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Übergewinnsteuer

Regierungsstreit über Krisenbeitrag der Öl- und Gaskonzerne

Das Logo des Ölkonzerns Shell: Die Preise an Tankstellen gehen wieder nach unten.

Das Logo des Ölkonzerns Shell: Die Preise an Tankstellen gehen wieder nach unten.

In der Ampel-Koalition gibt es Streit darüber, welchen Teil ihrer Krisengewinne Öl- und Gaskonzerne an den Staat zahlen sollen. Wie es derzeit um die Heiz- und Tankstellenpreise steht.

Mittwoch, 23.11.2022, 17:00 Uhr

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In der Ampel-Koalition gibt es Streit darüber, welchen Teil ihrer Krisengewinne Öl- und Gaskonzerne an den Staat zahlen sollen. Das Finanzministerium schlägt den europarechtlich minimal vorgeschriebenen Satz von 33 Prozent vor, wie am Mittwoch aus Ministeriumskreisen verlautete. Die Grünen halten das für zu wenig, wie die Parteichefs Ricarda Lang und Omid Nouripour dem Fernsehsender Welt sagten.

„Wenn man sich anschaut, wie hoch die Gewinne sind, die gemacht wurden, die Übergewinne, die ja nicht auf kluge Investitionsentscheidungen zurückgehen, sondern tatsächlich auf diesen Krieg, dann muss am Ende auch die Höhe bei der Steuer dem gerecht werden“, betonte Lang. Eine genaue Forderung wollte Nouripour aus verhandlungstaktischen Gründen nicht öffentlich nennen.

Übergewinnsteuer: Finanzminister Lindner sieht „verfassungsrechtliche Risiken“

Im Ministerium von Finanzminister Christian Lindner (FDP) dagegen sieht man „erhebliche verfassungsrechtliche Risiken“ angesichts des Krisenbeitrags. „Das Vorhaben passt nicht zu unserem nationalen Steuersystem“, hieß es aus Ministeriumskreisen.

Lindner selbst verwies auf dem „Wirtschaftsgipfel“ der „Süddeutschen Zeitung“ in Berlin auf europarechtliche Vorgaben. Wenn Deutschland nicht ein Vertragsverletzungsverfahren auf sich nehmen wolle, müsse europäisches Recht umgesetzt werden. Es handle sich um wenige Unternehmen. „Ich sage ganz offen: Diese Vorgabe aus dem europäischen Recht führt uns im nationalen Steuerrecht auf dünnes Eis.“

Lindner redet nicht von einer „Übergewinnsteuer“. In einem Interview mit RTL/ntv-Interview sagte er, mit einer „Übergewinnsteuer“ seien Unsicherheiten im Steuerrecht verbunden, zudem könne man keine Übergewinne definieren. Stattdessen müsse mit dem EU-Solidaritätsbeitrag europäisches Recht umgesetzt werden. „Wir setzen das um im Rahmen dessen, was unser deutsches Steuerrecht möglich macht, sehr eng begrenzt auf einzelne wenige Unternehmen, etwa im Bereich Erdöl und Raffinerien. Und das ist nicht die Übergewinnsteuer, von der gelegentlich gesprochen worden ist.“

Energiekrise: Unternehmen mit hohen Einnahmen sollen zahlen

In Ministeriumskreisen hieß es, die Koalition habe sich auf ein Belastungsmoratorium für Bürger wie Unternehmen verständigt. Daher solle die Abgabe möglichst schonend gestaltet werden. Es solle nur eine niedrige zweistellige Zahl von Unternehmen betroffen sein und der Abgabesatz auf das Minimum von 33 Prozent begrenzt werden. So werde das Aufkommen bei rund einer Milliarde Euro liegen. Die Abgabe werde zudem nicht an den Umsatz einer Firma, sondern an den Gewinn geknüpft, der 2022 und 2023 deutlich über dem Durchschnitt der Jahre 2018 bis 2021 liege.

Die EU-Energieminister hatten entschieden, dass Energiefirmen mit hohen Einnahmen in der Krise zur Kasse gebeten werden sollen, um Privathaushalte zu entlasten. Einen Teil ihrer Krisengewinne sollen sie an den Staat zahlen.

Spritpreise geben wieder deutlich nach

Die Preise an den deutschen Tankstellen haben erneut deutlich nachgegeben. Superbenzin der Sorte E10 verbilligte sich im binnen Wochenfrist um 6,4 Cent pro Liter, Diesel um 6,5 Cent, wie der ADAC am Mittwoch mitteilte. E10 kostete im bundesweiten Tagesdurchschnitt des Dienstags demnach 1,785 Euro pro Liter, Diesel 1,899 Euro.

Lässt man die Phase der vorübergehenden Steuersenkung im Sommer außer acht, war Super E10 zuletzt am Tag des Kriegsbeginnes billiger, Diesel zuletzt am 3. März. Vor allem der Dieselpreis ist zuletzt gefallen. In der wöchentlichen Betrachtung des ADAC nun schon das fünfte Mal in Folge. Seit Mitte Oktober hat der Preis fast 25 Cent nachgegeben. E10 hat sich ebenfalls in den vergangenen Wochen verbilligt, allerdings nicht so stark.

Den aktuellen Rückgang führt der ADAC vor allem auf die gesunkenen Ölpreise zurück. Zudem beobachtet man dort ein Wiedererstarken des Wettbewerbs, der die "überfällige Abwärtsbewegung der überhöhten Spritpreise" vorantreibe.

Der Preis für Benzin habe sich "mittlerweile wieder auf ein weitgehend nachvollziehbares Niveau bewegt", sagte ein Sprecher. Davor sei es – gemessen am Rohölpreis – monatelang "massiv überteuert" gewesen. Dies gelte jedoch nicht für den teureren Diesel, der um rund 20 Cent niedriger besteuert werde: "Hier ist noch viel Luft nach unten, der Dieselpreis muss weiter sinken." (dpa)

Im Sommer war der Abstand zwischen billigstem und teuersten Bundesland an den Zapfsäulen noch deutlich größer. Foto: dpa

Im Sommer war der Abstand zwischen billigstem und teuersten Bundesland an den Zapfsäulen noch deutlich größer. Foto: dpa

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