Buxtehude will die untere Mittelschicht halten
Es ist das größte Neubaugebiet der Stadt Buxtehude in den kommenden Jahren. An der Giselbertstraße in unmittelbarer Nähe des Bahnhofs werden in den kommenden Jahren knapp 450 Wohneinheiten vom Einfamilienhaus bis zum fünfgeschossigen Haus entstehen.
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Jetzt hat die Stadtverwaltung ihre Vorschläge für die konkrete Umsetzung des Projekts vorgestellt. Die Erschließungsarbeiten werden noch in diesem Jahr beginnen, den Wohnungsbaustart plant die Stadt für Mitte 2020.
Die Stadt will ihre Flächen quartiersweise vergeben und nicht das Gesamtgrundstück. Ihr gehören rund zwei Drittel der Flächen, ein Drittel gehört der Hausbau-Immobiliengesellschaft HBI. Bei der Aufteilung der Fläche gibt es zwar einen Mehraufwand, weil mehrere Vergabeverfahren notwendig sind. Auf der anderen Seite macht sich die Stadt aber auch nicht von einem Partner abhängig.
„Im schlimmsten Fall wäre bei einem Konkurs des Investors das gesamte Grundstück nicht verfügbar“, sagt der Erste Stadtrat Michael Nyveld. Auch ist die Chance für Bauträger aus der Region größer, zum Zuge zu kommen, wenn die Flächen getrennt ausgeschrieben werden. Die Baufelder sind dabei unterschiedlich. Auf die großen Flächen für den Geschosswohnungsbau passen 80 Wohnungen, auf das kleinste zehn Wohneinheiten.
Der Baustart des neuen Stadtteils soll im Bereich der großen Baufelder erfolgen – in enger Abstimmung mit dem Miteigentümer HBI. So sollen schnell Wohnungen an den überhitzten Miet-Markt gebracht werden. Es soll auch geprüft werden, inwieweit es möglich ist, trotz des schwierigen, weil moorigen Untergrunds, Tiefgaragen zu bauen.
Für die Vermarktung will die Stadt eine sogenannte Konzeptvergabe nutzen und nicht einfach an den Höchstbietenden verkaufen. Dabei werden qualitative – städtebauliche, soziale, ökologische – Kriterien höher gewichtet als der Preis. „Die Konzeptvergabe ist ein innovatives Instrument zur Schaffung bezahlbaren Wohnraums“, sagt Stadtplanerin Annette Mojik-Schneede.
30 Prozent der Wohnungen in der Giselbertstraße sollen in dem Segment bezahlbarer Wohnraum entstehen. Die monatliche Miete – ohne Nebenkosten – sollte dabei nicht höher als 30 Prozent des monatlichen Nettomonatseinkommens sein.
Dabei hat Andrea Lange-Reichardt eine Gruppe von Buxtehuder Einwohnern identifiziert, die besonders Hilfe auf dem Wohnungsmarkt suchen. Das sind nicht die knapp 81 Prozent Normal- und Besserverdiener und auch nicht die Gruppe von Menschen, deren Wohnungen im Rahmen der Sozialgesetzgebung von der öffentlichen Hand bezahlt werden; durch hohe Sätze der Kosten der Unterkunft (KdU) bekommt diese Gruppe Wohnraum. Die Sätze liegen in Buxtehude deutlich höher als in allen anderen Kommunen im Landkreis Stade und aktuell sogar höher als in Hamburg.
In Harsefeld sind es 429 Euro für eine Person, in Jork und Stade 477 Euro, in Hamburg 482 und in Buxtehude 530 Euro. Wohnen ist trotz Mietpreisbremse in Buxtehude sehr teuer. Doch wer Hilfe brauche, das seien die sieben Prozent von Personen, die trotz Beschäftigung unter der Armutsgrenze lebten, ohne Mindestsicherung oder Wohngeld zu bekommen, aber mit Anspruch auf einen Wohnberechtigungsschein. Um die Verdrängung der „unteren Mittelschicht“ zu verhindern sollen die 30 Prozent preisgedämpfte Wohnungen so aufgeteilt werden, dass zwei Drittel dem beschriebenen Personenkreis ohne Transferleistungen zur Verfügung stehen. Es sollen auch kleine Wohnungen bis zu 60 Quadratmeter entstehen, um diesem Personenkreis gerecht zu werden.
Buxtehude will stadteigene Flächen ökologisch aufwerten. Das hat der Stadtentwicklungsausschuss beschlossen. Die Initiative dafür ging von der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen aus. Für sie hatte Ratsherr Thomas Lange einen Antrag gestellt. Der war zwar nicht mehrheitsfähig, weil er private Grundstücke beinhaltete und einen hohen bürokratischen Aufwand erfordert hätte. Den Grundgedanken, Flächen zum Beispiel für Insekten aufzuwerten, wollten aber die anderen Fraktionen aufnehmen.
Auf Vorschlag von Arnhild Biesenbach (CDU) untersucht die Stadt jetzt ihre eigenen Flächen auf ökologische Aufwertbarkeit, und es wird dafür im Haushalt 2020 auch Geld geben. Die Grünen verzichteten daraufhin auf ihren Antrag. Dass die Stadt vieles schon bisher gut macht, zeigte ein Vortrag von Fachbereichsleiter Rainer Ratzke, der Projekte aus der jüngsten Vergangenheit vorstellte.