Zähl Pixel
Nach Klassenerhalt

Große Werder-Analyse: Wer bleibt, wer muss gehen?

Blieb bei seinem Startelf-Comeback blass: Werder-Stürmer Niclas Füllkrug.

Blieb bei seinem Startelf-Comeback blass: Werder-Stürmer Niclas Füllkrug.

Werder Bremen erreicht sein oberstes Saisonziel und hält die Erstliga-Klasse. Die Erleichterung überwiegt, doch die nächste Saison wird nicht einfacher. Werder muss wohl auch sparen.

Sonntag, 21.05.2023, 16:22 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Von Felix Schröder und Björn Knips

Nach dem perfekt gemachten Klassenverbleib blickt Werder Bremen erleichtert und zugleich etwas sorgenvoll auf die kommende Spielzeit. „Nächstes Jahr wird es nicht einfacher, das zweite Jahr ist immer das ekelhafteste“, sagte Kapitän Marco Friedl nach dem 1:1 (0:1) gegen den 1. FC Köln am Sonnabend und dem endgültig gelösten Ticket für die zweite Saison des Aufsteigers in der Fußball-Bundesliga.

Ein sichtlich erleichterter Ole Werner zog trotz der beschwerlichen Rückrunde ein zufriedenes Saisonfazit. „Dass wir es jetzt vorzeitig geschafft haben, dass wir uns - insgesamt gesehen - das ganze Jahr lang vom Strich fernhalten konnten, spricht noch mal mehr für die Arbeit der Mannschaft“, lobte der Trainer.

Die Feier des Klassenverbleibs am Abend nach dem mühsam erarbeiteten Punkt stand zwar im Vordergrund, doch im Hinterkopf des Teams dürften die etlichen knappen Niederlagen, dadurch verpasste Chancen zum früheren Klassenerhalt und die vielen Gegentreffer der Rückrunde auch eine Rolle gespielt haben. „Wir müssen uns für die nächste Saison schon gut vorbereiten“, sagte Friedl. Einiges in den vergangenen Wochen sei nicht gut gelaufen, stellte der Österreicher fest. Und das müsse deutlich angesprochen werden.

Werder Bremen steht vor einem Umbruch

Klar ist: Werder steht vor einem Umbruch. Wie groß dieser sein wird? Noch unklar. „Wir werden auf jeden Fall Veränderungen brauchen. Wir brauchen frisches Blut“, forderte Werner. Der Coach wünscht sich nicht nur Korrekturen auf einzelnen Positionen, sondern auch im Rollenverständnis einzelner Spieler. Auch die Art und Weise, wie man Fußball spielt, müsse weiterentwickelt werden. Werner hatte zuletzt die fehlende Kaderbreite des Clubs kritisiert.

Das hanseatische Aufgebot könnte sich vor allem in der Offensive nachhaltig verändern. Bremens Top-Torjäger Niclas Füllkrug (16 Treffer) und Marvin Ducksch (zwölf) werden beide mit einem Wechsel in Verbindung gebracht. Werder braucht Transfererlöse und ein hoch dotierter Verkauf würde dem Konto guttun. Im öffentlichen Fokus steht dabei vor allem die Zukunft von Füllkrug.

Der nach einer Wadenverletzung zurückgekehrte Nationalspieler klang fast ein wenig so, als dürften die Werder-Fans in der nächsten Saison mit dem begehrten Torjäger weiter rechnen. „Wir können uns weiter entwickeln und können im Laufe der nächsten Saison den nächsten Schritt machen“, sagte der 30-Jährige. Ein klares Bekenntnis blieb ohne große Überraschung aber aus. Zuletzt habe er wegen seiner Verletzung nicht viel Kontakt mit seinem Berater gehabt, erklärte der Top-Torjäger der Liga. „Auch da gibt es nichts Neues“, sagte er auf die Frage nach einem möglichen Wechsel.

 

Wer bleibt, wer geht beim SV Werder Bremen?

Fünf Torhüter, zehn Abwehrspieler, sieben Profis für das Mittelfeld und vier Angreifer – so präsentiert sich der aktuelle Kader.  

Diese Spieler werden ganz sicher bleiben: 

Sie bleiben ganz sicher: Jiri Pavlenka (31) und Michael Zetterer (27) werden weiterhin das Torhüter-Duo bei Werder Bremen bilden. Beide haben ihre Verträge verlängert und sich fast schon „Lebenslang Grün-Weiß“ verordnet. Gleiches gilt für Anthony Jung (31) und Christian Groß (34), die im Herbst ihrer Karriere noch einen Vertrags-Nachschlag bei Werder erhalten haben. Auch Leonardo Bittencourt (29) hat erst in dieser Saison ein neues Arbeitspapier unterschrieben – und Niklas Schmidt (25) schläft wahrscheinlich längst in grün-weißer Bettwäsche. Niklas Stark (28) ist nach seinem Wechsel von Hertha BSC an die Weser wie erhofft zum Leistungsträger geworden und schätzt seine neue sportliche Heimat – genauso wie der Ex-Bielefelder Amos Pieper (25). Von den Torhütern darf auch Mio Backhaus (19) bleiben, er wird Stammkeeper der U23 und die Nummer drei bei den Profis.

Diese Spieler werden höchstwahrscheinlich bleiben:

Eher hier als weg: Bei Milos Veljkovic (27) wird eigentlich in jedem Sommer spekuliert, ob er geht – und dann bleibt der Serbe doch. Daran wird sich wohl nichts ändern. Auch bei Marco Friedl (25) wird schon länger der nächste Schritt erwartet, doch der blieb bisher aus. Stattdessen wurde er Kapitän und hat angekündigt, dass auch länger bleiben zu wollen. Trotzdem könnten plötzlich Interessenten auftauchen, noch mehr sogar bei Ilia Gruev (23) und Jens Stage (26). Letzterer soll durch seine gute Rückrunde bereits im Notizblock einiger Clubs in Europa stehen. Bei Gruev gilt das schon länger, weil dem bulgarischen Nationalspieler viel Potenzial als Sechser nachgesagt wird. Bei Werder Bremen darf er das nicht so oft zeigen, weil Ole Werner lieber Groß vertraut. Der Coach betont aber auch, dass Gruev bei Werder die Zukunft gehört. Bei Romano Schmid (23) ist das ähnlich, der Österreicher wünscht sich ebenfalls mehr Startelf-Einsätze und könnte bei einem entsprechenden Angebot zumindest hellhörig werden.

Ein gewisser Fabio Chiarodia (17) bekommt da sicher noch mehr zu hören, denn viele Topclubs – speziell aus seiner italienischen Heimat – sind heiß auf das Abwehrtalent des SV Werder Bremen. Trotz Ausstiegsklausel hat der gebürtige Oldenburger bislang dem Werder-Weg vertraut, danach sieht es auch jetzt aus. Bei Dikeni Salifou (19) riecht es nach langer Verletzungspause nach einem Neustart bei den Profis, eine Ausleihe ist aber nicht ausgeschlossen.

Diese Spieler werden wahrscheinlich gehen:

Wahrscheinlich weg: Niclas Füllkrug (30)! Der Nationalspieler sucht eine neue Herausforderung, will sich sportlich und finanziell verbessern. Bei Marvin Ducksch (29) wirkt das ähnlich, eine Ausstiegsklausel in Höhe von sieben Millionen Euro macht es ihm sogar noch leichter zu wechseln als seinem Sturmpartner. Eigentlich wäre dann Platz im Sturm für Eren Dinkci (21), doch der kann kaum noch auf sich aufmerksam machen – und in Justin Njinmah (22) kehrt ein ähnlicher Spielertyp von seiner erfolgreichen Leihe bei Borussia Dortmund zurück. Dinkci dürfte genauso ausgeliehen werden wie Lee Buchanan (22). Mit dem ablösefrei geholten Engländer wollen die Bremer eigentlich irgendwann groß Kasse machen mit einem Transfer zurück auf die Insel – nur ist das schwierig, wenn auf der linken Seite stets Jung verteidigt und Buchanan nur Zuschauer ist.

Auf der anderen Seite ist Mitchell Weiser (29) gesetzt und gehört zu den besten Schienenspielern der Liga. Er wird lukrative Angebote bekommen und dann schwer zu halten sein. Für Felix Agu (23) war es eine Saison zum Vergessen. Erst kam der Außenverteidiger wieder nicht an Weiser vorbei, dann war er verletzt. Bei ihm ist ein Neustart als Leihspieler bei einem Zweitligisten sehr wahrscheinlich. Auch für Manuel Mbom (23) dürfte es bei Werder Bremen leistungsmäßig nicht mehr reichen, obwohl er sich nach seinem Achillessehnenriss zurückgekämpft hat.

Diese Spieler werden ganz sicher gehen:

Ganz sicher weg: Am 30. Juni endet die Leihe von Maximilian Philipp (29), er muss zurück zum VfL Wolfsburg. Dass Werder Bremen nicht auf ihn setzt, haben die beiden letzten Partien gezeigt: Obwohl Füllkrug fehlte, saß Philipp nur auf der Bank, für ihn stürmte in Romano Schmid ein Mittelfeldspieler. Louis Lord (19) muss Werder verlassen, der Vertrag des Torwarttalents wird nicht verlängert. Auch Keeper Eduardo dos Santos Haesler (24) soll gehen.

Diese verliehenen Spieler kommen zurück:

Wer kommt zurück? Gleich acht Leihspieler stehen ab dem 1. Juli wieder bei Werder Bremen unter Vertrag: Oliver Burke (26/FC Millwall), Nicolai Rapp (26/1. FC Kaiserslautern), Nick Woltemade (21/SV Elversberg), Justin Njinmah (22/Borussia Dortmund), Yannik Engelhardt (22/SC Freiburg), Abdenego Nankishi (20/Heracles Almelo), Oscar Schönfelder (22/Jahn Regensburg) und Kyu-hyun Park (22/Dynamo Dresden). Bislang ist nur Njinmah für die neue Saison fest eingeplant. Burke soll nach England verkauft werden. Von den anderen Leihspielern haben eigentlich nur Woltemade, Engelhardt und mit Abstrichen Park eine Chance auf eine Zukunft bei Werder. (kni/dpa)

Weitere Themen

Weitere Artikel