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Schafe sind wichtige Deichschützer

Schäfer Vasile Buza hat die Teilnehmer der Deichschau auf eine Pause in seine Schäferei eingeladen und zeigt eines seiner Lämmer. Fotos Richter

Schäfer Vasile Buza hat die Teilnehmer der Deichschau auf eine Pause in seine Schäferei eingeladen und zeigt eines seiner Lämmer. Fotos Richter

Links die Elbe, rechts blühende Obstbäume, von oben die Sonne: So kann es Spaß machen, gut zwölf Kilometer Elbdeich abzuwandern. Das TAGEBLATT durfte die Teilnehmer bei der letzten Frühjahrsdeichschau in der II. Meile Alten Landes begleiten.

Von Anping Richter Freitag, 06.05.2016, 15:32 Uhr

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Zweimal im Jahr muss der Zustand der Deiche laut niedersächsischem Deichgesetz überprüft werden. Allein in der II. Meile Alten Landes sind es 43 Kilometer. „In Gummistiefeln ist das nicht optimal, deshalb habe ich mir extra passendes Schuhwerk zugelegt“, berichtet Wilhelm Ulferts. Der gebürtige Ostfriese lebt in Buxtehude und ist seit November 2015 Oberdeichrichter im Verband der II. Meile mit seinen etwa 10 000 Mitgliedern. Die Deichschauen leitet Ulferts zum ersten Mal, hat sich bei dieser vierten und letzten des Frühjahrs aber schon angewöhnt, sie stets mit einem Sinnspruch zu eröffnen. Diesmal ist es ein chinesisches Sprichwort: „Selbst ein dickes Seil fängt an einem kleinen Faden zu faulen an.“

Heute ist nach Lühe- und Este- der Elbdeich dran. Vom Lühe-Sperrwerk aus geht es gut 12 Kilometer bis zur Hamburger Stadtgrenze nach Cranz. Bei der Deichschau am Estedeich vor einer Woche hat es nicht nur geregnet, sondern auch gehagelt, berichten die Deichrichter und Deichgeschworenen sowie Mitarbeiter von Gemeinden, Landkreis und NLWKN (Niedersächsischer Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz). Jetzt freuen sie sich umso mehr über optimale Inspektionsbedingungen.

Der Elbdeich ist in gutem Zustand, ebenso die Deiche an Lühe und Este, wird Oberdeichrichter Ulferts nach der Schau bescheinigen. Auf der gründlichen Suche nach dem kleinen, faulenden Faden werden aber doch kleine Mängel deutlich: Eine Mulde, in die der Weg an der Elbseite des Deiches entwässert, ist zugewachsen und soll wieder freigelegt werden. Entlang der anderen Seite des Deichs, am zentralen Entwässerungsgraben, in den alle Drainagerohre laufen, ist zum gleichen Zweck schon ein Bagger am Werk.

Maulwürfe haben hier und da frische Haufen aufgeworfen, aber alle älteren Hügel sind bereits gewissenhaft von einem Deichverbandsmitarbeiter platt gedrückt oder von Deichschafen zertrampelt worden. Vasile Buza, seit einem Jahr als Schäfer beim Deichverband der II. Meile beschäftigt, zählt mittlerweile 800 Schafe zu seiner Herde im Aufbau. Wegen des Vatertags hat er sie vorübergehend eingesammelt und nach Hahnöfersand gebracht, wo sie nicht von Feiernden gestört werden können. „Allein das Einsammeln der Flaschen nach dem Vatertag ist ein Riesenaufwand und kostet uns viel Geld“, erläutert Deichrichter Hinrich Gründahl.

Nach dem Vatertag werden Buzas Schafe wieder ihr Werk tun: Sich sattfressen, dabei die Grasnarbe kurz und kräftig halten und den Deich mit ihrem Tritt verdichten. Touristen mögen den Anblick der wolligen Deichschützer. Nicht aber ihre Hinterlassenschaften, wie die Jorker CDU-Ratsfrau Silja Köpcke kürzlich im Tourismusausschuss monierte: „Die Leute beschweren sich, Treppen und Wege am Deich sehen gruselig aus.“ Die Gemeinde könne dem Deichverband nicht vorschreiben, wie und wo er seine Deichschafe zu halten hat, hatte Bürgermeister Gerd Hubert entgegnet.

Pflege und Reinigung von Treppen und Fußweg auf dem Deich seien ohnehin Aufgabe der Gemeinde, erläutert Oberdeichrichter Ulferts: „Wir brauchen diese Treppen nicht, haben das mit der Gemeinde aber vertraglich geregelt.“ Wichtig für den Deich seien dagegen die Schafe – und das sei vielen nicht ausreichend bewusst. Er verweist auf ein Schild am Deich: „Hunde sind anzuleinen, der Kot ist mitzunehmen. Infektionsgefahr der Schafe.“ Wenn trächtige Mutterschafe Hundekot fressen, könnten sie sogar Fehlgeburten erleiden. Hundekot sei aber auch ein Problem, weil er das Heu, das zweimal jährlich nach der Mahd anfällt, so verunreinigt, sodass der Deichverband kaum Landwirte findet, die es als Viehfutter abnehmen wollen. Derweil nähern sich Spaziergänger mit drei großen, freilaufenden Hunden der Gruppe. „Du oder ich?“, sagt Ulferts zu seinem Kollegen neben ihm. Aber dann reicht doch der Anblick der 30 Männer, einige mit der Aufschrift „Deichwacht“ auf dem Rücken, aus, um die Hunde anzuleinen.

Inspektion zu Fuß: Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts (vorn) und Kollegen.

Inspektion zu Fuß: Oberdeichrichter Wilhelm Ulferts (vorn) und Kollegen.

Hundebesitzer nehmen die Warnschilder am Deich oft nicht ernst genug, bemängelt der Oberdeichrichter. Aber Hundekot kann bei Schafen Krankheiten und sogar Fehlgeburten auslösen.

Hundebesitzer nehmen die Warnschilder am Deich oft nicht ernst genug, bemängelt der Oberdeichrichter. Aber Hundekot kann bei Schafen Krankheiten und sogar Fehlgeburten auslösen.

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