Ein Missionar und Unternehmer

Foto: Fehlbus
Gustav Viebrock sitzt im Büro der Firma Viebrockhaus an seinem Schreibtisch. Immer wieder klingelt das Telefon. Wirklich in Rente ist der 89-Jährige nicht, auch wenn inzwischen schon der Enkel die Geschäfte vom Sohn übernommen hat.
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Gustav Viebrock kam 1954 nach Harsefeld, als Maurermeister aus Rüspel im Kreis Rotenburg. Er übernahm im Ort einen Betrieb, der einen tüchtigen Nachfolger suchte. Seinen Glauben hatte Gustav Viebrock zu diesem Zeitpunkt bereits gefunden. Aber es gab noch diesen einen besonderen Tag.
Als Gustav Viebrock vor mehr als 60 Jahren wieder einmal mit dem Gesangbuch in der Hand zur Kirche ging, drückte ihn die Sorge, nicht genug Arbeit für seine Mitarbeiter zu haben: „Ich hatte noch keinen einzigen Auftrag für die Woche“, erinnert er sich. In der Kirche betete Gustav Viebrock für Arbeit. Als er auf dem Heimweg war, noch immer mit dem Gesangbuch in der Hand, habe ihn jemand angesprochen.
Es war ein Kunde, der dem Neuankömmling in Harsefeld das Einkommen für die nächste Zeit sicherte. Von Gründonnerstag bis Ostermontag wird Gustav Viebrock vier Gottesdienste besuchen. „Ich gehe in die Kirche, um dort mit anderen Christen zusammenzusein“, sagt der für sein soziales Engagement ausgezeichnete Träger des Verdienstkreuzes am Bande der Bundesrepublik Deutschland. Ostern sei im Vergleich zu Weihnachten das größere Fest. „Denn wäre Jesus nicht auferstanden, hätte ich an Humbug geglaubt“, sagt er.
Dass es mit der Firma Viebrock steil bergauf ging, sie inzwischen zu einem international agierenden Unternehmen mit mehr als 860 Mitarbeitern geworden ist, wurde oft geschrieben. Dass sich schon mancher Mitarbeiter, zahlreiche Menschen und Kommunen unverhofft über Unterstützung von Gustav Viebrock freuen durften, will der Senior des Familienbetriebs nicht von sich lesen. „Keine Lobhudelei“, ermahnt er die Autorin beim Rausgehen.
Damit geht der Blick auf den Missionar Gustav Viebrock in der Gruppe 153. Der Name leitet sich von der Zahl der von den Jüngern gefangenen Fische im Johannes-Evangelium ab, zugleich ein Symbol für die Fülle der Völker. Gemeinsam mit Einheimischen baute Gustav Viebrock mit dem Missionsdienst in Südafrika unter anderem Kirche, Kirchturm und Gemeindehaus. Das war in den 80er Jahren, zu Zeiten der Apartheid, der organisierten „Rassentrennung“. Weiße und Schwarze arbeiteten dort zusammen. Viele Freundschaften, die bis heute hielten, seien damals entstanden, erzählt Gustav Viebrock. Ob er manchmal mit Sorge auf die Heimat blickt und sieht, dass in Deutschland immer weniger Christen die Gottesdienste besuchen? „In Harsefeld gehen nicht weniger Menschen zur Kirche“, sagt er, aber generell gelte: „Not lehrt beten, und die Not ist nicht da.“