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Ex-Bundesliga-Trainer

Mehr als 30 Handballerinnen erheben Vorwürfe gegen André Fuhr

André Fuhr, ehemaliger Bundesliga-Trainer von Borussia Dortmund und Honorarcoach beim DHB. Foto: dpa-Bildfunk

André Fuhr, ehemaliger Bundesliga-Trainer von Borussia Dortmund und Honorarcoach beim DHB. Foto: dpa-Bildfunk

Immer mehr Betroffene wie Zeuginnen melden sich bei der Beratungsstelle von Athleten Deutschland. Künftig soll es eine weitere Anlaufstelle bei Gewalt im Sport geben.

Dienstag, 25.10.2022, 11:36 Uhr

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Mehr als 30 Personen haben sich mit Berichten über Handball-Trainer André Fuhr an die Beratungsstelle „Anlauf gegen Gewalt“ gemeldet. „Wir können bestätigen, dass sich über 30 Personen im Zusammenhang mit diesem Fall an Anlauf gegen Gewalt gewandt haben. Darunter waren Betroffene und Umstehende, die entsprechende Vorfälle beobachtet haben“, wie Athleten Deutschland auf dpa-Anfrage mitteilte. Zunächst hatte der „Spiegel“ berichtet, dass zahlreiche Spielerinnen psychisch unter der Trainingsarbeit des ehemaligen Trainers von Borussia Dortmund gelitten hätten.

Von der Fuhr-Anwältin gab es auf dpa-Anfrage zunächst keine Stellungnahme zu den neuen Vorwürfen.

Schwere Vorwürfe gegen Handball-Trainer André Fuhr

Mit ihrer fristlosen Kündigung beim Frauen-Bundesligisten Borussia Dortmund wegen ihres Trainers André Fuhr hatten die Handball-Nationalspielerinnen Mia Zschocke und Amelie Berger den Fall Mitte September öffentlich gemacht. Der Verein trennte sich kurz darauf von Fuhr, wies aber darauf hin, dass dies „ausdrücklich nicht mit einer Vorverurteilung verbunden“ sei.

Der 51 Jahre alte Fuhr war seit 2019 zudem auf Honorarbasis für den Deutschen Handballbund tätig. Fuhr selbst hatte den DHB darüber informiert, „dass er aufgrund der aktuellen Diskussionen um seine Person nicht für den Aufbau der neuen U19/20-Nationalmannschaft zur Verfügung steht“, hieß es damals in einer Verbandsmitteilung.

Fall Fuhr: So reagieren DHB und HBF

Am Montag teilte der Deutsche Handballbund in einer weiteren Stellungnahme mit, dass die „in den vergangenen Tagen veröffentlichten Vorwürfe gegen den Handball-Trainer André Fuhr in keiner Weise im Einklang mit den Werten des Handballsports“ stünden. „Der Deutsche Handballbund fühlt mit den betroffenen Spielerinnen und nimmt die Vorwürfe sehr ernst, hinterfragt das eigene Vorgehen kritisch und überprüft seine Prozesse“, hieß es.

„Die Betroffenheit bei uns und unseren Mitgliedern ist natürlich groß“, sagte der ehemalige Handball-Nationaltorhüter Andreas Thiel als Vorstandsvorsitzender der Handball Bundesliga Frauen. „Wir müssen und werden gemeinsam mit ihnen aktiv daran arbeiten, das Wohl der Spielerinnen bestmöglich und dauerhaft zu schützen.“

Nationalmannschaftskapitänin Emily Bölk appellierte, die Vorfälle intensiv aufzuarbeiten. Es sei wichtig, für das Thema zu sensibilisieren, "dass es solche Probleme gibt". Nun seien die Vereine, die Liga und der Verband gefordert. "Das Wichtigste wird sein, dass die Betroffenen zu Wort kommen und ihre Wünsche für die Zukunft äußern können", sagte die gebürtige Buxtehuderin.

DHB-Kapitänin Emily Bölk aus Buxtehude. Foto: Guido Kirchner/dpa

DHB-Kapitänin Emily Bölk aus Buxtehude. Foto: Guido Kirchner/dpa

Gewalt im Sport: Neue Anlaufstelle vor Gründung

In diesem Sommer wurde von Bund, Ländern und organisiertem Sport beschlossen, dass eine bundesweite unabhängige Ansprechstelle für Betroffene von sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im Sport eingerichtet werden soll. Die Kernaufgabe des Vereins „Safe Sport" besteht in der Förderung eines gewaltfreien Sports und der Verbesserung der Rahmenbedingungen für Sportlerinnen und Sportler beim Training und im Wettkampf.

Die Aufgabe der Ansprechstelle soll es sein, Betroffene sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im organisierten Spitzen- und Breitensport zu unterstützen, zu beraten und bei Bedarf an spezifisch zuständige und kompetente Stellen zu vermitteln. Das Angebot richtet sich sowohl an Kinder und Jugendliche als auch an Erwachsene, die aktuell betroffen sind oder in der Vergangenheit betroffen waren.

Die Ansprechstelle soll vernetzt arbeiten und mit anderen Einrichtungen außerhalb des organisierten Sports kooperieren.

„Safe Sport“-Gründung Anfang November

Im Rahmen der nächsten Sportministerkonferenz am 3./4. November soll die Gründungsversammlung des Vereins stattfinden. Sowohl der Bund als auch die Länder werden dem Verein beitreten.

„Mit der Gründung des Vereins ,Safe Sport' können wir Betroffene von sexualisierter, psychischer und physischer Gewalt im organisierten Spitzen- und Breitensport zukünftig deutlich effektiver beraten und unterstützten. Gerade in solch belastenden Extremsituationen sind professionelle und sensible Ansprechpartner wichtig und notwendig", sagt Niedersachsens Sportminister Boris Pistorius. (dpa/st)

Innenminister Boris Pistorius (SPD) ist in Niedersachsen für den Sport zuständig.

Innenminister Boris Pistorius (SPD) ist in Niedersachsen für den Sport zuständig.

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