DRK zieht die Notbremse und baut alle Altkleidercontainer im Kreis Stade ab
Weil immer mehr nicht verwertbare oder verschmutzte Kleidung entsorgt wurde, baut der DRK-Kreisverband Stade sämtliche Altkleidercontainer ab. Diese Foto entstand 2023 im Zuge einer Reportage. Foto: Weselmann (Archiv)
Zu viel dreckige Kleidung, Müll und ein zusammenbrechender Textilmarkt: Als Konsequenz dieser Entwicklungen baut das DRK seine Altkleidercontainer ab. Der Landkreis reagiert darauf.
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Landkreis. Der Altkleidermarkt steht vor dem Kollaps. Einzelne Textilverwerter sind bereits in Insolvenzverfahren, die Wiederverwertungskapazitäten brechen ein und in vielen Regionen mussten Kreisverbände des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) ihre Altkleidercontainer bereits abbauen. Jetzt betrifft diese Entwicklung auch den Landkreis Stade.
Markt für gebrauchte Textilien bricht weg
„Was wir aktuell erleben, ist keine lokale Besonderheit, sondern ein bundesweiter Trend“, wird Uwe Lütjen, Geschäftsführer des DRK-Kreisverbands Stade, in einer Pressemitteilung zitiert. „Der Markt für gebrauchte Textilien bricht weg, und das hat direkte Auswirkungen auf unser Sammelsystem.“
Der Rückbau hat bereits begonnen
Überquellende Container, illegale Ablagerungen und ein strukturell zusammenbrechender Textilmarkt zwingen den DRK-Kreisverband Stade nun, ebenfalls zu handeln. Nach intensiver Prüfung und Gesprächen mit dem Landkreis Stade wird der DRK-Kreisverband Stade alle Altkleidercontainer bis zum 30. November abbauen. Der Rückbau hat bereits begonnen.
Bis zu 40 Prozent des Inhalts sind nicht verwertbar
„Diese Entscheidung ist uns äußerst schwergefallen, aber sie ist notwendig“, so Lütjen. Früher bestand der Inhalt der Container zu fast 80 bis 90 Prozent aus verwertbarer Kleidung. Heute sind es nur noch etwa 60 Prozent. Bis zu 40 Prozent des Inhalts sind inzwischen nicht verwertbare oder verschmutzte Materialien, häufig sogar Hausmüll.
Entsorgung von Textilien
Städte kämpfen gegen Müllberge neben Altkleider-Containern
„Die finanziellen Belastungen durch die Altkleidersammlung steigen kontinuierlich. Allein das Leeren der Container erfordert zwei festangestellte Mitarbeiter, die an fünf Tagen in der Woche unterwegs sind“, erklärt Lütjen und zählt auf: „Bei einer durchschnittlichen Arbeitszeit von 38,5 Stunden pro Woche summiert sich das auf circa 334 Stunden pro Monat ausschließlich für das Leeren der Container. Hinzu kommen Kosten für Fahrzeuge, Treibstoff, Wartung, Reparaturen und die Versicherung der Transportfahrzeuge. Auch die Entsorgung nicht verwertbarer Kleidung schlägt mittlerweile mit erheblichen Beträgen zu Buche.“
Verluste von mehreren Tausend Euro pro Monat
Was früher Einnahmen für soziale Projekte brachte, verursache heute Verluste von mehreren Tausend Euro pro Monat. Angesichts dieser Kostenstruktur sei ein Weiterbetrieb des Containersystems unter den aktuellen Marktbedingungen nicht mehr tragfähig, so Lütjen.
Die Erlöse aus der Kleidersammlung ermöglichten in der Vergangenheit unter anderem die Finanzierung des Katastrophenschutzes, von Angeboten für Senioren, der Jugendarbeit, lokaler Ehrenamtsprojekte sowie von Erste-Hilfe-Material und Ausstattung für Einsatzgruppen. Bereits zu Jahresbeginn musste der DRK-Kreisverband Stade die Ausschüttung von Mitteln an die DRK-Ortsvereine aussetzen, weil es keine Erlöse mehr gab.
Minderwertige Fast Fashion flutet den Markt
Zunehmend minderwertige Fast-Fashion-Textilien, sinkende Wiederverwertungsquoten und die seit 2025 geltende EU-Richtlinie zur getrennten Textilsammlung verschärfen die Situation zusätzlich. „Fast Fashion flutet den Markt und zerstört ein System, das auf Wiederverwendung von Kleidung aufgebaut war“, erklärt Uwe Lütjen.
Neue EU-Regelung
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Aktuell kommt erschwerend hinzu, dass der einzige verbliebene Textilverwerter nur noch unregelmäßig abholt und vereinbarte Zahlungen ausbleiben. Sollte sich diese Entwicklung fortsetzen oder weitere Verwertungswege wegbrechen, stünde der DRK-Kreisverband vor einem nicht lösbaren Problem: Wohin mit den vielen Tonnen nicht verwertbarer Kleidung? Weder wären die enormen Entsorgungskosten zu tragen, noch die organisatorischen Anforderungen zu bewältigen.
Anlaufstelle für gut erhaltene Kleidungsstücke
Trotz Containerabbau bleibt das DRK im Landkreis Stade Anlaufstelle für gut erhaltene Kleidungsstücke. Tragbare, saubere Kleidung kann weiterhin in allen DRK-Kleiderkammern, DRK-Shops im Landkreis sowie der Secondhand-Boutique „Allerhand aus zweiter Hand“ in Stade abgegeben werden. „Wir bitten die Bürgerinnen und Bürger, uns weiterhin zu unterstützen, indem sie bewusst spenden und nur Kleidung weitergeben, die in gutem Zustand ist“, sagt Lütjen. „Jede Spende hilft direkt Menschen hier in unserer Region.“
Öffnungszeiten der DRK-Kleiderkammern
DRK-Kleiderkammern im Landkreis Stade:
- Buxtehude: Bleicherstraße 15a, Annahme und Ausgabe jeden Montag und Dienstag von 13.30 bis 17 Uhr.
- Horneburg: Stader Straße 11, Annahme und Ausgabe jeden Montag von 9 bis 12 Uhr und jeden Donnerstag von 15.30 bis 17.30 Uhr.
- Drochtersen: DRK-Stöberstübchen, Drochterser Straße 30, Annahme und Ausgabe dienstags von 9 bis 11.30 und 15 bis 18 Uhr, mittwochs, donnerstags und freitags von 9 bis 11.30 Uhr und jeden ersten Samstag im Monat von 9 bis 11.30 Uhr oder nach telefonischer Absprache unter 04143/ 3295505, Montag geschlossen.
- Harsefeld: Große Gartenstraße 22, Annahme und Ausgabe jeden Montag von 15 bis 17 Uhr und jeden Mittwoch von 9 bis 12 Uhr.
- Oldendorf: Hauptstraße 16, Annahme und Ausgabe jeden Montag von 9 bis 11 Uhr, jeden Mittwoch von 16 bis 18 Uhr und jeden Donnerstag von 14.30 bis 17 Uhr.
- Stade: Secondhand-Boutique „Allerhand aus zweiter Hand“, Haddorfer Grenzweg 15 (www.macherei-stade.de/allerhand), Annahme und Ausgabe montags bis donnerstags von 8 bis 16 Uhr und freitags von 8 bis 14 Uhr.
- Himmelpforten: Poststraße 16c, Ausgabe jeden Mittwoch von 15 bis 17.30 Uhr und zurzeit bis Ende Februar von 14.30 bis 17 Uhr, Annahme der Kleidung jeden Dienstag auf der anderen Straßenseite von 9 bis 10 Uhr.
- Fredenbeck: Alte Dorfstraße 20, Annahme und Ausgabe jeden Montag von 14 bis 17.30 Uhr und jeden Dienstag von 14 bis 17.30 Uhr.
- Jork: Ostfeld 10a, Annahme jeden Donnerstag von 14 bis 18 Uhr, Ausgabe von 16 bis 18 Uhr.
Auch der Landkreis Stade reagiert auf die Lage und teilt mit: Auf allen acht Abfallannahmestellen des Landkreises wurden Altkleidercontainer aufgestellt. Dort können zu den gewohnten Öffnungszeiten Altkleider abgegeben werden.
An den acht Standorten im gesamten Kreisgebiet stehen insgesamt 28 Container zur Verfügung. Eine Sammlung in der Fläche, wie es der DRK-Kreisverband Stade bisher angeboten hat, könne der Landkreis Stade allerdings nicht leisten.
Hinweis der Redaktion: Die Kleiderkammer in Oldendorf befindet sich nicht in der Schützenstraße 5, sondern in der Hauptstraße 16. Wir haben den Fehler korrigiert.

Weil immer mehr nicht verwertbare oder verschmutzte Kleidung entsorgt wurde, baut der DRK-Kreisverband Stade sämtliche Altkleidercontainer ab. Diese Foto entstand 2023 im Zuge einer Reportage. Foto: Weselmann (Archiv)
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