Christoph Nettkau ist Gründerstar im Bereich Umwelt

Vom Geschäftsführer bei Thyssenkrupp zum Inhaber der Navitas Umweltservice GmbH: Für viele klingt das nach einem Rückschritt. Nicht aber für Christoph Nettkau, der mit seinem Unternehmen beim Gründerstar 2016 einen Sonderpreis in der Kategorie Innovation und Umwelt abgeräumt hat.
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Mitten im Industriegebiet-Ost in Buxtehude hat die Navitas Umweltservice GmbH offiziell am 1. Juli 2015 ihr Quartier bezogen. Inhaber und Geschäftsführer Christoph Nettkau sieht sein Unternehmen als „klassischen Industriedienstleister“, der in mehreren Geschäftsfeldern zugegen ist. „Noch sind wir in der technischen Reinigung am stärksten“, sagt Nettkau, der sich trotz seines Top-Manager-Hintergrunds als „reinen Kaufmann“ tituliert.
Im Bereich der technischen Säuberung spülen seine fünf Mitarbeiter aus dem handwerklichen Bereich Anlagen und Produktionsstätten von kleinen, mittelständischen und großen Betrieben aus ganz Norddeutschland. „Abreinigen“ ist das Fachwort für das Reinemachen der industriellen Großgerätschaften und Hallen, zu denen auch die zahlreichen Silos in Hochhausgröße im Landkreis Stade zählen. Auch bei den hochmodernen Großbetrieben in direkter Nachbarschaft wie Bacardi und Unilever in Buxtehude waren die Putzkolonnen seines Betriebs schon im Einsatz.
Ein zweiter Schwerpunkt ist die Reinigung von Raumluftanlagen für Zu- und Abluft. Mithilfe eines modernen Verfahrens mit gefrorenem Kohlenstoffdioxid werden Filter und Rohre schonend von Verschmutzung befreit. CO2-Pellets werden dabei mit Minus 79 Grad in die Anlagen geschossen und breiten sich so schlagartig aus, dass das Gas den Schmutz von der Oberfläche löst.
Seitdem die Wirtschaftskrise in Deutschland so gut wie ausgestanden ist, steht den Unternehmen mehr Geld zur Verfügung, um Dienstleister zu beauftragen. Davon profitiert die Navitas in Buxtehude – und zwar immens. Nettkaus größte Schwierigkeit nach mehr als einem Jahr Selbstständigkeit klingt nach einem Luxusproblem: „Wir bekommen im Moment so viele große Aufträge, dass wir nicht alle annehmen können“, sagt der 46-Jährige, der in Revenahe lebt. Die Anfragen kämen von Kommunalen Betrieben, Großunternehmen wie Aurubis in Harburg oder Straßenmeistereien. Nettkaus Hauptproblem: die Mitarbeiterakquise.
„Ich würde in der nächsten Zeit noch bis zu fünf Leute einstellen – auch ohne technische Vorkenntnisse“, sagt Nettkau. Interessenten müssten eine Voraussetzung mitbringen: Obwohl die technische Reinigung sauberer geworden sei, dürften sich Mitarbeiter nicht zu schade sein, sich die „Finger dreckig zu machen“. Gleichwohl sei er sich über die Konkurrenz von attraktiven Arbeitgebern wie Airbus im Klaren.
Dafür hat Nettkau seine Stellenausschreibungen von einer Texterin aufpeppen lassen. „Wir müssen eine neue Ansprache finden, hier gibt es eine Duzkultur und wir legen keinen Wert auf Zeugnisse“, sagt er. Auch einen Führerschein würde er Bewerbern unter Umständen zahlen.
Und doch: „Für uns ist es eine kribbelige Phase“, sagt der Gründer, der ursprünglich einen laufenden Betrieb kaufen wollte. Sein Unternehmen wachse kontinuierlich und schreibe bereits in einigen Monaten schwarze Zahlen. Der Fahrplan: Nettkau will, dass Navitas gesund wächst – auch was potenzielle neue Liegenschaften betrifft. „Wir könnten uns aus dem Stand verdoppeln, aber das wollen wir nicht.“ Aus seiner Managerzeit beim Industrieriesen Thyssenkrupp weiß der Betriebswirt, der in Harsefeld aufgewachsen ist, wie schlimm es Unternehmen treffen kann – und dass es noch schlimmer ist, Hunderte Mitarbeiter zu entlassen.
In anderen Gefilden wagt der Betrieb die ersten Gehversuche und wurde mit einem Sonderpreis in der Kategorie Innovation und Umwelt beim Gründerstar 2016 ausgezeichnet. In Zusammenarbeit mit dem Transferzentrum Elbe-Weser (TZEW) entwickelt Nettkau zum Beispiel ein Verfahren, mit dem Flächen ressortschonend von Öl und anderen Verschmutzungen befreit werden. Die eingesetzte Technik wurde auch von der Jury als innovativ und ökonomisch hervorgetan.
Neben der Kernkompetenz in der technischen Reinigung will der Inhaber perspektivisch stärker auf die Bereiche Entsorgung und Flächenreinigung setzen. Idealerweise kann Navitas so viele Dienstleistungen für den Industriesektor aus einer Hand anbieten. „Das Netzwerk haben wir schon“, so Nettkau, der seine Stärken in der Kundennähe sieht. Ein Menschenfreund ist der Vater einer Tochter (15) und eines Sohnes (17): Er ist Vorsitzender des Vereins, der in Revenahe das Oktoberfest ausrichtet.
Julia Huthmann, Bester Geschäftsplan
Susanne Dittmer, Sonderpreis Ernährungstrends
Christoph Nettkau, Sonderpreis Innovation/Umwelt
