnungen, seine Bachelorurkunde und sein Meisterbrief. Doch was zuerst ins Auge sticht, ist eine sternförmige Trophäe aus Glas, die gut sichtbar auf dem Schreibtisch des Tischlermeisters steht: die Auszeichnung zum „Gründerstar 2019“.
Der 33-jährige Unternehmer hat sich vor zwei Wochen gegen 25 andere Kandidaten beim Stader Gründungswettbewerb durchgesetzt. „Ich war überrascht und dachte mir eigentlich: Dabei sein ist alles – der olympische Gedanke“, sagt Kevin Stern, der die Tischlerei Brauer in Freiburg mit 16 Mitarbeitern zum 1. Januar 2019 übernommen hat.
„Mitarbeiter sind unser höchstes Gut“, sagt er. Kevin Stern ist es wichtig, aus eigener Kraft auszubilden. Die Tischlerei versuche, immer vier Auszubildende zu beschäftigen. „Dann weiß man genau, was sie können, und es ist meist auch einfacher, sie zu halten.“ Die Tischlerei bietet ihren Auszubildenden sogar eine Wohnung auf dem Grundstück der Tischlerei an. Aktuell wohnen dort zwei Azubis, die anderen beiden pendeln, wie Stern selbst, von Stade nach Freiburg. Solche Maßnahmen sieht er als Chance, um qualifizierte Mitarbeiter in sein Unternehmen zu holen und auch dort zu halten. „Freiburg ist nun einmal nicht der Nabel der Welt“, gibt Stern zu. Und dennoch: Fast alle Mitarbeiter der Tischlerei Brauer haben laut Stern ihre Lehre auch in Freiburg absolviert. Kevin Stern ist selbst einer von ihnen.
2007 hatte er sein duales Studium der Betriebswirtschaftslehre bei der Berufsakademie in Hamburg und parallel dazu seine Lehre bei der Tischlerei Brauer begonnen. Dafür zog der Berliner nach Stade. Nach drei Jahren hatte er seinen Gesellenbrief in der Tasche und ein Jahr später seinen Bachelor. Später machte er noch seinen Meister. „Das hat seine ganz eigene Wertigkeit und eine ganz andere Ausstrahlung“, sagt Stern über seinen Meisterbrief. Dieser sei auch bei der Existenzgründung wichtig, denn in jedem Handwerksbetrieb muss mindestens ein Meister arbeiten.
Mit der eigenen Existenzgründung hat Kevin Stern bei seinem Engagement bei der Tischlerei Brauer von Anfang an geliebäugelt – schließlich war Sterns Vorgänger Burkhard Brauer, der immer noch als Berater für das Unternehmen tätig ist, lange auf der Suche nach einem Nachfolger. Die Tischlerei war zuvor seit 1865 ein Familienbetrieb. Später war Kevin Stern bereits Teilhaber und Geschäftsführer, ehe er die Tischlerei übernahm.
Im ersten Jahr der Geschäftsübernahme will Kevin Stern sein Unternehmen fit für die Zukunft machen und legt dabei Wert auf die Digitalisierung der Außenwirkung und Betriebsabläufe legen. Die Homepage der Tischlerei Brauer wurde Anfang des Jahres überarbeitet, und der Handwerksbetrieb ist nun auch in den sozialen Netzwerken wie Instagram zu finden. „Das ist Werbung und bringt uns auch den Auszubildenden näher, die dort viel unterwegs sind“, sagt Stern. Mit 3-D-Zeichnungen für die Kunden, einem kleinen portablen Beamer oder Fotodokumentation bei den Projekten sollen auch die betrieblichen Abläufe immer digitaler werden. „Ein papierloses Büro ist bei uns aber noch nicht abzusehen.“
Seinen Kunden versuche der Jungunternehmer „alles aus einer Hand anzubieten“. Die Tischlerei arbeitet mit Partnern unter anderem im Bereich der Elektrotechnik oder mit Dachdeckern zusammen. Über die Tischlerei können Kunden also auch gewerkübergreifende Komplettleistungen in Anspruch nehmen. „Wir nehmen quasi eine Architekten-Bauleiterfunktion ein“, sagt Stern. Das sei einzigartig und ein Alleinstellungsmerkmal.
Die Tischlerei Brauer selbst bietet ein breites Portfolio an: Fußböden, Innenausbau und Möbelbau, Küchen, Wintergärten und mehr. Die vielfältigen Aufträge sorgen dafür, dass auch in den Wintermonaten kein Loch in den Auftragsbüchern klafft. In den kommenden Monaten sei die Auftragslage gut, aber: „Man muss auch Folgeaufträge generieren, darf sich nicht darauf ausruhen.“ Die Tischlerei Brauer ist von Kehdingen über Stade bis Hamburg im Einsatz. Obwohl die Geschäfte in Stade zunehmen, sei Hamburg vom Umsatz immer noch das Kerngeschäft.