Bürgerschaft Twielenfleth: Hans-Heinrich Völkers blickt zurück

Hans-Heinrich Völkers genießt den Blick vom Elbdeich, auch landeinwärts auf den alten Leuchtturm, dessen Umrisse das Wappen von Hollern-Twielenfleth zieren. Foto Lankuttis
Vier Jahrzehnte lang war Hans-Heinrich Völkers in seinem Heimatdorf aktiv. Nun gibt der Twielenflether die Leitung der „Bürgerschaft Twielenfleth“ in jüngere Hände.
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Von Karin Lankuttis
Hans-Heinrich Völkers hat sich für sein Dorf engagiert wie kein Zweiter. Er macht kein Aufhebens davon, freut sich aber immer, wenn er den alten Leuchtturm und die Mühle Venti Amica sieht. Zwischen den beiden Wahrzeichen Twielenfleths liegt das reetgedeckte Fachwerkhaus, in dem schon seine Eltern gelebt. Alles sieht schmuck aus.
Und das hat der Ort auch seinem Einsatz zu verdanken. Ohne ihn wären die Mühle und der alte Leuchtturm so nicht mehr da. Die meisten Ämter hat der Obstbauer längst aufgegeben, zählt er doch schon 87 Lenze. Im Kulturverein Steinkirchen war er aktiv, im Kirchenvorstand, im Gemeinderat Hollern-Twielenfleth (1967 bis 1972 und von 1986 bis 2001) und im Samtgemeinderat Lühe (1991 bis 2001). Jetzt gab er auch die Leitung der „Bürgerschaft Twielenfleth“ in jüngere Hände. Seit der Gründung 1976 war Völkers erster Vorsitzender.
Und das kam so: Ein Schild wies auf das neue Freibad im Außendeich hin. „Freibad Hollern“ stand darauf, was die Twielenflether empörte. „Das kann nicht angehen, das ist ja nicht Hollern“, sagt der heimatverbundene Mann. Ein jahrelanger Streit entbrannte. Denn durch eine Verwaltungsreform waren die Gemeinden Hollern und Twielenfleth zusammengelegt worden. Nur Hollern hieß die Gemeinde von Januar 1967 bis Juli 1984. Um den Doppelnamen Hollern-Twielenfleth einzuführen, gründete sich die Bürgerschaft. „Darum mussten wir lange kämpfen“, blickt der Vorsitzende zurück. Die Hollerner und der Landtag mussten überzeugt werden. Zweimal verfolgte Völkers einen Hammelsprung in Hannover und erlebte, wie das Anliegen abgelehnt wurde. Doch die Bürgerschaft ließ nicht locker, bis sie erfolgreich war.
Erfolgreich rettete sie auch den alten Leuchtturm vor dem Verschrotten und trug dazu bei, die Mühle zu erhalten. Schriftführer Otto Steffens schrieb jede Menge Anträge, und Hans-Heinrich Völkers verstand es immer wieder, die nötigen Mittel aufzutreiben. Kontakte und Freundschaften zu pflegen gemeinsam mit Ehefrau Hanna, stand dabei an erster Stelle.
So hat der Obstbauer den Steinkirchener Reeder Hans Heinrich und seine Frau erstmal zum Kaffeetrinken in seine Bauernstube eingeladen. „Man muss sich ja kennenlernen.“ Später besorgte der Reeder für das Museum im Leuchtturm viele Utensilien von abgewrackten Schiffen, zum Beispiel einen Schiffstelegraphen und einen großen Kompass.
Die große Schiffsschraube aus Bronze, die draußen liegt, stammt vom Hamburger Peter Tamm, dessen Sammlung der Grundstock für das Maritime Museum Hamburg wurde. „Die hatten uns zum Kaffee eingeladen, und dann haben wir das ein bißchen beschnackt“, erzählt der Altländer, als sei es selbstverständlich, in das Tammsche Anwesen an der Elbchaussee eingeladen zu werden. Klar, er habe dann auch mal für die Gattin einen Korb Äpfel vorbei gebracht. Die Schraube hat er selbst mit einem Lkw abgeholt.
Im alten Unterfeuer Twielenfleth hat die Bürgerschaft seit 1989 ein Museum mit Schiffsmodellen eingerichtet, gekauft von Völkers Freund Dr. Karl Thomas aus Bremen. Die Freiwilligen engagierten sich auch für die Mühle. Für die Restaurierung Ende der 70er sowie Anfang der 90er sammelten sie Geld mit originellen Ideen. Der Vorsitzende sorgte dafür, dass die Firma VAW die Platten für ein neues Dach spendete. Schon seit über 20 Jahren kommt Müller Hein Noodt jeden Mittwoch zum Mittagessen zu Hanna und Hans-Heinrich Völkers.
Nachmittags sitzt das Ehepaar gerne auf dem Elbdeich. Eine der drei Altländer Hochzeitsbänke beim Leuchtturm haben die bei-den gestiftet. Leutetreffen und Schiffegucken steht auf dem Programm. „Furchtbar schön“, findet Völkers das, denn er liebt die Seefahrt. Nur eines fehlt: ein Geländer an der Deichtreppe. Das wäre auch für die Touristen besser, die die Kaffeeklappe besuchen. Darum müssen sich nun andere kümmern.
Wechsel nach 41 Jahren: Hans-Heinrich Faby (2. von links) und Thomas Moldenhauer (links) übernehmen die Leitung der Bürgerschaft vom alten Vorstand: Otto Steffens, Hans-Heinrich Völkers, Helmut Nodorp und Günter Techel (von links). Foto: Lankuttis
HOLLERN-TWIELENFLETH. Erstmals seit der Gründung 1976 hat die „Bürgerschaft Twielenfleth“ einen neuen Vorsitzenden gewählt: Hans-Heinrich Faby übernimmt das Amt von Hans-Heinrich Völkers. Thomas Moldenhauer steht ihm zur Seite. Der bisherige Vorstand – fast alle waren Gründungsmitglieder – ist geschlossen zurückgetreten.
Die Bürgerschaft betreibt das Schifffahrtsmuseum im alten Twielenflether Leuchtturm. Hans-Heinrich Faby macht künftig die Führungen. Der 63-Jährige wohnt gleich um die Ecke und ist gerade in Rente gegangen. Als IT-Fachmann will er den Internet-Auftritt des Museums verbessern. Vielleicht könnte die Bürgerschaft auch noch weitere Bänke auf dem Deich aufstellen. 35 Bänke hat der nicht eingetragene Verein bislang finanziert.
Hans-Heinrich Faby fühlt sich der Bürgerschaft über seinen Schwiegervater Peter Pott verbunden, der seit der Gründung dabei ist. Nachbar Thomas Moldenhauer (39) wird sich um die Kasse kümmern, wie schon sein Großvater. Der früh verstorbene Walter Moldenhauer war der erste Kassenwart.
Nach 41 Jahren im Ehrenamt hören der erste Vorsitzende Hans-Heinrich Völkers (87), der zweite Helmut Nodorp (85) sowie Schriftführer Otto Steffens (66) auf; Günter Techel (71) führte seit 1984 die Kasse. Zwei Posten sind momentan noch unbesetzt.
Im vergangenen Jahr hat die Bürgerschaft dafür gesorgt, dass der alte Leuchtturm von innen und außen frisch gestrichen wurde. Sie finanzierte laut Günter Techel 1000 Euro, die Gemeinde als Eigentümerin 1500 Euro. Der Turm ist gut in Schuss und fertig ausgestattet. Die Aufgaben des Vereins sind weniger geworden. Das erste Ziel, den Ortsnamen Twielenfleth zu erhalten, ist längst erreicht. „Die Erhaltung des Twielenflether Wahrzeichens, der Mühle, lag uns sehr am Herzen“, blickt Hans-Heinrich Völkers zurück. „Wir haben wohl 200 000 Mark in die Mühle investiert.“ Als Vorsitzende hatte er Spendensammlungen und Mühlenfeste organisiert. Darum kümmert sich mittlerweile der Mühlenverein. Früher hat die Bürgerschaft große Bälle gefeiert und Ausflüge unternommen. Sie zählte mal über 200 Mitglieder, aber 90 sind laut Kassenwart Techel schon verstorben. Die Bürgerschaft hat momentan 84 Mitglieder.
Im alten Leuchtturm Twielenfleth betreibt die Bürgerschaft ein Schifffahrtsmuseum mit 250 Schiffsmodellen im Maßstab 1:1250. Sie sind liebevoll arrangiert und informativ beschriftet. Das ehemalige Unterfeuer, Baujahr 1893, im Dienst bis 1984, wurde auf Initiative der Bürgerschaft an die Twielenflether Chaussee umgesetzt. Der Turm ist mit Schiffsutensilien urig eingerichtet und bietet auch einen Blick auf die Elbe. Wer die Schiffswelt erkunden möchte, kann sich bei Hans-Heinrich Faby unter Telefon: 0 41 41 / 79 20 61 melden.