Jorker und Franzosen wollen Freundschaft pflegen

Sie leben die deutsch-französische Freundschaft: Jorks Bürgermeister Gerd Hubert (rechts) begrüßt die Freunde aus der Partnerregion Presqu‘Ile de Brotonne vor dem Rathaus gemeinsam mit den Gastfamilien sowie den Vertretern der Vereine und der Politik. Fotos Vasel
Vor allem die Kinder und Jugendlichen aus den Vereinen müssen jetzt für die kommunale Partnerschaft begeistert werden, damit die deutsch-französische Freundschaft zwischen Jork und den Gemeinden der Presqu‘Ile de Brotonne lebendig bleibt.
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Aus den einstigen „Erbfeinden“ sind längst Freunde geworden: 1986 hatten die Gemeinde Jork und die fünf Gemeinden der Presqu‘Ile de Brotonne (Normandie) ihre Partnerschaft besiegelt und seitdem die deutsch-französische Freundschaft – ganz im Geiste von Charles de Gaulle und Konrad Adenauer („Élysée-Vertrag“) – auf lokaler Ebene gepflegt.
Damit diese in Zukunft nicht zu Treffen der Honoratioren verkümmert, setzen Franzosen und Altländer jetzt auf die jüngeren Generationen und die Vereine.
Völkerfreundschaft, für die Altländer ist das keine leere Worthülse. Erste Kontakte waren bereits 1980 von dem damaligen Bürgermeister Cord Michels und dem Gemeindedirektor Richard Kladiwa geknüpft worden, in der jüngsten Zeit hatte sich vor allem Ratsherr Michael Eble für eine Revitalisierung der Partnerschaft eingesetzt. Schüler der Oberschule besuchten das Collège Victor-Hugo in Caudebec-en-Caux in der Normandie. Vier Tage lang haben die Franzosen jetzt Jork besucht, verbunden mit Ausflügen nach Hamburg und einem Einblick in den Obstbau. Dieser verbindet die Regionen, schließlich ist der Apfelanbau für den Calvados ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Halbinsel mit 5000 Einwohnern an der Seine.
Bei einem Workshop in der Alten Wache und einem Empfang im Rathaus haben sie – bei Gesprächen mit den örtlichen Vereinen wie dem TuS Jork und der Showband Jork und der Feuerwehr – Vorschläge gesammelt, um die deutsch-französische Freundschaft auch in Zukunft lebendig zu halten. „Die Freundschaft muss auf neue, auch jüngere Beine gestellt werden“, betonte Bürgermeister Gerd Hubert (BVJ) beim Empfang. Sport, Kultur und Feuerwehr, das sollen die Hauptsäulen einer auf eine breitere Basis gestellten Partnerschaft werden. Erste Adressen wurden ausgetauscht, mit der Unterstützung der Jorker Verwaltung will Koordinator Eble jetzt den Austausch intensivieren, auch der auf Eis gelegte Schüleraustausch soll wieder aufleben.
Musiker der Kreisjugendmusikschule spielte zur Begrüßung.
So könnten sich Alexander Cohrs von der Showband Jork und Cyndie Collé von der „Hormanie de Brotonne“ vorstellen, sich bei Festen regelmäßig zu besuchen; denkbar sei, dass die Franzosen einen Auftritt beim Blütenfest bekommen. Deutsch-französische Freundschaft „lebe von der Verbindung zwischen Menschen wie du und ich, nicht allein durch die Kontakte von Politikern“, so die 29-Jährige. Dr. Dirk Köpcke von der Feuerwehr würde sich freuen, wenn die Franzosen beim Blütenmarsch antreten würden. Hans-Heinrich Hatecke, Vorsitzender des TuS Jork, könnte sich einen sportlichen Austausch vorstellen. „Sport ist international, die Sprachbarriere spielt nicht eine so große Rolle“, so der Altländer. Beachvolleyballer und Jugendfußballer des TuS Jork, aber auch Handballer vom MTV Wisch wären sicher „gute Botschafter“, betonte der Erste Gemeinderat Matthias Riel. Denn vor allem die Kinder und Jugendlichen aus den Vereinen müssten jetzt für die kommunale Partnerschaft begeistert werden. Das sieht Handballer Quentin Dros (17) vom Handballverein Brotonne-Le Trait ähnlich, zumal der „deutsche Handball echt gut“ sei.
Cyndie Collé (29) und Quentin Dros (17) aus Frankreich sind die jüngsten Gäste.
Der langjährige ehrenamtliche Bürgermeister André Leborgne aus Arelaune-en-Seine – entstanden 2016 aus der Fusion von La Mailleraye-sur-Seine und Saint-Nicolas-de-Bliquetuit – unterstrich in seiner Rede die Bedeutung der Partnerschaft. Insbesondere in Zeiten eines wieder erstarkenden Nationalismus und ethnozentrischer Ideologien, aber auch des Extremismus sei es wichtig, die deutsch-französische Freundschaft auf allen Ebenen zu pflegen. „Wir müssen verhindern, dass es jemals wieder Krieg gibt“, so Leborgne mit Verweis auf die beiden Weltkriege und die Überwindung der „Erbfeindschaft“ auch durch den Élysée-Vertrag von 1963. Der drohende Brexit und auch das Erstarken von rechtspopulistischen Strömungen wie der Schwedendemokraten erfüllen ihn mit großer Sorge. Es gelte „wachsam zu bleiben und die europäische Idee zu bewahren“. Das sei Aufgabe der Jugend. „Es lebe die Brüderlichkeit“, mit einem der drei großen Losungsworte der Französischen Revolution schloss der Politiker seine Rede.