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Tageblatt öffnet Türen

AOS: Hier wird aus roter Erde weißes Gold gewonnen

Die TAGEBLATT-Leser mitten in der Produktion. Links ist das Aluminiumhydroxid zu sehen. Foto: Strüning

Die TAGEBLATT-Leser mitten in der Produktion. Links ist das Aluminiumhydroxid zu sehen. Foto: Strüning

Verdammt heiß hier. Nicht nur wegen der hohen Außentemperaturen wurde den 20 TAGEBLATT-Gästen während eines Rundgangs durch die Produktionsstätten der AOS auf Bützflethersand warm ums Herz.

Von Lars Strüning Mittwoch, 24.07.2019, 19:30 Uhr

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Die Aluminium Oxid Stade stellt aus roter Erde aus Westafrika lupenrein weißes Aluminiumoxid für die Alu-Produktion her. Dafür benötigt das Unternehmen vor allem auch Hitze.

Auf bis zu 270 Grad wird die Natronlauge (von der Dow) erhitzt, mit der unter hohem Druck in den kilometerlangen Rohren das Aluminium aus dem Geröll gelöst wird. Bis zu 1000 Grad heiß wird der Backofen, in dem aus dem Zwischenprodukt Aluminiumhydroxid das feine Aluminiumoxid entsteht. Die AOS erfülle mit ihren Produkten höchste Qualitätsansprüche und sei dafür auf dem Markt bekannt, sagte der technische Geschäftsführer Hartmut Borchers. „Wir stellen ein Produkt her, dass weltweit gefragt ist, das macht uns stolz.“

Borchers führte gemeinsam mit Geschäftsführer Volker Richter über das weiträumige Gelände an der Elbe. Die Leser, die beim Format „Tageblatt öffnet Türen“ zum Zuge kamen, waren dem Unternehmen ganz offensichtlich willkommen. Dass die Doppelspitze höchstpersönlich den Rundgang übernahm und zum krönenden Abschluss zum mehrgängigen Mittagsmenü in die Kantine einlud, zeigt den Stellenwert des Besuchs. Informativ und verständlich führten die Chefs in die Materie ein. „Wahnsinn“, sagte eine Besucherin, als ihr die Dimension der Produktion bewusst wurde.

400 Millionen Euro wurden in den 1970er Jahren in den neuen Standort investiert, jährlich werden etwa 10 bis 15 Millionen Euro in die Optimierung des laufenden Betriebs gesteckt. Das wahre Kapital der AOS aber, so sagte es Volker Richter, seien die Mitarbeiter. 500 Beschäftigte zählt das Unternehmen, das zur Dadco-Gruppe gehört, hinter der Victor Dahdaleh steht. 50 junge Menschen werden im Werk ausgebildet zu Industriemechanikern und Elektrotechnikern, zu Chemikanten oder Kaufleuten. Sie alle bilden die große AOS-Familie, die sich durch extrem lange Betriebszugehörigkeiten auszeichnet.

Grundlage der Produktion bildet das rote Bauxit aus einer Mine in Guinea. Die rote Erde kommt, schon zerkleinert und vorgereinigt, in Schiffen mit einer Ladekapazität von bis zu 70.000 Tonnen zum Bützflether Industriehafen, wo die Ladung drei Tage und Nächte gelöscht wird. 2,5 Millionen Tonnen Rohware werden pro Jahr angelandet, daraus entstehen gut eine Millionen Tonnen veredeltes Material. Grob gerechnet werden aus vier Tonnen Bauxit zwei Tonnen Aluminiumoxid und daraus wiederum eine Tonne Aluminium. Die AOS-Produkte werden hauptsächlich per Schiff und per Bahn gen Abnehmer gebracht, ein kleiner Teil wird per LKW abtransportiert.

Das Oxid wird für die Aluminium-Herstellung genutzt, das Hydroxid ist vielfältig verwendbar und findet sich wieder in der Glas- und Keramikindustrie, in Teppichen und Tapeten, als Zusatz im Magenmittel Maaloxan oder als Enthärter in Waschmitteln. 200 Kunden weltweit werden beliefert.

Energie spielt eine große Rolle im Werk. AOS versorgt sich über das Stromnetz und über ein eigenes Gaskraftwerk sowie Wärmerückkopplungen. Weltweit benötige die AOS durch die ausgefeilte Technik die geringste Energiemenge pro Tonne, die hohen Energiepreise in Deutschland machten diesen Vorteil aber wieder wett.

Als Abfallprodukt fällt der Rotschlamm an, der seine Farbe vom eisenhaltigen Inhalt hat. Er wird in fünf Kilometer Entfernung in einer Deponie im Bützflethermoor gesammelt. Richter und Borchers wissen, dass das ein kritisches Thema ist, geben wohl gerade deswegen ausführliche Antworten. Die Anlage werde von Ingenieuren aus Hamburg begleitet und von der Gewerbeaufsicht überprüft. Es finde ein ständiges Monitoring über die Auswirkungen auf die Umwelt statt. Irgendwann ist das Becken voll. Zurzeit arbeitet die AOS daran, die Deiche zu erhöhen. Dafür muss Sand gewonnen werden, auch das ist ein heikles Thema. Borchers sagte klipp und klar: Wenn die Deponie erschöpft ist, ist das das Laufzeitende der Fabrik. Es sei noch lange nicht so weit.

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