Darum glauben die St.-Pauli-Bosse nicht mehr an Timo Schultz

Timo Schultz leitete die Geschicke der St.-Pauli-Profis seit Juli 2020. Foto: Charisius/dpa
Nun also doch: Der Kiezclub reagiert noch in der Winterpause auf die sportliche Talfahrt. Der Coach konnte den Vereinsbossen keinen Weg aus der Krise aufzeigen.
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Der FC St. Pauli hat Konsequenzen aus der negativen sportlichen Entwicklung im Kalenderjahr 2022 gezogen und Cheftrainer Timo Schultz sowie Co-Trainer Loic Favè von ihren Aufgaben entbunden. Zuvor hatte es intern eine Analyse der vergangenen zwölf Monate und eine Diskussion über die Optionen für die Zweitliga-Rückrunde gegeben.
Präsident Oke Göttlich und Sportchef Andreas Bornemann bezeichneten die Trennung als eine schwere, aber notwendige Entscheidung. Sie dankten Timo Schultz für dessen Arbeit und die lange Zeit beim FC St. Pauli.
Die sportliche Leitung hatte im Juli 2020 den damaligen U19-Trainer zum Cheftrainer im Profi-Bereich befördert. Schultz ist bereits seit 2005 beim FC St. Pauli in verschiedenen Positionen aktiv gewesen: als Spieler, Co-Trainer, Jugendtrainer und schließlich Cheftrainer.
„Timo ist ein verdienter und echter St. Paulianer“, betonte Oke Göttlich. Dementsprechend schwer fiel die Entscheidung. „Wir haben die vergangenen Monate intensiv analysiert sowie diskutiert und sehen uns leider gezwungen, nun zu handeln“, sagte Sportchef Bornemann. Göttlich ergänzte: „Wir müssen das Gesamtwohl des FC St. Pauli immer im Blick haben – und unsere sportliche Bilanz im Kalenderjahr 2022 ist die eines Absteigers. Das muss sich umgehend und nachhaltig ändern, damit wir alle Maßnahmen ergreifen, um die Klasse zu halten. Schon die Corona-Pandemie und die explodierenden Energiekosten stellen den Verein vor massive Probleme“, so Göttlich.
Was der FC St. Pauli Trainer Timo Schultz vorwirft
Bornemann erklärte, die Gespräche nach dem Ende der Hinrunde hätten keine ausreichenden Ansatzpunkte für neue Konzepte gebracht. „Wir haben schon seit Längerem verschiedene Muster bei den sportlichen Problemen erkannt, dazu gehören die fatale Auswärtsschwäche, eine fehlende Balance zwischen Defensive und Offensive, mangelnde Weiterentwicklung, aber auch die fehlende Fähigkeit, Spiele nach Rückstand zu drehen.“

St. Paulis Sportdirektor Andreas Bornemann. Foto: Charisius/dpa
Da hätten wir uns neue Ansätze gewünscht, wie die kontinuierlichen und saisonübergreifenden Probleme abgestellt werden sollten, sagte der Sportchef. Bornemann verwies in diesem Zusammenhang beispielsweise darauf, dass der Kiezclub seit Oktober 2021 keinen Rückstand mehr in einen Sieg drehen konnte. Auswärts ist der FC St. Pauli in dieser Saison noch ohne Sieg; der letzte Auswärtserfolg in der Liga datiert vom Februar dieses Jahres.
„Wir können uns nicht darauf verlassen, unsere Heimspiele zu gewinnen“, sagte Bornemann, sondern man brauche klare Konzepte, wie das Team auch auswärts, in schwierigen Situationen und nach Rückständen bestehen könne.
Neuer St.-Pauli-Trainer erst im Januar?
Angesichts dieser Gesamtentwicklung folgte das Präsidium einstimmig der Empfehlung der sportlichen Leitung, einen Wechsel an der Trainerposition vorzunehmen. „Die lange Winterpause ist der richtige Moment, um die Weichen für eine erfolgreiche Rückrunde zu stellen“, betonte Bornemann.
Das Training wird zunächst Co-Trainer Fabian Hürzeler leiten. „Fabian hat bereits gezeigt, wie wertvoll sein Fachwissen und seine Konsequenz für das Team sind“, lobte Bornemann. In welcher Konstellation es dann in die Rückrunde gehe, werde bis Januar geklärt sein, sagte Göttlich und würdigte nochmals dem scheidenden Cheftrainer: „Ob als Spieler, Co-Trainer, Trainer oder einfach als Mensch: Timo Schultz war, ist und wird immer am Millerntor willkommen und ein Teil des FC St. Pauli sein!“
Innensenator Grote: Schultz stand stark für den FC St. Pauli
Hamburgs Sport- und Innensenator Andy Grote (SPD) hat betrübt auf die Freistellung reagiert. „Timo Schultz war ein Trainer, der stark für den Verein und die Identität des Clubs gestanden hat“, sagte der Politiker am Dienstag. Grote wollte den Schritt des Kiezclubs fachlich nicht kommentieren, betonte aber: „Am Ende muss die Vereinsführung nach einer gründlichen Analyse der sportlichen Situation eine eigenverantwortliche Lösung finden.“
Zweitliga-Rückrunde beginnt Ende Januar
Für die Profis des FC St. Pauli steht am 9. Dezember der Trainingsauftakt auf dem Programm, am 21. Dezember tritt das Team auswärts zu einem Testspiel an, allerdings unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Vom 2. bis zum 9. Januar wird St. Pauli im Trainingslager in Spanien zwei Testspiele bestreiten, am 14. Januar dann bei Borussia Mönchengladbach antreten.
Am 21. Januar ist ein Testspiel am Millerntor geplant, bevor die Rückrunde am 29. Januar mit dem Auswärtsspiel beim 1. FC Nürnberg beginnt. Am 5. Februar wird Hannover 96 zum ersten Heimspiel der Rückrunde am Millerntor zu Gast sein. (pm/tip)

Muss beim FC St. Pauli gehen: Trainer Timo Schultz.