Schlimme Zustände im Horrorhaus von Buxtehude

Der jetzige Besitzer Sven Basner hat das Haus 2009 für ca. eine Million Euro in einer Zwangsversteigerung gekauft. Fotos: Wisser
Die Situation im Hochhaus in der Schröderstraße 9 ist schlimmer als befürchtet. Am Dienstag konnte sich das TAGEBLATT zahlreiche Wohnungen in dem sogenannten „Horrorhaus“ anschauen. Sie brauchen dringend Hilfe.
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Viele Bewohner geben sich zwar in ihren eigenen vier Wänden große Mühe, aber sie stehen angesichts der um sich greifenden Verwahrlosung auf verlorenem Posten. Die Probleme beginnen schon beim Eintritt in das Haus. Benutzt der Besucher das Treppenhaus oder den Fahrstuhl? Der wird laut Aussage von Anwohnern seit zwei Jahren nicht mehr gewartet, und er ist auch schon stecken geblieben. Über die Treppe ist der Weg nach oben in den zwölften Stock aber ziemlich weit und die Treppen sind an einigen Stellen mit getrockneten Resten von Urin und Erbrochenem beschmutzt. Einen organisierten Reinigungsdienst gibt es schon seit längerer Zeit nicht mehr. Viele Mieter reden bereitwillig mit der Presse. Namen und Foto wollen sie im Regelfall aber nicht veröffentlicht wissen.
Ein faktisch noch größeres Problem ist die offenbare Brandgefahr. Es gibt nach Aussagen der Bewohner viele Wohnungen, in denen viele Zimmer keinen Strom mehr haben. Zwei davon konnte sich das TAGEBLATT anschauen. Die anderen Zimmer werden mithilfe von langen Kabeln versorgt. Das Kurzschlussrisiko ist hoch. „Machen Sie ein Foto davon, damit ich beweisen kann, wieso das Feuer ausgebrochen ist“, sagt ein aufgebrachter Mieter.
Das Hochhaus ist erneut in die Schlagzeilen gekommen, weil der jetzige Besitzer Sven Basner das Haus offenbar verkaufen will. Der Vermieter mit dem schlechten Ruf und vielen Skandalen hat in den vergangenen Jahren immer wieder überregional für Schlagzeilen gesorgt. Nach wie vor ist unklar, wer das Haus kaufen will. Einen fertigen Kaufvertrag soll es geben.
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Die Stadt hatte im vergangenen Jahr 100.000 Euro in den Brandschutz für das Haus stecken müssen, um die Bewohnbarkeit sicherzustellen. Der wohl in Spanien abgetauchte Basner wollte oder konnte nicht zahlen. Nach der Besichtigungsrunde am Dienstag dürften aber Zweifel erlaubt sein, ob die bisher getroffenen Maßnahmen ausreichend sind. Für die Stadt erklärte Fachbereichsleiter Ralf Dessel, dass die Situation noch einmal überprüft werden soll. Das Geld für den Brandschutz holt sich die Stadt über das Mittel der Drittpfändung von den Mietern wieder. Nach TAGEBLATT-Informationen sind diese und andere bei der Stadt vorhandenen Schulden nicht im Grundbuch eingetragen. Bei einem Eigentümerwechsel müsste die Stadt also einen anderen Weg finden, sich das Geld von Basner wiederzuholen.
Die 74 Wohnungen in dem Haus sind alle 64 Quadratmeter groß und wären selbst in einem akzeptablen Zustand teuer. Bis knapp 1000 Euro warm kostet die Miete dort inzwischen. Das funktioniert nur, weil viele Bewohner von Sozialhilfe-Leistungen leben und zum Beispiel das Jobcenter die Miete zahlt. Das erklärt auch das Geschäftsmodell. Basner hat das Haus 2009 in einer Zwangsversteigerung für ca. eine Million Euro gekauft und zieht seitdem die Miete raus, kümmert sich aber nicht um den Erhalt.
„Das ist ein Geschäftsmodell der Marke kriminell“, sagt die Buxtehuder Ratsfrau Sylvia Köhnken gegenüber dem TAGEBLATT. Sie kümmert sich um die Mieter im Haus in der Schröderstraße. Sie stammt aus Polen und polnische Bewohner des Hauses hatten sich hilfesuchend an sie gewandt. Ein weiterer Mieter berichtete auch, dass es aktuell gar nicht mehr möglich sei, an Basner Miete zu zahlen, weil es die bisher genutzte deutsche Bankverbindung nicht mehr gebe und eine neue nicht bekannt sei.
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Auch wenn niemand offiziell als Ansprechpartner zu erreichen ist, scheint immer noch eine Art Vermietungsbetrieb zu funktionieren. Am Dienstag stand ein in die Jahre gekommenes Cabrio mit Kieler Kennzeichen auf dem Parkplatz. Der Fahrer führte mit anderen Personen lautstark Gespräche über Schlüsselübergaben und Besichtigungstermine. Beim Erscheinen der Presse forderte er im aggressiven Ton sofort, dass von ihm keine Bilder gemacht werden dürften und ließ sich die Bilder auf der Kamera zeigen. Auf die Frage, was er mit Sven Basner und dem Haus in der Schröderstraße zu tun habe, verweigerte er jeden Kommentar.
Es gab immer wieder Hinweise, dass es Leute gibt, die Mieter in dem Gebäude unter Druck setzen, wenn diese die Miete statt auf Basners Konto an die Stadt Buxtehude überwiesen haben. Das aggressive Auftreten des Mannes lässt eine solche Vorgehensweise als gut möglich erscheinen. Während des Vor-Ort-Termins parkte er seinen Wagen auf einem anderen Parkplatz in der Schröderstraße und beobachtete von dort noch eine Zeit lang die Szenerie, aber ohne erneut einzugreifen.
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Derweil nimmt auch rund um das Haus Nummer 9 in der Schröderstraße die Verwahrlosung zu. Die Müllcontainer quellen über und an vielen Stellen sind kleine Müllhalden entstanden. Der verwahrloste Zustand strahlt zum Teil auch auf das Nachbarhaus, das baugleiche Hochhaus Schröderstraße 11, aus. Dagegen sind Außenanlagen und Eingangsbereich des dritten Hochhauses in der Reihe mit der Adresse Altländer Straße in einem sehr gepflegten Zustand. Die Stadt hat im öffentlichen Umfeld des Hochhauses Sonderreinigungsaktionen durchgeführt. Die Stadt könnte mehr machen und Sven Basner würden hohe Geldstrafen drohen, wenn das Niedersächsische Wohnraumschutzgesetz nicht erst das Entwurfsstadium erreicht hätte. Es wird den Gemeinden in Zukunft mehr Möglichkeiten geben, in solchen Situationen zugunsten der Mieter einzugreifen.
Für die Polizei ist die Schröderstraße 9 kein Kriminalitätsschwerpunkt. „Es gibt dort keine große Anzahl von Einsätzen“, sagt Robert Schlimm, Chef der Buxtehuder Polizei. Es sei aber wohl so, dass dort einige Personen wohnten, die man als polizeibekannt einstufen könnte. Es gab in den vergangenen Monaten auch immer wieder Hinweise, dass sich in dem Haus viele Menschen aufhalten könnten, die dort nicht hingehören. Das ist aber für die Behörden schwer zu kontrollieren, weil in einigen Fällen gar nicht klar ist, wer eigentlich in der Wohnung lebt, wer zu Besuch ist und wer sich dort illegal aufhält.

Unter anderem ein Team des NDR-Magazins Panorama war am Dienstag am Hochhaus in der Schröderstraße im Einsatz und führte dabei auch ein Interview mit der Buxtehuder Ratsfrau Sylvia Köhnken (CDU).