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Historie

Als in Stade noch Salz gewonnen wurde

Ein Foto aus dem August 1967, die alte Saline an der Harburger Straße in Stade-Campe wird nicht mehr genutzt, sie ist nach Bassenfleth an die Schwinge umgezogen. In Campe war fast 100 Jahre lang Salz produziert worden. Fotosammlung: Viktor und Sonja Rihs

Ein Foto aus dem August 1967, die alte Saline an der Harburger Straße in Stade-Campe wird nicht mehr genutzt, sie ist nach Bassenfleth an die Schwinge umgezogen. In Campe war fast 100 Jahre lang Salz produziert worden. Fotosammlung: Viktor und Sonja Rihs

Wo früher die „OHG Stader Saline Hertz, Strack & Co in Campe“ ansässig war, entstehen heute die Wohnanlagen „Campe Carré“. Nur noch die Straßennamen erinnern an Stades Salz-Epoche aus dem Industriezeitalter. Ein Rückblick.

Sonntag, 18.08.2019, 09:00 Uhr

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Ursprünglich hatten die Bodenforscher Steinkohle zwischen Campe und Riensförde vermutet, gefunden wurde Salz. Statt also die Dampfmaschinen für die industrielle Revolution zu bedienen, wurde am 13. März 1872 die „OHG Stader Saline Hertz, Strack & Co in Campe“ gegründet. Im Februar 1873 wird an der Harburger Straße die zu Tage geförderte Sole erstmalig ins Bassin geführt, und wenige Tage später der erste Sack mit 50 Pfund Salz gefüllt. So beschreibt es der ehemalige Stader Stadtarchivar Dr. Jürgen Bohmbach in seiner Broschüre zu „125 Jahre Salz aus Stade“, die 1998 erschien.

Mit der Salzproduktion startete eine lange, wechselvolle Geschichte der Stader Saline, die in den 60er Jahren nach Bassenfleth an Schwinge und Elbe umsiedelte. Die neue Saline wurde 1964 eröffnet, die alte in Campe geschlossen. Die Sole wurde aus Stade-Süd über eine acht Kilometzer lange Leitung Richtung Bassenfleth gepumpt, ähnlich wie es heute noch die Dow auf dem Bützflethersand mit der Sole aus Harsefeld-Ohrensen macht.

Den Dampf für die Turbine in der Salzproduktion lieferte das benachbarte Ölkraftwerk Schilling mit seinem charakteristischen, 220 Meter hohen Abgaskamin. Das Ölkraftwerk stellte in den späten 1980er Jahren seinen Betrieb ein. Die Akzo Nobel schloss den Standort Stade 2003.

Zurück nach Campe. 1873 stand der Betrieb unter Volldampf, in vier Siedehäusern wurde aus der Sole das Salz gewonnen, das wegen seiner feinen Körnung anfangs nur für den Export geeignet war. 1873, so Bohmbach, liefen 210 Schiffe mit Stader Salz nach Westafrika aus. 1874 werden 7000 Tonnen Salz aus Stade verkauft. Bis 1898 wurde die Produktion auf 20.000 Tonnen hochgeschraubt.

Heute erinnert in Campe nicht mehr viel an diese Epoche aus dem Industriezeitalter – bis auf die Straßennamen wie Salinenweg oder Siedestraße. Dort, wo das Unternehmen mit großformatigen Gebäuden stand, war zwischenzeitlich der Festplatz an der Harburger Straße eingerichtet worden. Die Jahrmärkte im Frühjahr und Herbst fanden dort statt. Die wurden in die Innenstadt geholt, auch um hier mehr Leben hineinzubringen.

Der Festplatz wird seit Jahren mit modernen Wohnhäusern bebaut. Zurzeit entstehen hier die Wohnanlagen „Campe Carré“ mit 62 Eigentumswohnungen sowie 76 Wohnungen, die unter „ambiente stade“ laufen und fast fertig sind. Die ersten Bewohner hatten in der Siedestraße im Dezember 2015 ihr Quartier bezogen.

Der Verkauf des vier Hektar großen Baugebietes auf dem Festplatz für 185 Euro pro Quadratmeter Bauland sollte die einst defizitäre Stadtkasse auffüllen. Dafür wurde ein anonymes Vergabeverfahren gewählt, bei dem sich 23 Architekten und ihre Investoren bewarben. Fünf kamen zum Zuge. Sie ließen moderne Architektur dort erstehen, wo einst das Salz gewonnen wurde.

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