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Pella Sietas-Werft baut Saugbagger

Die Pella Sietas-Werft hat einen Großauftrag an Land ziehen können: Die Wasser- und Schifffahrtsverwaltung (WSV) des Bundes orderte einen Saugbagger. Die Werft-Chefin Natallia Dean kündigt gegenüber dem TAGEBLATT an, die Zahl der Mitarbeiter aufzustocken.

Von Björn Vasel Donnerstag, 15.12.2016, 18:25 Uhr

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„Wir sind hocherfreut über diesen Auftrag“, sagte Natallia Dean dem TAGEBLATT, „es ist ein sehr sportlicher Zeitplan“. Schließlich soll der Laderaum-Saugbagger „bereits im Dezember 2018 abgeliefert“ werden. Die Sietas Pella-Konstrukteure würden sich jetzt an das Werk machen, Ende 2017 beginnen die Werftarbeiter nach der Kiellegung mit dem Bau.

Dean will jetzt neue Arbeitsplätze im Bereich Konstruktion und Schiffbau schaffen – einige fest, andere werden über Leiharbeit und Werkverträge auf der Werft arbeiten. Bislang sicherte die Überholung von Hafenfähren, der Bau von Blöcken für zwei Kreuzfahrtschiffe der Meyer-Werft in Papenburg und der Einbau von Abgaswäschern, im Fachjargon Scrubber, auf Bulkcarriern die Jobs. Gegenwärtig arbeiten auf der bereits 1635 gegründeten und Anfang 2014 von „Pella Shipyard“ aus St. Petersburg (Russland) geretteten Werft laut Pella Sietas-Direktorin Natallia Dean 200 Mitarbeiter. Im Insolvenzverfahren hatten die Neuenfelder im Herbst 2012 ihren vorerst letzten Saugbagger, die 118 Meter lange „Eke Möbius“ vom Typ 180a, an das zur österreichischen Strabag-Gruppe gehörende Wasserbaufirma Möbius ausgeliefert. Damals zählte die älteste deutsche Werft noch 400 Beschäftigte.

Haupteinsatzgebiet des neuen Baggers wird die Tideelbe sein, sagte die Sprecherin der Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes in Bonn. Der Bund hatte im Vorfeld eine Wirtschaftlichkeitsberechnung angestellt, unter dem Strich sei es günstiger, ein eigenes Baggerschiff auf der Elbe einzusetzen; bislang hatten die Niederländer ein Monopol, sie bestimmen die Preise – zulasten der Steuerzahler. Hinzu kommt: Die Containerschiffe werden größer – vor allem länger und breiter, der Tiefgang erhöht sich.

Der Bund will allerdings weiter auf die Niederländer zurückgreifen, ohne sie kann die WSV die Fahrrinne zwischen Cuxhaven und Hamburg nicht freihalten. Die Behörde wolle den Laderaumsaugbagger vorhalten, „um mit eigenen leistungsstarken Baggern möglichst flexibel mit variierenden Baggermengen umgehen zu können“, ergänzte die WSV-Sprecherin Claudia Thoma. Der neue Bagger wird zusätzlich zum alten WSV-Saugbagger „Nordsee“ eingesetzt.

Der neue Laderaumsaugbagger wird ein Ladevolumen von 7500 Kubikmeter und damit mehr als 1000 Tonnen Ladevolumen mehr als der Bagger „Nordsee“ haben. Dieser ist – unter Regie des Wasser- und Schifffahrtsamts Hamburg seit 1978 im Einsatz; Vorgänger war der kohlebefeuerte Eimerkettenbagger „Juelsand“ von 1909. Auf Basis der Erfahrungen mit dem Typ 180a entwickelt Pella Sietas einen neuen Saugbagger. Dieser wird deutlich größer als die beiden 2010/2012 für Möbius gebauten Schiffe ausfallen. Der Bagger wird 132 Meter lang und 23 Meter breit sein, die Geschwindigkeit wird bei 13 Knoten liegen. Der Tiefgang beträgt 6,80 Meter. Beim Baggern wird das Schiff allerdings lediglich mit zwei Knoten unterwegs sein.

95 Millionen Euro (brutto) wird der Neubau nach Angaben des Bundes kosten. Finanziert wird der Neubau über das „Zukunftsinvestitionsprogramm“ des Bundes. Angetrieben wird der Saugbagger diesel-elektrisch, das ist umweltfreundlicher als etwa Schweröl und erlaubt den küstennahen Einsatz auf der Elbe.

Der Bund wird keine fremden Seeleute anheuern. Das Baggerschiff wird unter deutscher Flagge fahren, der Saugbagger kann mit voraussichtlich 16 Mann Besatzung im 24-Stunden-Betrieb sieben Tage die Woche arbeiten. Mit dem Saugrüssel kann der Bagger den Sand/Schlick aus einer Tiefe von zehn bis 25 Metern wie ein riesiger Unterwasserstaubsauger in seinen Bauch saugen.

Im Jahr 2015 holte der Bund bereits 16,8 Millionen Kubikmeter Sediment aus der Unterelbe, das kostete den Steuerzahler 47,4 Millionen Euro. Die Kosten sind seit der letzten Elbvertiefung von 1998 explodiert; die Unterhaltung der Hamburger Delegations- und der Bundesstrecke verschlangen im Vorjahr 132 Millionen Euro. Ein eigenes Schiff lohnt sich. Der Bund holt 40 Millionen Kubikmeter pro Jahr aus den Zufahrten von Ems, Jade, Weser, Elbe und im Ostseerevier

Der Saugbagger für den Bund und die klimafreundliche Elektro-Hafenfähre (Kapazität: 400 Passagiere) für die Hadag in Hamburg sind die ersten Neubau-Aufträge seit knapp fünf Jahren. Die Hafenfähre wird laut Werft-Chefin Dean bereits Anfang 2017 ausgeliefert. Rückblick: Im Februar 2012 hatte das weltweit tätige niederländische Wasserbauunternehmen Van Oord das erste deutsche, mehr als 130 Millionen Euro teure Offshore-Windkrafttransport- und Installationsschiff Aeolus bei Sietas geordert und gebaut. Das verließ im Februar 2014 die Werft. Mit dem Großauftrag wird ein neues Kapitel der Firmengeschichte aufgeschlagen.

Die Werft will sich weiter auf den Spezialschiffbau, von Errichterschiffen über Bagger bis zu Fähren, ausrichten. Die Neuenfelder hoffen, dass die Handelsbeschränkungen gegenüber Russland fallen; ziehen die Rohstoffpreise an, werde der Rubel wieder steigen. Läuft die Wirtschaft, könnten die russischen Energiekonzerne endlich über die Mutter „Pella Shipyard“ unter anderem Hochseerettungsschiffe, eisgängige Bulkcarrier, Schlepper und Eisbrecher für den Einsatz im Nordmeer in Auftrag geben. Eigentlich wollte der Eigentümer Garegin G. Tsaturov Ende 2016 bereits wieder 400 Menschen in Neuenfelde beschäftigen. Ein erstes positives Signal gibt es bereits: Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle hat sein Okay für den Bau eines Tonnenlegerschiffs für Russland gegeben.

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