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#StolenMemory

Ausstellung in Sandbostel: Der letzte Besitz von KZ-Häftlingen

Gestohlene Erinnerung: Die Wanderausstellung #StolenMemory ist ab Donnerstag in der Gedenkstätte Lager Sandbostel zu sehen.

Gestohlene Erinnerung: Die Wanderausstellung #StolenMemory ist ab Donnerstag in der Gedenkstätte Lager Sandbostel zu sehen. Foto: Johanna Groß

Die Wanderausstellung #StolenMemory wird am Donnerstag, 22. August, in der Gedenkstätte Lager Sandbostel eröffnet. Darin geht es um den letzten Besitz von KZ-Häftlingen - um gestohlene persönliche Gegenstände.

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Von Sabine Lohmann
Sonntag, 18.08.2024, 13:45 Uhr

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Sandbostel. Im Mittelpunkt der Ausstellung in einem aufklappbaren Übersee-Container steht die Frage, wie es heute noch gelingt, die sogenannten Effekten an Familien der Opfer zurückzugeben. Effekten sind persönliche Gegenstände, die Häftlingen bei ihrer Ankunft in den Konzentrationslagern von den Nationalsozialisten abgenommen wurden. Oft waren es Eheringe, Uhren, Füller oder Brieftaschen mit Fotos.

#StolenMemory ist eine Kampagne der Arolsen Archives (Internationales Zentrum über NS-Verfolgung) zur Rückgabe dieser Gegenstände an die Angehörigen. Mehr als 900 Familien konnten seit dem Start der Kampagne 2016 bereits gefunden werden. Die Ausstellung zeigt Bilder solcher Effekten und erzählt vom Schicksal von zehn NS-Verfolgten.

Videoporträts: Angehörige kommen zu Wort

Unter der Überschrift Gefunden lenkt die Ausstellung den Blick auf Gegenstände, die den Familien bereits zurückgegeben werden konnten. Mit dem Smartphone können die Besucher über QR-Codes Videoporträts aufrufen, in denen die Angehörigen selbst zu Wort kommen.

Unter der Überschrift Gesucht werden Effekten gezeigt, die noch auf ihre Rückgabe warten. Eine wichtige Botschaft ist deshalb auch: Jeder kann die Arolsen Archives bei der Rückgabe der Effekten unterstützen und sich selbst auf Spurensuche nach den Verfolgten und deren Familien begeben. Denn noch immer bewahrt das Archiv gestohlene Erinnerungsstücke von mehr als 2000 Personen aus ganz Europa auf.

Der emotionale Wert der Effekten

„Viele Opfer der Nationalsozialisten hinterließen keine materiellen Spuren für ihre Familien, weil die Nationalsozialisten ihnen alles nahmen“, so Floriane Azoulay, Direktorin der Arolsen Archives. Die Rückgabe der Effekten sei für die Angehörigen deshalb oft sehr unerwartet: „Einige von ihnen wissen nichts oder nur wenig über diesen Teil der Lebensgeschichte ihrer Großeltern, Eltern, Onkel und Tanten.“ Umso wichtiger sei es, dass die Gegenstände in die Familien zurückkehrten.

Seit August 2020 reist die #StolenMemory-Ausstellung mit mittlerweile vier Containern durch Deutschland und aktuell auch durch Polen und Frankreich. Ermöglicht wurde das Projekt durch eine Förderung der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien. Finanziert werden die Arolsen Archives und die Wanderausstellungen in Deutschland durch das Auswärtige Amt.

Die Arolsen Archives sind das internationale Zentrum über NS-Verfolgung mit dem weltweit umfassendsten Archiv zu den Opfern und Überlebenden des Nationalsozialismus. Die Sammlung mit Hinweisen zu rund 17,5 Millionen Menschen gehört zum Unesco-Weltdokumentenerbe.

Materialien speziell für Jugendliche

Begleitend zur Ausstellung bietet die Webseite stolenmemory.org kurze, animierte Filme mit ergänzenden Webstorys, die von individuellen Schicksalen erzählen. Diese Materialien wurden speziell für Jugendliche entwickelt und im Juni 2021 mit dem Grimme Online Award in der Kategorie Wissen und Bildung ausgezeichnet. Auf der Webseite steht zudem pädagogisches Material zum kostenlosen Download zur Verfügung, das von Schulen und Bildungseinrichtungen genutzt werden kann.

Zu sehen ist die Ausstellung auf dem Parkplatz auf der Gedenkstätte Lager Sandbostel, Greftstraße 3, vom 22. August bis zum 11. September. Öffnungszeiten: montags bis freitags von 9 bis 16 Uhr, sonntags 11 bis 17 Uhr.

Weitere Infos auf der Webseite #StolenMemory: https://stolenmemory.org/.

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