Einhorn-Apotheke zieht vor die Stadt

Jürgen Fischer in seiner neuen Einhorn-Apotheke in der Heidesiedlung. Die historische Stätte in der Altstadt hat er aufgegeben. Fotos Strüning
Jürgen Fischer, Betreiber der Rats- und Einhorn-Apotheke in der Stader Hökerstraße, hat die historische Einrichtung Ende Januar geschlossen und macht zum 1. März die dann neue Einhorn-Apotheke in der Heidesiedlung auf. Seine Frau Anke, ebenfalls Apothekerin, gesellt sich zu ihm.
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Heute ist der letzte Tag der Eichendorff-Apotheke in der Pommernstraße, die auch Fischer betrieb. Am 1. März wird Jürgen Fischer 53. Mit der neuen Apotheke macht er sich selbst das größte Geburtstagsgeschenk. Und er wagt einen Neuanfang. Dort, im Stadtweg 117, eingerahmt vom neuen Pflegeheim Heidbeck der Stader Betreuungsdienste, dem Seniorencampus und dem betreuten Wohnen der Ernst-und-Claere-Jung-Stiftung, ist er gerade dabei, sein neues Domizil einzurichten. Die Räumlichkeiten wirken auf einer Fläche von 180 Quadratmetern modern und hell, in den Regalen stehen die ersten Medikamente, Online- und Telefonzugänge sind geschaltet.
Auf den Namenszusatz „Rats-“ verzichtet Fischer in Zukunft. Die Nähe zum Rathaus, in der Hökerstraße noch greifbar, ist in Riensförde nicht mehr gegeben. Ungeklärt sei auch, was mit dem goldenen Einhorn an der Fachwerkfassade der ehemaligen Apotheke geschieht. Ans Gebäude der neuen Einhorn-Apotheke jedenfalls passt es nicht.
Fischer ist Inhaber der Immobilie in der Hökerstraße. Er steht gerade in Verhandlungen für eine Nachnutzung. Dass die neuen Mieter zum historischen Ambiente passen, liege in seinem eigenen Interesse, sagt der Mann, der nach außen so ruhig wirkt, obwohl er gerade zwei Apotheken abwickelt und eine neue einrichtet. Ganz nebenbei ist er noch der Vorsitzende des Kirchenvorstands der Wilhadi-Gemeinde.
Sein Personal nimmt er komplett mit: ein weiterer Apotheker, drei pharmazeutisch-technische Assistentinnen und drei Boten. Weil seine Frau und er lange Zeit keinen Kollegen fanden, der sie bei Notdiensten und vor allem in Urlaubszeiten vertreten konnte, keimte die Idee auf, sich von zwei Standorten auf einen zu verkleinern – ein ungewöhnlicher Schritt in der Apothekenszene.
Die letzten Tage in der historischen Apotheke in der Hökerstraße fielen Fischer schwer, sentimentale Gefühle kamen auf, viele Kunden reagierten. Die einen freudig und aufmunternd, die anderen eher verständnislos. Fischer gesteht: „Es war ein langer Prozess“, ehe die Entscheidung für den Neuanfang stand. 1995 hatten Anke und Jürgen Fischer aus Lüneburg kommend die Apotheke übernommen.
Das Umfeld in der Heidesiedlung ist attraktiv. Die Senioren in direkter Nachbarschaft, die Neubürger, die geplante Erweiterung der Heidesiedlung, der Bau der Schulen und vor allem die Eröffnung des großen Famila-Marktes im August vis-à-vis der Apotheke sind gute Argumente für eine Verlagerung der Geschäfte; vor allem, weil in der Altstadt sechs Apotheken verbleiben.
Eine Rats- und Einhorn-Apotheke gab es auch in Buxtehude. Sie wurde 1719 gegründet und war die älteste der Stadt. Apotheker Christoph Leddin schloss sie im Juni 2015. Sie war damals Buxtehudes ältestes Unternehmen und deutschlandweit die älteste Apotheke im Familienbesitz. Bei aller Tradition sah Leddin keine wirtschaftliche Basis mehr. Er nannte Bürokratie, Reglementierung, den harten Wettbewerb, regelmäßige Nachtdienste und bis zu 80 Wochenstunden als Gründe für seine Entscheidung. Und: Leddin verdient nach eigenen Angaben durch die Vermietung des Ladens in der Fußgängerzone mehr als mit seiner Apotheke.