Der christliche Glaube war Gustav Viebrocks Antrieb

Gustav Viebrock. Foto: Viebrockhaus
Harsefeld trauert um seinen Ehrenbürger Gustav Viebrock: Der Gründer des gleichnamigen Bauunternehmens und Mäzen ist am Dienstag im Alter von 90 Jahren im Kreise seiner Familie verstorben.
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Die Region verliert einen akkuraten Handwerksmeister und erfolgreichen Geschäftsmann, der sich auch um das gesellschaftliche und kirchliche Leben verdient gemacht hat. 1954 gründete er das Bauunternehmen Viebrockhaus, das sich zu einem Marktführer entwickelt hat. Im Sommer vergangenen Jahres hat mit den Enkeln Lars und Dirk die dritte Generation das Ruder übernommen. Zuvor hatte bereits Sohn Andreas maßgeblichen Anteil an der Expansion des Familienbetriebes mit einem Jahresumsatz von 273 Millionen Euro. 30 Jahre war er Firmenchef. Der zweitgeborene Enkel Dirk übernahm die Geschäftsführung der Einfamilienhaussparte bereits im Jahr 2014. In der notariell beglaubigten Übergabe-Urkunde haben sich Lars und Dirk Viebrock zu den christlichen Werten bekannt – auf eigenen Wunsch.
Gustav Viebrock kümmerte sich in den Anfangsjahren persönlich um die Aufbaudarlehen für Flüchtlinge und schoss den Bauherren die 500 Mark für einen Bauantrag vor. Der Harsefelder Jungunternehmer nutzte die staatlichen Finanzierungs- und Förderprogramme und verhalf Hunderten von Vertriebenen und sozial Schwachen zu Eigenheimen. Es war auch sein Verdienst, dass die Wohnungsnot in Harsefeld nach dem Krieg relativ schnell beseitigt werden konnte. Bis zuletzt war er zur Stelle, wenn Flüchtlinge Wohnungen benötigten. Bei Viebrockhaus haben viele Zugewanderte eine Arbeitsstelle gefunden. Als Sohn und Enkel die Geschäftsführung des Bauunternehmens übernahmen, forcierte Gustav Viebrock sein Steckenpferd: die Sanierung historischer Bausubstanzen. Vor allem kirchlichen Gemäuern hat er neuen Glanz gebracht.
36 Jahre war er Schiedsmann in Harsefeld, 25 Jahre Adjutant beim Schützenverein – ein Jahr sogar Präsident. Ob Spielmannszug, Turn- und Sportverein oder manch ein Kaufmannsladen – der Unternehmer sicherte die Existenz vieler Institutionen im Geestflecken. Er war Träger des Bundesverdienstkreuzes. Im Sommer vergangenen Jahres verlieh ihm der Flecken Harsefeld den Titel des Ehrenbürgers. Gustav Viebrock ist der erste Ehrenbürger in der 1050-jährigen Geschichte der Kommune. Weggefährten schätzten seine ruhige und umsichtige Art, immer um einen Ausgleich bemüht.
Ein besonderes Verhältnis hatte er zur Kirche. Der tiefe christliche Glaube war sein Antrieb. Das evangelische Gemeindezentrum am Bockelfeld entstand unter seiner Regie. Später unterstützte Gustav Viebrock den Bau des Pfarrhauses an der Stettiner Straße sowie des Don Camillo und die Renovierung von Kirchturm und Kirchenschiff. Zwölf Jahre gehörte er der Synode der Hannoverschen Landeskirche an. 25 Jahre war er Vorsitzender des Harsefelder Kirchenvorstandes. Auch im Buxtehuder Kirchenkreistag mischte er mit. Bisweilen auf unkonventionelle Weise: Für die Renovierung des Missionarsheims im Geestdörfchen Reith wollten sich die Kirchenvorstände und Pastoren treffen. Doch sie fanden partout keinen gemeinsamen Termin.
Gustav Viebrock lud an einem Sonnabendmorgen um fünf Uhr ein – und alle kamen. Gemeinsam mit Einheimischen baute Gustav Viebrock in den 1980er Jahren mit dem Missionsdienst in Südafrika eine Kirche, ein Gemeinde- und Pastorenhaus. Weiße und Schwarze arbeiteten zusammen – zu Zeiten der Apartheid, der organisierten Rassentrennung. Über Jahrzehnte begleitete Gustav Viebrock ein Kinderheim in Weißrussland. Das Gebäude war nicht isoliert und im Winter mussten sich die Kleinen in kalten Zimmern aufhalten. Der Harsefelder ließ neue Fenster einbauen und schenkte der Einrichtung ein Gewächshaus.
63 Jahre war Gustav Viebrock mit seiner fünf Jahre jüngeren Frau Elfriede verheiratet. Die beiden kannten sich schon seit Kindesbeinen an. Sie waren Nachbarn und besuchten gemeinsam die einklassige Dorfschule im Dörfchen Rüspel im Landkreis Rotenburg.
Die Feier zu seinem 90. Geburtstag am vorvergangenen Sonnabend musste die Familie wegen eines Krankenhausaufenthalts von Gustav Viebrock kurzfristig absagen. Am Dienstagmorgen verstarb er zu Hause im Kreise seiner Familie. Die am Sonnabend, 19. Januar, um 11 Uhr in der Harsefelder Kirche St. Marien und Bartholomäi beginnende Trauerfeier wird auf der Internetseite www.gustav-viebrock.de live übertragen. Die Beisetzung erfolgt im Familienkreis.