Hambacher Forst im Vollhöfner Wald
Eine Gruppe von Aktivisten besetzt Bäume im Vollhöfner Wald. Mit ihrer Aktion wollen sie verhindern, dass Hamburg Port Authority (HPA) den Auftrag zur Rodung des rund 45.000 Hektar großen Waldes erteilt.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
„Wir sind hier, um den Wald zu verteidigen. Wir empfinden unsere Form des Widerstandes als notwendig, da jetzt Handeln gefordert ist, um eine globale Klimakatastrophe abzuwenden“, heißt es in einer Mitteilung der Baumbesetzer. Sie seien hier, heißt es weiter, um sich der „Hafenbehörde in den Weg zu stellen“. Sie wollten sich dabei nicht auf „politisches Handeln verlassen, da dieses offensichtlich versagt, das Ausmaß der Katastrophe unserer Zeit zu erkennen“.
Mitten im Wald haben sie ein Baumhaus gebaut. Alles macht den Anschein, als richteten sich die jungen Waldschützer auf einen längeren Aufenthalt in ihrem Baumhaus ein. Die Polizisten seien schon mehrfach bei ihnen gewesen. „Sie waren sehr nett. Aber wir wissen, dass die Polizei den Wald umstellt hat, und aus Erfahrungen im Hambacher Forst ist uns klar, dass uns die Räumung durch die Polizei droht“, erzählen sie. Namen will hier niemand nennen. Sie seien bereit, erzählen die Aktivisten, bis zum bitteren Ende den Vollhöfner Wald vor den Kettensägen schützen zu wollen mit ihrem friedlichen Protest.
Die Aktion war nicht abgesprochen mit der Klimaschutzinitiative Vollhöfner Wald, die sich seit geraumer Zeit für den Erhalt der etwa 23 000 Bäume einsetzt. Der Bezirk Harburg hat sich ebenfalls geschlossen gegen die Rodung des Naturwaldes ausgesprochen. Da gab es aber eine klare Antwort von der HPA: Der Wald muss weg. Vor einigen Wochen hatte Hamburgs Umweltsenator Jens Kerstan seine Parteifreunde während der Landesmitgliederversammlung der Grünen mit der Information überrascht, er habe ein Moratorium mit Wirtschaftssenator Michael Westhagemann beschlossen: Der Vollhöfner Wald werde nicht gefällt bis Februar 2020.
Auf Nachfrage bei der Hamburger Wirtschaftsbehörde heißt es jetzt allerdings: „Es gibt kein Moratorium, weil es keines braucht. Vor 2023 wird da sowieso nichts gerodet“, sagt Behördensprecherin Susanne Meinecke. Die Fläche, auf der der Wald seit mehr als 50 Jahren völlig ohne Eingreifen des Menschen wächst, gehört HPA und ist Hafenentwicklungsgebiet.
„Es hat ein Telefonat zwischen Herrn Kerstan und Herrn Westhagemann gegeben, in diesem Telefonat haben beide Senatoren verabredet, dass vor kommendem Februar nichts mit diesem Wald passieren wird“, widerspricht der Sprecher der Hamburger Umweltbehörde, Björn Marzahn, seiner Kollegin von der Wirtschaftsbehörde. Wenn es nun aus der Wirtschaftsbehörde heiße, so Marzahn weiter, eine Rodung sei sowieso nicht vor 2023 geplant, „freuen wir uns natürlich sehr“.
{picture1}
„Der Aussage der Wirtschaftsbehörde, dass sich in Altenwerder West vor dem Jahr 2023 nichts tut, trauen wir nicht so ganz“, sagt Marco Kuhn von der Klimaschutzinitiative. Kuhn macht klar, dass die Klimaschutzinitiative sich in ihrem Engagement für den Erhalt des Waldes trotz dieser Aussage nicht irritieren lässt. Von den Hamburger Grünen sei man südlich der Elbe enttäuscht.
Entgegen der Ankündigung der Harburger Bezirksabgeordneten der Grünen, Dr. Gudrun Schittek, landete der Erhalt des Vollhöfner Waldes am Ende doch nicht im Wahlprogramm der Hamburger Grünen. Das wurde während der Mitgliederversammlung verabschiedet.
Schittek vertritt die Harburger Grünen im Landesausschuss der Grünen in Hamburg. Sie hatte für die Harburger den Antrag an den Landesverband gestellt, den Bestandsschutz des Vollhöfner Waldes in das Wahlprogramm aufzunehmen. Laut Schittek sollte der Erhalt des Altenwerder Waldes dann auch in einen Koalitionsvertrag nach der Wahl einfließen. Der Antrag wurde nun doch in der Versammlung abgebügelt. Abgesehen von den Harburger Grünen, die sich massiv für den Erhalt des Waldes einsetzten, so der Klimaschützer – Kuhn arbeitet als Umwelttechniker – „haben wir uns bisher schon sehr darüber gewundert, dass noch kein Politiker von den Hamburger Grünen zu uns den Kontakt gesucht hat und mit uns in den Dialog getreten ist.
Lediglich die Bürgerschaftsabgeordneten der Fraktion Die Linke bringen das Thema Vollhöfner Wald in der Bürgerschaft immer wieder aufs Tableau“. Kuhn kündigt an, dass die Initiative auch weiterhin Aktionen wie beispielsweise die sonntäglichen Spaziergänge durch den Vollhöfner Wald durchführen wird.
Für die Klimaschützer jedenfalls steht fest: Sie werden weiter für den einzigartigen Wald in Altenwerder-West kämpfen – auch ohne die Unterstützung der Hamburger Grünen. Kuhn: „Wir sehen doch, dass in Hamburg weiter wertvoller Baumbestand gerodet wird, auch mit einer grünen Umweltbehörde.“
Mehr Informationen zur Arbeit der Initiative Vollhöfner Wald gibt es im Internet.