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Zweite Liga

„Fingerzeig an alle“: HSV jubelt über ungeahnte Defensivqualität

Dank Bakery Jatta konnte der HSV über drei Punkte in Hannover jubeln.

Dank Bakery Jatta konnte der HSV über drei Punkte in Hannover jubeln.

Nach nur vier Spieltagen macht sich bereits große Aufstiegseuphorie beim HSV breit. In Hannover beweisen die Hamburger ungeahnte Defensivqualitäten. Es war ein denkwürdiges Nordduell.

Sonntag, 27.08.2023, 06:00 Uhr

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Von dieser Kulisse wollte sich jeder mal feiern lassen. Alle Spieler des Hamburger SV knieten am Samstagabend in Hannover vor rund 20.000 mitgereisten HSV-Fans nieder. Sportvorstand Jonas Boldt trat noch einmal ganz allein vor die komplett in Blau-Weiß-Schwarz gehüllte Südkurve der Arena. Mit einem Mann weniger hatte der HSV gerade ein denkwürdiges Nordduell bei Hannover 96 gewonnen. Viel ausgelassener als nach diesem 1:0-Sieg kann die Party selbst dann kaum noch werden, wenn die Hamburger im kommenden Mai endlich die ersehnte Rückkehr in die Fußball-Bundesliga schaffen sollten.

„Unsere Fans? Unfassbar!“, sagte Trainer Tim Walter hinterher. „Wir sind eine Mannschaft, in der jeder für jeden einsteht. Und dann noch die vielen Zuschauer im Rücken – das ist einfach eine Wucht.“

Schalke, Karlsruhe, Hertha, Hannover: Der HSV spielte gleich zum Auftakt der neuen Saison gegen zwei aktuelle Bundesliga-Absteiger und zwei langjährige Bundesliga-Clubs. Trotzdem hat er nach nur vier Spieltagen jetzt schon sieben Punkte mehr als die beiden vermeintlichen Hauptrivalen Schalke 04 (0:2 gegen Kiel) und Hertha BSC (5:0 gegen Fürth).

HSV-Trainer Tim Walter jubelt über den fast perfekten Saisonstart. Foto: dpa

HSV-Trainer Tim Walter jubelt über den fast perfekten Saisonstart. Foto: dpa

Zwei Faktoren, warum der HSV bei Hannover 96 gewann

Allein das Zustandekommen dieses Erfolgs in Hannover nannte Sportchef Boldt „ein Fingerzeig an alle“ in der Liga. In der 53. Minute sah Verteidiger Guilherme Ramos wegen einer Notbremse die Rote Karte. Eine Viertelstunde später traf Bakery Jatta in Unterzahl zum 1:0 (68.).

HSV-Verteidger Guilherme Ramos (rechts) sieht die Rote Karte. Foto: dpa

HSV-Verteidger Guilherme Ramos (rechts) sieht die Rote Karte. Foto: dpa

Natürlich hat es das alles schonmal gegeben: einen erfolgreichen Saisonstart des HSV (2019, 2020, 2022). Einen spektakulären Sieg in Hannover (2022). Am Ende der Saison blieb der frühere Europapokalsieger dann doch jedes Mal in der Zweiten Liga hängen, und das gleich fünfmal hintereinander.

Doch es war kein Zufall, dass in Hannover alle von einer Weiterentwicklung sprachen. Oder wie Boldt es ausdrückte: „Wir werden noch resistenter. Wir haben nochmal ein paar Punkte verbessert, bei denen wir in den letzten Jahren noch Schwierigkeiten hatten.“

Die Bereitschaft, ein Ergebnis auch mal schmutzig und pragmatisch zu verteidigen, zum Beispiel. Die verstößt mittlerweile nicht mehr gegen Walters taktische Grundsätze. Nur noch eine halbe Torchance ließ die viel kritisierte HSV-Abwehr nach dem Platzverweis gegen starke Hannoveraner zu. „Wir haben zu Beginn der Saison mit einer komplett neuen Viererkette gespielt. Jetzt merkt man, dass das ein bisschen zusammenwächst“, sagte Mittelfeldspieler Jonas Meffert.

Hannover ist besser, HSV-Keeper zur Stelle

Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Die Hamburger konnten es sich anders als andere Zweitliga-Clubs leisten, auch nach fünf verpassten Aufstiegen nochmal fünf neue Topspieler zu holen und alle bisherigen Schlüsselfiguren des Kaders zu halten. Am Samstag fehlten Kapitän Sebastian Schonlau, Königstransfer Immanuel Pherai und der in den ersten drei Spielen viermal erfolgreiche Laszlo Benes. Für einen ambitionierten Gegner wie Hannover reichte es mit etwas Glück auch so.

Und so ist die Grundstimmung beim HSV aktuell so gut, dass Bakery Jatta für sein Siegtor nicht bloß ein handelsübliches Lob bekam, sondern ein besonders launiges. „Bei Baka ist es so“, sagte Trainer Walter: „Manchmal schießt er den Ball in die Maschen. Manchmal aber auch hier in den Maschsee. Heute hat es gepasst.“

Schatzschneider kritisiert Leitl: Mir passt seine Art nicht

Ex-Profi Dieter Schatzschneider hat deutliche Kritik an Stefan Leitl geübt. „Mir passt seine Art nicht”, sagte der 65-Jährige bei Sport1 über den aktuellen 96-Trainer. Zudem schlug sich der ehemalige Zweitliga-Rekordschütze Schatzschneider auf die Seite von Hannovers Mehrheitsgesellschafter Martin Kind, der Leitl nach den ersten Spielen mit mahnenden Worten bedacht hatte.

Bei Hannover 96 in der Kritik: Trainer Stefan Leitl.

Bei Hannover 96 in der Kritik: Trainer Stefan Leitl.

„Wenn der Chef früher etwas gesagt hat, dann wurde das so gemacht oder angenommen. Es wurde daran nicht rumgemäkelt”, sagte Schatzschneider weiter. Unter Leitl, der in der vergangenen Saison die Niedersachsen übernommen hatte, vermisst der ehemalige Torjäger die Entwicklung: „Man wollte sich aber von Jahr zu Jahr steigern, wie es auch beim HSV der Fall war. Bei 96 ist das aber leider nicht zu erkennen.”

Eine gewichtige Rolle im Meisterschaftskampf traut Schatzschneider seinem Ex-Club nicht zu: „Bisher haben wir gegen Clubs gespielt, die ich eher in der zweiten Tabellenhälfte sehe. In der nächsten Saison wollen wir gerne aufsteigen. Aber so werden wir es nicht schaffen”, sagte der 65-Jährige. (dpa)

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