HSV-Trainer Baumgart: „Sehe noch interessanten Weg vor uns“

Hamburgs Trainer Steffen Baumgart an der Seitenlinie. Foto: Christian Charisius/dpa
Der HSV verpasst den zweiten Sieg im zweiten Spiel und den perfekten Start in die Zweitliga-Saison. Die Spieler sind nach dem 1:1 gegen Hertha BSC selbstkritisch, Trainer Steffen Baumgart ist milder.
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An Selbstkritik mangelte es den Spielern des Hamburger SV nicht. Nach dem späten und leistungsgerechten 1:1 gegen Hertha BSC war niemand da, der irgendetwas schönredete. „Wir wissen, dass wir die Qualität haben, jeden Gegner zu schlagen“, analysierte Daniel Elfadli. „Das haben wir heute erneut gezeigt, aber wir müssen es über die gesamte Spielzeit hinweg abrufen. 45 oder 60 Minuten reichen da einfach nicht aus.“
Sein Kollege aus dem defensiven Mittelfeld pflichtete ihm bei. „In der zweiten Hälfte wollten wir eigentlich aktiv weiterspielen, aber das ist uns leider nicht so gut gelungen. Wir hätten mutiger auftreten müssen“, sagte Jonas Meffert.
Statt eines perfekten Saisonstarts mit zwei Siegen nach zwei Spielen in der 2. Fußball-Bundesliga musste sich der HSV durch den Ausgleichstreffer des Berliner Jonjoe Kenny in der 86. Minute mit einem Punkt begnügen. Dass nur wenige Sekunden zuvor Immanuel Pherai mit einem Freistoß nur den Innenpfosten des Hertha-Tores traf, ist eine besondere Variante von Dumm-Gelaufen. „So ist Fußball“, sagte HSV-Trainer Steffen Baumgart lapidar.
Erst stark, dann passiv
Die erste Halbzeit sei klar an den HSV gegangen, die zweite Halbzeit klar an Hertha BSC, meinte der 52-Jährige treffend. Er und sein Team würden damit leben können. „Wir werden aber auch gucken, was wir hinsichtlich der zweiten Halbzeit besser machen können beim nächsten Mal.“
Dass mehr als ein Remis hätte herausspringen können vor 57.000 Zuschauern, war jedem klar beim HSV. Nach der Führung durch Ransford Königsdörffer (11.) hatten die Hamburger genug Chancen, noch vor der Pause das Ergebnis auszubauen. Die beste vergab Ludovit Reis, als er aus kurzer Entfernung am stark reagierenden Berliner Torwart Tjark Ernst scheiterte.
Doch wie schon beim 2:1-Erfolg zum Saisonauftakt beim Absteiger 1. FC Köln wurde die Mannschaft in der zweiten Halbzeit zu passiv. Am Ende hatten die einstigen Hamburger Ballbesitz-Experten über die gesamte Spielzeit relativ niedrige 48 Prozent Ballbesitz.
Baumgart: „Eine Entwicklung, die wir machen wollen“
In der vergangenen Saison hätte er sich noch entschuldigen müssen, wenn der HSV gegen Mannschaften mit 30 Prozent Ballbesitz verloren hätten, sagte Baumgart. Es sei nicht eingeplant gewesen, so wenig Ballbesitz zu haben. „Aber es ist eine Entwicklung, die wir machen wollen, die wir machen müssen“, sagte er. Wenn man ihn heute frage, „bin ich mit der Entwicklung der Mannschaft zufrieden. Sehe aber noch einen interessanten Weg vor uns“.
Immerhin: der HSV holte in den ersten beiden Spielen gegen zwei potenzielle Aufstiegskonkurrenten vier Punkte. Kein perfekter, aber ein solider Start. Und die Perspektive ist gut.
Jeweils eine Halbzeit wirkte die Mannschaft in den Partien in Köln und gegen Hertha BSC gereift. Vom bisweilen selbstzerstörerischen Tim-Walter-Hurra-Stil ist nichts mehr übrig. Es hat den Anschein, dass unter Baumgart der HSV in seiner siebten Saison die 2. Bundesliga besser versteht.
Das zeigt sich besonders in der Defensive. Kapitän Sebastian Schonlau und Dennis Hadzikadunic bilden ein starkes Innenverteidiger-Duo. Gerade Hadzikadunic profitiert von Baumgart. Die Anforderungen von dessen Vorgänger Walter konnte der 26-Jährige nicht nachvollziehen. Jetzt kann er sich besser auf seine Kernkompetenz Verteidigen konzentrieren.
Neuzugang Elfadli ein Gewinn
Das defensive Mittelfeld wurde durch die Verpflichtung von Elfadli eindeutig gestärkt. Gemeinsam mit Meffert bildet der Ex-Magdeburger eine vielversprechende Kombination. Und in Neuzugang Silvan Hefti, der gegen Hertha in der Schlussphase eingewechselt wurde, hat der HSV eine starke Option auf der rechten Abwehrseite.
Um den Angriff muss sich Ex-Stürmer Baumgart derzeit weniger Gedanken machen - obwohl Torjäger Robert Glatzel und Davie Selke nach ihren schwierigen Verletzungen noch nicht im Vollbesitz ihrer Kräfte sind. Sie werden durch Königsdörffer derzeit bestens vertreten. Der 22-Jährige hat bislang alle drei HSV-Tore in der Saison erzielt. Damit hat er schon häufiger getroffen als in der vergangenen Spielzeit (2 Tore).
„Ransi hat eine sehr, sehr gute Vorbereitung gemacht“, lobte Baumgart. „Er ist ja nicht nur an den Toren zu bewerten, sondern an den vielen Zweikämpfen, die er führt. Und er hat den ein oder anderen Angriff sehr gut eingeleitet.“ Und erst einmal sei Königsdörffer „die Nummer eins“.