Schleudersitz in der Stadtverwaltung
Kurz vor der Sommerpause gab es in der Buxtehuder Stadtverwaltung den großen Knall. Die Stadt hat die Fachbereichsleiterin für Bildung, Jugend, Sport, Soziales und Senioren nach der Probezeit nicht übernommen. Das TAGEBLATT hat nachgefragt, wie es weitergehen soll.
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Sophie Fredenhagen ist nach wie vor eine der Kandidaten für die Position des Harburger Bezirksamtsleiters. Nachdem sich die Wahl in Harburg überraschend verzögert hatte, beendete der Verwaltungsausschuss die Zusammenarbeit mit Fredenhagen. Die Hängepartie wollten Verwaltung und Politik nicht weiter mitmachen. Jetzt wird in der Politik diskutiert, wie die Stelle nachbesetzt werden soll. Die Frage ist spannend, weil es dazu eine lange Vorgeschichte gibt.
Das erste Problem: Mit Sophie Fredenhagen scheiterte bereits der zweite Versuch, die Nachfolge von Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt zu regeln. Die Stelle wurde frei, als die damalige Leiterin und heutige Bürgermeisterin im November 2014 nach der Wahl durch die Bürger im Stadthaus die Büros wechselte. 2016 scheiterte Dr. Thorbjörn Ferber, der sich mit der Stadt auf eine einvernehmliche Trennung nach der Probezeit einigte.
Das zweite Problem: Beide Besetzungsversuche wurden mit Hilfe von Personaldienstleistern in professionell durchgeführten Verfahren unternommen – wie sie auch in der freien Wirtschaft üblich sind. Das ist augenscheinlich aber keine Garantie, geeignete Kandidaten zu finden. Ganz billig ist das Verfahren auch nicht. Der letzte Versuch mit Fredenhagen soll die Stadt rund 30 000 Euro gekostet haben. Dabei sind die Gründe des Scheiterns sehr unterschiedlich bei Ferber und Fredenhagen. Für den Berufsanfänger Ferber kam die herausgehobene Position, mitten in der Flüchtlingskrise, wohl einfach zu früh. Die erfahrene Sophie Fredenhagen war dagegen von allen Seiten mit großen Vorschusslorbeeren bedacht worden, die sie allerdings nicht erfüllen konnte. Der Fachbereich ist mit 250 Mitarbeitern der größte in der Stadtverwaltung mit ihren gut 600 Beschäftigten.
Wer zieht als neuer Fachbereichsleiter ins Stadthaus ein? Nach der einstimmigen Entscheidung, Sophie Fredenhagen nach der Probezeit nicht zu übernehmen, ist das Büro nach einem halben Jahr wieder leer.
Das dritte Problem: Soll die neue Fachbereichsleitung von innen aus der Stadtverwaltung oder von außen kommen? Weil es im Leitungsteam mit Bürgermeisterin Oldenburg-Schmidt, dem Ersten Stadtrat Michael Nyveld und Ralf Dessel als Fachbereichsleiter für Steuerungsdienst, Finanzen, Recht und öffentliche Sicherheit schon drei interne Lösungen gab, hieß es bisher immer, man wolle jemanden von außen holen. Die SPD hatte deshalb zum Beispiel die Bürgermeisterwahl 2014 abgeschenkt, weil sie lieber einen externen Kandidaten wollte und deshalb auf eine Unterstützung von Katja Oldenburg-Schmidt verzichtete. Am Ende stand die SPD als stärkste politische Kraft in der Hansestadt ganz ohne Kandidat da.
Das vierte Problem ist im Grunde keins: Der betroffene Fachbereich funktioniert trotz der Turbulenzen an der Spitze ausgezeichnet. Die Unterbringung der Flüchtlinge wurde und wird hier maßgeblich organisiert, hier werden die Planungen für den Umbau an allen großen Buxtehuder Schulzentren verantwortet, und zuletzt wurde eine gute und vor allem schnelle Lösung präsentiert, wie zusätzliche Plätze in der Kinderbetreuung geschaffen werden können. Da hat Buxtehude schneller als viele andere reagiert. Deshalb gab und gibt es die Überlegungen, ob nicht eine der drei Fachbereichsleiterinnen den Job übernehmen könnte. Der Vorteil wäre, dass man in Buxtehude damit ziemlich genau weiß, was man bekommt.
Das sagt die Politik: Die genannten Probleme erklären, warum Bürgermeisterin Katja Oldenburg-Schmidt und die beiden Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU auf das Thema Nachbesetzung aktuell sehr zurückhaltend reagieren. Bürgermeisterin Oldenburg-Schmidt will die Sommerferien nutzen, um sich über diese Frage Gedanken zu machen. „Es ist Aufgabe der Verwaltung, jetzt Vorschläge zu machen“, sagt Astrid Bade, SPD-Fraktionschefin. Bade: „Wir legen jetzt keine Minen aus, in die wir in sechs Wochen selbst reinlaufen.“
Ihre Kollegin Arnhild Biesenbach von der CDU will mit der Verwaltung und „einigen Fraktionen“ das Gespräch nach den Sommerferien suchen, um die Weichen für die Nachfolge dann schnell zu stellen. Interessant ist dabei, dass zumindest im jetzigen Stadium auch eine interne Lösung von den dreien nicht ausgeschlossen wird.
Klar ist auch: Sind sich die drei starken Frauen der Buxtehuder Politik einig, besitzen sie ein großes Durchsetzungspotenzial. Die Fraktion der Linken sieht auch die Möglichkeit, eine interne Lösung zu finden. „Wir haben gute Mitarbeiterinnen, die ihren Job verstehen“, sagte Linken-Fraktionschef Benjamin Koch-Böhnke. „Sie verdienen es, dass sie eine Chance bekommen“, so der Fraktionsvorsitzende. Das gebe auch verwaltungsintern das Signal, dass sich Leistung und Engagement lohnen. Koch-Böhnke macht auch keinen Hehl daraus, dass er gegenüber teuren Headhuntern eine gewisse Skepsis hat.
Die Gegenmeinung dazu formuliert Michael Lemke: „Wir brauchen frischen Wind von außen“, so der Fraktionschef von Bündnis 90/Die Grünen und ehemalige Gegenkandidat von Katja Oldenburg-Schmidt. „Wir müssen die bestmögliche Person für die Stadt finden.“ Stadtmarketingleiter Torsten Lange sei aus seiner Sicht ein gutes Beispiel dafür, wie externe Stellenbesetzungen gute Impulse für die Stadt ergeben können.
BUXTEHUDE. Gibt es eine arbeitsrechtliche Auseinandersetzung um die Kündigung der Fachbereichsleiterin? Sophie Fredenhagen selbst nach ihren nächsten Schritten zu fragen, ist aktuell nicht möglich. Sie hat ihr Büro im Buxtehuder Stadthaus an der Bahnhofstraße bereits geräumt. Bis zu ihrem offiziellen Ausscheiden am 31. Juli hat sie Urlaub. Sie hatte aber in ihrem Schreiben an die Fraktionsvorsitzenden bereits angedeutet, dass sie die Kündigung in der Probezeit für rechtlich bedenklich halte. Sie schrieb in der vergangenen Woche: „Hinsichtlich meines Arbeitsverhältnisses mit der Hansestadt Buxtehude sei von mir angemerkt, dass ich direkt nach der Kontaktaufnahme des IFP Köln die Bedingung gesetzt habe, dass ich nur weiter verhandeln würde, wenn alle in 26 Dienstjahren in der Hansestadt Hamburg erworbenen Besitzstände nach TV-L übernommen würden. Dies wurde mir nach Klärung zugesagt. Nur deshalb bin ich in weitere Verhandlungen eingetreten. Weiter möchte ich darauf hinweisen, dass mit mir kein Probezeitgespräch gemäß Ziffer 4.3 des Leitfadens zur Einarbeitung neuer Beschäftigter bei der Hansestadt Buxtehude geführt wurde.“
Die Verwaltung geht dagegen davon aus, dass sie das Verfahren der Kündigung in der Probezeit juristisch korrekt abgearbeitet hat. Die Frage, wie es mit Sophie Fredenhagen beruflich weitergeht, entscheidet sich in Harburg. Falls sie zur Bezirksamtsleiterin gewählt wird, ist für sie persönlich alles gut. Scheitert sich auch dort, ist sie erst einmal arbeitslos.