Zähl Pixel
Archiv

Ruf nach mehr Polizei in Harsefeld wird lauter

Soll personell verstärkt werden: die Polizeistation am Rosenborn in Harsefeld. Fotos: Beneke/Fehlbus

Soll personell verstärkt werden: die Polizeistation am Rosenborn in Harsefeld. Fotos: Beneke/Fehlbus

Der Druck nimmt zu: Politiker aus der Samtgemeinde Harsefeld setzen sich weiterhin vehement für eine Aufstockung der Polizeistation am Rosenborn ein. Sie kritisierten bei der Versammlung der Feuerwehr die knappe Besetzung der Dienststelle.

Von Daniel Beneke Dienstag, 16.01.2018, 10:54 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

Bei der diesjährigen Versammlung sprach Stationsleiter Holger Heins das Thema erneut an. Er berichtete, dass die Aufgaben seiner Beamten stets zunehmen. Exemplarisch nannte er die Internetkriminalität, die Flüchtlingsbetreuung und die Terrorismusbekämpfung. Da klinge die Ankündigung des Landesinnenministeriums, so viele Polizisten wie selten zuvor einstellen zu wollen, erst einmal hoffnungsfroh. „Aber in der Fläche, wie hier in Harsefeld, sehen wir sie nicht“, entgegnete Holger Heins. „Was anders als die vielen Einstellungen verschwiegen wird, ist die Tatsache, dass im selben Zeitraum auch etliche Kollegen pensioniert werden“, unterstrich der Hauptkommissar.

Die letzte große Einstellungswelle habe es zu Zeiten des Linksterrorismus durch die Gruppe Rote-Armee-Fraktion in den 1970er-Jahren gegeben. Jene Beamten, die damals ihren Dienst angetreten haben, scheiden nun altersbedingt aus. Ein weiteres Problem: Es gebe gar nicht genug Bewerber, um die frei werdenden Stellen ad hoc zu besetzen. Auch an Ausbildungskapazitäten mangele es. „Hoffen wir, dass es klappt“, sagte Holger Heins – mit dem Hinweis, dass er den Dienstantritt der jetzigen Bewerber in der Harsefelder Station womöglich gar nicht mehr erleben werde, weil er bis dahin längst pensioniert sei.

Die Feuerwehrführung zeigte sich enttäuscht, dass sich die Situation im vergangenen Jahr nicht verbessert hat. „Außer der Andeutung aus Stade, mal mit uns über das Thema reden zu wollen, ist nichts passiert“, sagte Ortsbrandmeister Olaf Jonas. Die Ignoranz gegenüber den steigenden Sicherheitsanforderungen in einer wachsenden Kommune sind für den Feuerwehrchef unverständlich. „Um die Sicherheit der Bürger kümmert sich nicht nur die Feuerwehr, sondern auch die Polizei“, betonte Olaf Jonas.

Als Ortsbrandmeister Olaf Jonas im vergangenen Jahr bei der Generalversammlung seiner Feuerwehr monierte, dass die Polizeistation in Harsefeld unzureichend ausgestattet ist, war der Aufschrei groß. Weil die Anzahl der eingesetzten Beamten abnehme, sei es den verbliebenen Kräften kaum möglich, stets in der Samtgemeinde präsent zu sein. Mitunter seien die Polizisten mit anderen Aufgaben betraut und deshalb außerhalb Harsefelds unterwegs. Im Ernstfall müsste dann sogar während der regulären Dienstzeit an Wochentagen erst Verstärkung aus Stade oder Buxtehude anrücken. Das könne schon einmal eine Viertelstunde dauern. Eine gefährliche Entwicklung, wie der Feuerwehrchef befand.

„Es ist schwer nachzuvollziehen, dass bei steigender Einwohnerzahl die Anzahl der Polizisten abnimmt“, hatte Rathauschef Rainer Schlichtmann (parteilos) beklagt. „Harsefeld wächst, die Polizei schrumpft – das geht nicht. Und es kann nicht sein, dass die Feuerwehrleute Polizeiaufgaben wahrnehmen müssen.“ In der Samtgemeinde Harsefeld leben 22 000 Menschen, knapp 14 000 im Hauptort Harsefeld. Alleine in diesem Jahr werden über 100 Grundstücke verkauft und bebaut. Flecken-Bürgermeister Michael Ospalski (SPD) forderte ebenfalls mehr Personal. Neun oder zehn statt nur sieben Beamte müssten es schon sein, damit das Tagesgeschäft funktioniert.

Er brachte gar eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung ins Gespräch. Die Forderung hatte Polizeidirektor Torsten Oestmann als Leiter der zuständigen Polizeiinspektion Stade schon in früheren Diskussionen als „utopisch und nicht bezahlbar“ zurück. Ohnehin reiche das nach Kriterien wie Einwohnerzahl, Fläche und Kriminalitätsaufkommen auf die kreisweit zehn Stationen verteilte Personal in der Regel aus. Mit Blaulicht und Martinshorn seien Kollegen aus Buxtehude und Stade „sehr schnell“ in der Samtgemeinde Harsefeld vor Ort. Diese Aussage gelte weiterhin, sagte Polizeisprecher Rainer Bohmbach.

Die Vertreter der Kommune halten ihre Forderungen aufrecht: „Unser Ziel ist es nach wie vor, eine Rund-um-die-Uhr-Besetzung in Harsefeld zu haben“, sagte Samtgemeindebürgermeister Rainer Schlichtmann. Dass mehr Polizisten eingestellt werden, freue ihn. „Davon müssen wir aber auch profitieren – und nicht nur die Ballungszentren“, sagt der Verwaltungschef, der sich auch im Städte- und Gemeindebund engagiert. „Wir erwarten ganz klar eine Stärkung des ländlichen Raumes.“ Auch Bürger beklagten sich immer wieder über mangelnde Polizeipräsenz, kritisierten Schmierereien an öffentlichen Gebäuden und Vandalismus – etwa im Klosterpark.

Nun schaltet sich der Landtagsabgeordnete Helmut Dammann-Tamke (CDU) aus Bargstedt-Ohrensen in die Diskussion ein. Der Koalitionsvertrag sehe 750 neue Stellen bei der Polizei vor, erklärte er. Seine Recherchen haben ergeben, „dass wir mit Abstand die schlechteste Personalausstattung im Gebiet der Polizeidirektion Lüneburg“ haben. In den kommenden Tagen möchte Dammann-Tamke mit den Landtagsabgeordneten aus dem ehemaligen Regierungsbezirk Lüneburg beraten, wie hier Abhilfe geschaffen werden kann. Ziel müsse es sein, dass die Neueinstellungen der Region helfen.

Der Christdemokrat kritisierte bereits mehrfach, dass Polizeidirektionen wie Braunschweig oder Hannover in den südlichen Landesteilen personalmäßig deutlich besser als die für den Landkreis Stade zuständige Polizeidirektion Lüneburg ausgestattet seien. Mehr Ausbildung und ein Ende der Ungleichbehandlung – das sind seine Rezepte, um die Situation zu verbessern. Auch im Kreis Harburg gibt es Kritik an der Polizeipräsenz auf dem Land, hier setzt sich der CDU-Landtagsabgeordnete Heiner Schönecke für eine Verbesserung ein. Im Nachbarlandkreis Rotenburg haben auch kleinere Kommunen als Harsefeld wie Zeven (13 000 Einwohner) oder Bremervörde (19 000 Einwohner) rund um die Uhr besetzte Polizeiwachen. Vom Innenministerium gab es auf Anfrage keine Stellungnahme zu einer möglichen Aufstockung der Harsefelder Station. Sprecher Matthias Eichler verwies an die Polizei.

Der Kreis Stade: Die Polizeiinspektion Stade ist für den gesamten Landkreis zuständig. Rund 330 Mitarbeiter der Inspektion kümmern sich, auf zwölf Dienststellen verteilt, um die Sicherheit der rund 200 000 Einwohner. Die Wachen in Stade und Buxtehude sind an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr besetzt, die Beamten der Dienststellen auf dem Land verrichten einen bedarfsorientierten Dienst. Sie sind in der Regel montags bis freitags tagsüber im Einsatz, manchmal auch am Sonnabend. Sie begleiten aber auch regionale Großveranstaltungen. Stationen gibt es in Apensen, Drochtersen, Fredenbeck, Freiburg, Harsefeld, Himmelpforten, Horneburg, Jork, Oldendorf und Steinkirchen.

Die Geest-Region: In der Samtgemeinde Fredenbeck mit knapp 13 000 Einwohnern ist die Polizeistation im Hauptort Fredenbeck mit 6 000 Einwohnern mit drei Beamten besetzt. In der Samtgemeinde Apensen mit knapp 9 000 Einwohnern verrichtet in der Polizeistation im Hauptort Apensen mit 4 000 Einwohnern in der Regel ein Beamter seinen Dienst, zeitweise wird er durch einen Kollegen unterstützt.

Die Nachbarkreise: Die Polizeiinspektion Rotenburg, zuständig für den gleichnamigen Landkreis mit 162 000 Einwohnern, unterhält in den Städten Rotenburg (22 000 Einwohner), Zeven (13 000 Einwohner) und Bremervörde (19 000 Einwohner) sowie und im Hauptort Sittensen der gleichnamigen Samtgemeinde (11 000 Einwohner) rund um die Uhr besetzte Polizeiwachen. Die Polizeiinspektion Landkreis Harburg, die den niedersächsischen Landkreis mit 244 000 Einwohnern betreut, unterhält neben ihrem Hauptsitz in der Stadt Buchholz mit 40 000 Einwohnern ebenfalls weitere rund um die Uhr besetzte Dienststellen. Das Polizeikommissariat in Hittfeld ist zuständig für die Samtgemeinde Seevetal und die Gemeinde Rosengarten mit insgesamt 56 000 Einwohnern. Das Polizeikommissariat in Winsen an der Luhe betreut die gleichnamige Kreisstadt mit ihren 35 000 Einwohnern.

Copyright © 2025 TAGEBLATT | Weiterverwendung und -verbreitung nur mit Genehmigung.