Gemeinsamer Mittagstisch gegen die Einsamkeit

Gemeinsam essen macht mehr Spaß: Darin sind sich Gäste und Pastor Paul Benjamin Henke (zweiter von rechts) einig. Foto Felsch
Einmal im Monat bietet die Jorker St. Mathias Kirchengemeinde ein gemeinsames Essen im Gemeindehaus an – einen Mittagstisch gegen die Einsamkeit.
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Voller Erwartung sitzen rund 60 Frauen und Männer an den gedeckten Tischen im evangelischen Gemeindehaus der St. Matthias Kirche. Gleich gibt’s Grünkohl mit Würstchen, Kassler und Bauchfleisch. Hinterher Kaffee und Kuchen. Aber nicht nur wegen des leckeren Essens sind sie gekommen.
Es sei vielmehr die Geselligkeit, die sie schätzen, sagen Heino Wölper und Hildegard Döhring. Den Termin haben sich die beiden Jorker schon vor langer Zeit im Kalender notiert. Einmal im Monat zusammen mit Gleichgesinnten speisen und sich über Gott und die Welt unterhalten, das, so schwärmen sie, sei eine super Idee.
Den dritten Donnerstag im Monat hält sich auch Inge Richter immer frei. Seit ihr Mann tot ist, kommt die 85-Jährige regelmäßig. So wie Brigitte Höft. Die 71-Jährige aus Gehrden ist seit drei Jahren Witwe und freut sich schon Tage vorher auf das gemeinsame Essen und die Plauderei mit den Tischnachbarn.
„Da hat sich unser neuer Pastor mal richtig was Schönes einfallen lassen“, bringt es Brunhilde Raun-Oesmann auf den Punkt. Pastor Paul Benjamin Henke weist das Lob voller Bescheidenheit zurück. Der Dank gebühre eher den acht bis zehn ehrenamtlichen Frauen, die hinter den Kulissen dafür sorgen, dass alles reibungslos läuft und niemand hungrig nach Hause geht.
„Es ist doch eine selbstverständliche Aufgabe der Kirche, die Menschen zusammenzuführen und Angebote besonders für die Einsamen unter uns zu schaffen“, meint er. Vor ein paar Jahren hat der Theologe den Tipp bekommen, dass es viele Alleinlebende gibt. Nicht nur im Alten Land. Unter den Gästen sind auch Teilnehmer aus Stade. Ein Zeichen für Pastor Henke, dass das Mittagstisch-Ritual eine Chance ist, Menschen aus der Einsamkeit zu holen. „Essen ist ja auch sowas wie eine soziale Angelegenheit“, ist der Kirchenmann überzeugt, den das Thema tief bewegt. „Die Engländer leisten sich ein Ministerium für Einsamkeit, um der zunehmenden Vereinsamung von wachsenden Teilen der Bevölkerung entgegenwirken, eine traurige Tatsache, die auch in Deutschland Realität ist“, glaubt Henke.
Durch seine Arbeit habe er viele Menschen getroffen, die kaum jemanden haben, mit dem sie reden oder ihre Gedanken teilen können. Gerade das sei wichtig, sagt der Seelsorger. Und hat damit Recht. Einsamkeit kann Studien zufolge die Lebenserwartung reduzieren. Das Rote Kreuz spricht im Zusammenhang von Einsamkeit und Isolation sogar von einer „Epidemie im Verborgenen“, die Menschen aller Altersstufen und in den unterschiedlichsten Lebensphasen treffen könne – sei es nach dem Ausscheiden aus dem Job, nach Trennungen oder bei Trauerfällen. Um mit Anderen in Kontakt zu kommen, ist der Mittagstisch in der St. Mathias-Gemeinde immerhin eine Möglichkeit.
Zubereitet wird das Mahl in der Küche im Fährhaus Kirschenland und dann ins Gemeindehaus geliefert. Wer mag, kann einen Obolus zahlen. Aber das ist kein Muss – dank zahlreicher Spender wie dem Rotary-Club Altes Land und Einzelpersonen. Udo Feindt zum Beispiel hat mit seiner Laufgruppe im Mai 2016 mitgeholfen, das damals neue Projekt zu bewerben und erste Spenden zu akquirieren. Die Jorker Blumenhändlerin stiftet den Tischschmuck.
„Ich freue mich sehr über die vielen helfenden Hände, die zu einem guten Gelingen dieser Aktion beitragen“, sagt Pastor Henke.
Der Mittagstisch der Jorker Kirchengemeinde St. Matthias im Gemeindehaus wird immer am dritten Donnerstag im Monat angeboten.
Die nächsten Termine: 18. April und 16. Mai.
Weitere Informationen gibt es bei Pastor Paul Benjamin Henke unter 0 41 62 / 345, per Mail: KG.Matthias.Jork@evlka.de oder im Internet: