Nicole Lechtenböhmer: Das Ziel ist der Weg – besonders im Reisebüro

Die gelernte Reiseverkehrskauffrau Nicole Lechtenböhmer (48) ist 2003 ins Familienunternehmen eingestiegen und leitet seit 2012 alle Geschäfte. Foto: Balzer
Sie weiß gar nicht, was ihr nähersteht: der Kunde oder der Mitarbeiter. Beziehungsweise die Mitarbeiterin. In den sechs von ihr geführten Reisebüros arbeiten ausschließlich Frauen. TAGEBLATT-Mitarbeiterin Julia Balzer sprach mit Nicole Lechtenböhmer.
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„Jede Mitarbeiterin sollte den Urlaub unserer Kunden so planen, als sei es ihr eigener“, sagt sie und definiert damit den Qualitätsanspruch der Produkte und Dienstleistungen, die die First Reisebüros in Stade und Umgebung anbieten. Zurzeit immer noch im Trend seien die Flusskreuzfahrten, ein Ende des Booms sei im Moment nicht abzusehen. Schon früh erkannt und auf das „Schiff“ mit aufgesprungen, hat Nicole Lechtenböhmer schon 2003 diese neue Art des Urlaubs in ihr Reiseangebot aufgenommen. Das Besondere dabei: Abfahrt und Ankunft in Stade. Meistens jedenfalls. Wenn nicht gerade Dürre herrscht wie im Sommer 2018 und die Flüsse an manchen Stellen nicht genug Wasser führen. Dann kann es passieren, dass der Abfahrtshafen ein paar Kilometer flussaufwärts verlegt wird oder es aufgrund längerer Wartezeiten an den Schleusen andere Umstände gibt, weshalb zügig und unbürokratisch umdisponiert werden muss. Dann kommt die Frau zum Einsatz, die immer eine Lösung findet und gut darin ist, schnell zu entscheiden und entsprechend zu organisieren. Wenn Nicole Lechtenböhmer dann eben noch mit an Bord geht und die Gäste begrüßt, ist aus der Lösungsmanagerin die Gastgeberin geworden.
Neben Flusskreuzfahrten von und bis Stade gibt es natürlich noch viele andere Reiseangebote an Land und auf dem Wasser im Portfolio der Reisebüros von Nicole Lechtenböhmer. Besonders beliebt sind Gruppenreisen – gern auch als „betreute Reisen“ – für die es eigens eine Abteilung gibt, die für das Rundum-Programm zuständig ist. „Ein Erfolgsrezept, auch dank unserer Mitarbeiterinnen, denen von der Planung bis zur Reisebegleitung einiges abverlangt wird“, weiß Lechtenböhmer. Die Rückmeldung der Gäste, das positive Feedback, sei Anerkennung und ein wichtiger Motivationsfaktor für die Mitarbeiterinnen.
Wie können Reisebüros gegen das Internet bestehen? Der persönliche Kontakt und eine große Portion Wohlbefinden sind Nicole Lechtenböhmer nicht nur für die Kunden wichtig, sondern besonders auch für ihre Mitarbeiterinnen. Denn nur so könne ein Klima geschaffen werden, in dem die Mitarbeiterin sich wohlfühlt und der Kunde sich gut aufgehoben fühlt. In Zeiten des Internets enorm wichtig, denn was rechtfertigt noch die Existenz von Reisebüros? „Alles was ich nicht kann, source ich aus“, empfiehlt Nicole Lechtenböhmer ihren Kunden und meint damit, dass zu Zeiten von Terror, zunehmenden Wetterkapriolen, Streiks oder Ausfällen ganzer Fluglinien die Reisenden am besten über ihr Reisebüro informiert und betreut werden. Wer bekommt schon, der via Internet gebucht hat, Auskunft über Flugverspätungen oder Hotelstornierungen geschweige denn darüber, dass Umbuchungen vorgenommen werden? „Das Sicherheitsbedürfnis der Deutschen spielt uns hier in die Karten, und deshalb schätzen viele Kunden die Kommunikation und professionelle Abwicklung durch das Reisebüro“, sagt Lechtenböhmer. Und: Das persönliche Kundengespräch und die persönliche Empfehlung könne kein Kundenbewertungsportal ersetzen.
Für die 50 Mitarbeiterinnen, von denen die meisten in Teilzeit arbeiten, werden Problemlösungen von der Chefin selbst angepackt. Offene Gespräche, kurze Dienstwege und die gemeinsame Suche nach Lösungen sorgen für ein Arbeitsverhältnis auf Augenhöhe. Die transparente Darlegung von Kosten und Umsatzzahlen sorgt dafür, dass sich alle ein Stück weit nicht nur als persönlicher Betreuer für das Reiseglück der Kunden fühlen, sondern auch als Unternehmerin im Unternehmen.
Expansion? „Weniger ist mehr“, sagt die Chefin und denkt eher daran, die einzelnen Reisebüros zu stärken als neue zu eröffnen. Der Umgang mit Wachstum, ihren Mitarbeiterinnen und der immer wiederkehrenden Frage „Was muss ich tun, um am Ball zu bleiben?“ sind für Nicole Lechtenböhmer der Weg, der beschritten werden muss, um sowohl unternehmerische als auch attraktive Reiseziele nicht aus den Augen zu verlieren.
- 1977 Gründung des First Reisebüros in der Hökerstraße, Stade
- 1983 Bremervörde
- 1990 Cuxhaven
- 1996 Drochtersen, wurde 2009 geschlossen
- 1994 Hagenow und Himmelpforten kamen hinzu
- 2002 Kauf des Reisebüros Arnold in Harsefeld