50 Jahre Elbe-Obst: Eine kurze Geschichte

Vorsitzender Hans-Herbert zum Felde (seit 2009) mit seinen beiden Vorgängern Dr. Johannes Pape (†; 1968 - 1991) und Heinrich Völkers (1991 - 2009) und Geschäftsführer Stefan Moje beim 40. Elbe-Obst Geburtstag (von links). Foto Vasel
Die Elbe-Obst-Erzeugerorganisation wird 50 Jahre alt. In der nächsten Woche wird Ministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) einer Alt-68erin zu ihrem Geburtstag gratulieren dürfen.
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1968, das war auch für die Obstbauern an der Niederelbe ein Jahr des Aufbruchs. Allerdings wehten im Alten Land seinerzeit keine roten, sondern schwarze Fahnen. Mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) „war es zu einem massiven Preisverfall gekommen, günstige Importware überschwemmte den deutschen Markt“, so Marketingleiter Jens Anderson beim Blick in die Annalen. Zudem gab’s große Unterschiede bei den Erzeugerpreisen, durch die Angebotsbündelung ließen sich bessere Preise erzielen.
207 Obstbauern trafen sich am 14. September zur Gründungsversammlung im Kirschenland in Wisch, 97 Fruchthändler erklärten sich zur Zusammenarbeit bereit. Am 2. Dezember setzte der Regierungspräsident seine Unterschrift unter die Satzung, damit konnte die Obsterzeugerorganisation Niederelbe (OEON), so der erste Name, ihre Arbeit aufnehmen. Elbe-Obst heißt die Erzeugerorganisation erst seit 1971/1972.
Dr. Johannes Pape (†) stand von 1968 bis 1991 an der Spitze. Der Obstbauer aus Grünendeich gehörte mit Henry Köpcke (Obstbauversuchsring), Professor Dr. Ernst Ludwig Loewel (Obstbauversuchsanstalt) und zu den „Gründervätern“ der Elbe-Obst. Das große Vorbild war die Bodenseeregion. Pape stand von 1968 bis 1991 an der Spitze der Elbe-Obst, deren Gründung vor 50 Jahren auch von der Vereinigung des Fruchthandels und dem Bund der Obstbauern an der Niederelbe (Fachgruppe Obstbau) vorangetrieben wurde.
Zwei weitere Gründe führten zu dem Schritt: die einheitlichen EWG-Qualitätsnormen und die Beihilfen. Um 1970 hatte die OEON mehr als 1200 Mitgliedsbetriebe, heute sind es rund 350. Diese bauen auf 5500 Hektar Kern-, Stein- und Beerenobst an. Der Umsatz liegt im Schnitt bei 100 Millionen Euro, rund 60 Prozent der Ernte an der Niederelbe stamme von Elbe-Obst-Erzeugern. Auch der Obstbau machte einen Strukturwandel durch. Früher verfügten Familienbetriebe über fünf, heute sind es 20 Hektar und mehr.
Das Sortiment wandelte sich: Um 1968 waren Boskoop, Ingrid Marie und Cox Orange noch stark verbreitet, auch der Horneburger wurde noch nach England exportiert. Heute dominieren Elstar & Co. Um sich von den Fesseln des Massenmarktes und der LEH-Konzerne zu befreien, werden (unter Federführung der Red Apple Germany GmbH) auch neue Sorten angebaut – wie der Snack-Apfel Rockit.
Neben alten Regionalsorten wie Elstar will Elbe-Obst auch mit neuen rotfleischigen Äpfeln – mit der neuen Marke Kissabel mit ihren Sorten Rouge (schmeckt nach Waldbeere), Orange und Jaune und hochpreisigen Club-Sorten das Sortiment ergänzen. Hinzu kommen der rubinrote GS 66, erste produzenteneigene deutsche Markensorte, als weitere Hauptsorte und die neue Premium-Sorte SweeTango.
Um im (weltweiten) Wettbewerb zu bestehen, investierte die Elbe-Obst stetig – vor allem in Lager- und Sortiertechnik: 1977 wurde die Großkiste, sie fasst 300 Kilogramm, eingeführt. 2009 wurde für 13 Millionen Euro in Apensen ein Packhaus gebaut, 2014 wurden 6,5 Millionen Euro am Standort Jork investiert. Mit der Millionen-Investition in Bassenfleth hat die Elbe-Obst jetzt drei große Standorte, sieben gibt es. 240 Mitarbeiter werden beschäftigt. Mehr als zwei Drittel der Ernte können in den Apfellangzeitlagerhäusern fast ein Jahr deponiert werden – und bleiben erntefrisch. Vor 50 Jahren endete die Saison im März/April.
Die eigene Vermarktung begann mit der Gründung der Vertriebsgesellschaft (1994) und die Übernahme der Stader Geest (1999), in die Verarbeitung stieg die Elbe-Obst 2009 mit der Übernahme der Fruchtverarbeitungs- und Handelsgesellschaft Niederelbe in Horneburg ein, 2012 kamen Apfelchips auf den Markt. Auch die Bereiche Kirsche und Bio werden ausgebaut. Seit 2017 werden mit der Nordsaft auch kaltgepresste Säfte vermarktet.
Nun werden die übrigen Stationen modernisiert, das Packhaus in Apensen wird erweitert. Dank der höheren Ernte 2018 wird auch der Export wieder ein Thema, mit Taiwan gibt’s einen „Exklusivvertrag“. Rot, groß und eher süß, das lieben die Taiwanesen. Red Prince, Rockit, Kanzi und Rubens aus dem Alten Land wird’s 2019 auch in Asien geben.