Repair-Café Ahlerstedt: Hier wird fast alles wieder zum Laufen gebracht

Die E xperten vom Repair-Café in Ahlerstedt: Torsten Mäckelmann (links) und Hajo Berger versuchen, gemeinsam einen kaputten Staubsauger wieder in Gang zu bringen. Fotos: Felsch
Reparieren statt wegwerfen. Ein Trend, der seit Jahren immer mehr Anhänger gewinnt. Ehrenamtliche Tüftler in Repair-Cafés wie im Gemeindehaus in Ahlerstedt kämpfen gegen die Wegwerf-Gesellschaft.
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AC/DC steht auf dem Akkusauger, den Marga Engelmann mitbringt, weil er keinen Mucks mehr von sich gibt. „Machen die jetzt in Staubsauger?“, lautet die nicht ganz ernst gemeinte Frage. Mit der Band habe das nichts zu tun, klärt Hans-Hermann Brunkhorst die ehemalige Harsefelder Kino-Chefin schmunzelnd auf. „Das steht für Wechsel- und Gleichspannung“, so der Elektromeister, der 2019 im Rahmen der sozialen Dorfentwicklung in Ahlerstedt gemeinsam mit Heinz Thomforde und Dieter Brusch die Initiative ergriff und die Idee des Repair-Cafés, die aus den Niederlanden stammt, in die Tat umsetzte. Jeden zweiten Freitag im Monat können die Leute jetzt wieder kommen und ihre kaputten Kleingeräte, Spielzeug und Fahrräder vorbeibringen.
Reparieren statt wegwerfen
Vor Corona halfen die Kunden oft mit bei der Reparatur. „Wir rufen an, wenn wir mehr wissen“, vertröstet Brunkhorst die meisten nun. Wegen der Pandemie dürfen sie nicht in die „Werkstatt“, die im Nebenraum eingerichtet ist. Hier, auf dem langen Tisch, tüfteln Brusch, der sich mit Feingeräteelektronik auskennt und sein jüngerer Kollege Klaus-Peter Koch schon seit einer guten halben Stunde an einem Plattenspieler herum, ohne den Fehler zu finden. „Ich hänge so daran“, meint Ulli Schedler, der stolze Besitzer des Musikgeräts aus den 70er Jahren, das die die LPs nicht zu Ende spielt. Warum, ist den Experten ein Rätsel. Nur, aufgeben ist nicht ihr Ding. „Heutzutage landet viel zu viel auf dem Müll, das ist nicht gerade umweltfreundlich“, sagt Koch, der Informatik studiert hat und sich gerne handwerklich betätigt.
Der Jüngste im Repair-Team würde immer erst versuchen, etwas wieder in Ordnung zu bringen, bevor er es wegschmeißt. „Das ist meine Motivation, der Wegwerf-Gesellschaft etwas entgegenzusetzen“, sagt der 43-Jährige, der sich selbst als Autodidakt bezeichnet. Er wollte was Sinnvolles, was Soziales machen, deshalb ist er vor einem Jahr mit eingestiegen.
Während er über den Nachhaltigkeitsgedanken philosophiert, greift Brusch zum Lötgerät. Wackelkontakt behoben, die Lampen leuchten auf, aber so richtig zufrieden ist der 66-Jährige nicht. Und er hat recht. Ein neuer Transformator könnte die Lösung sein. Der muss aber bestellt werden.
Eine Spendenbox für die Mühe
„Das ist oft der Fall, dass die Kunden erst ein Ersatzteil besorgen müssen, bevor wir weitermachen können“, sagt Torsten Mäckelmann, der zuletzt im Flugzeugbau tätig war. Sein Spezialgebiet sind eher Fahrräder, aber gerade ärgert er sich über einen Staubsauger, den er auseinandergenommen hat, aber nicht mehr zusammenbauen kann. Erst mit Hilfe von Hajo Berger gelingt es. Der ehemalige Radio- und Fernsehtechniker bringt das mit, was auch seine ehrenamtlichen Kollegen auszeichnet: eine Menge Geduld. Doch das nützt nicht immer was. „Manchmal muss man einsehen, dass es besser ist, was Neues zu kaufen“, sagt der 77-Jährige.
„Eine unterstützungswerte Sache“, freut sich Olaf Matthiesen, dessen 300 Euro teure Kaffeemaschine den Geist aufgegeben hat. Heinz Raap aus Harsefeld, zum ersten Mal hier, will seine elektrische Heckenschere wieder in Gang bringen lassen. „Rechtzeitig zum Frühjahr.“ Der Harsefelder Jürgen Oehlckers hat eine Gartenschere dabei, die nicht mehr zuschnappt und eine Taschenlampe, die nicht brennt.

Marga Engelmann hat eine defekte Stehlampe mitgebracht. Sie wird auseinandergeschraubt. Fotos: Felsch
Nicht alles kann heute repariert werden, obwohl die Männer bis kurz vor 18 Uhr da sind, obwohl eigentlich um 17 Uhr Schluss ist. In der Ecke des Raumes stapeln sich jede Menge Kleingeräte. „Was wir nicht geschafft haben, nehmen wir mit nach Hause“, so Brunkhorst.
Für ihre Mühe steht eine Spendenbox auf dem Tisch. Von dem eingesammelten Geld gehen sie dann alle schön essen, erzählt Koch. Aber verdienen wollen sie damit nichts. Am meisten freuen sie sich über kleine Kunden. „Wenn die Kinderaugen strahlen, ist das für uns Lohn genug“, ergänzt Brunkhorst.
Die Idee
Im Rahmen der sozialen Dorfentwicklung haben sich Ehrenamtliche gefunden, die mit handwerklichem Geschick kaputte Haushalts-, Hobby-, oder Musikgeräte, Spielzeug oder Fahrräder reparieren können. Der Reparatur-Treff ist einmal monatlich geplant. Die Räumlichkeiten stellt die Kirchengemeinde zur Verfügung. Jeden zweiten Freitag im Monat, jeweils von 15 bis 18 Uhr wird im Gemeindehaus der Kirche, Stader Straße 33, in Ahlerstedt repariert. Eine Anmeldung für die Abgabe ist nicht erforderlich. Das nächste Repair-Café findet am Freitag, 11. März, statt.
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Kein Ufo, sondern das Werkzeugfahrzeug von Tüftler Dieter Brusch steht mit im Repair-Café.