Schreibtisch als Mordwerkzeug
In Hamburg wird von Mittwoch an erstmals ein „Geschichtsort Stadthaus“ in den Stadthöfen an die ehemalige Gestapo-Zentrale der Nationalsozialisten erinnern. Die Ausstellung werde zunächst in einer Interimsvariante zu sehen sein, teilten die Veranstalter am Dienstag mit.
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Zunächst müssten das gestalterische Konzept und die letzten Inhalte in den kommenden Monaten mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme und dem von der Kulturbehörde eingesetzten Beirat abgestimmt werden. Die Stadt begleitet zusammen mit der KZ-Gedenkstätte Neuengamme die von der Quantum Immobilien AG verantwortete Einrichtung des Gedenkorts.
Das Konzept sieht drei Bereiche auf 250 Quadratmetern vor: Eine Dauer-Ausstellung, deren Inhalte von der Kulturbehörde und der KZ-Gedenkstätte Neuengamme koordiniert werden.
Grundlage soll die Rathaus-Ausstellung „Dokumentation Stadthaus: die Hamburger Polizei im Nationalsozialismus“ von 2012 sein. Außerdem gibt es eine Fachbuchhandlung, über die der öffentliche Zugang gewährleistet ist, und ein Literaturcafé. Quantum stellt der Inhaberin der „Lesesaal“-Buchhandlung, Stephanie Krawehl, die Räumlichkeiten für einen symbolischen Mietzins von einem Euro zur Verfügung.
„Meine eigene Familiengeschichte verbindet mich mit dem Stadthaus, da meine Großmutter denunziert und hier mehrmals verhört wurde“, sagte Krawehl. Das sei über Jahrzehnte ein Tabuthema gewesen.
Über die Buchhandlung gelangen Besucher außerdem zum einzigen historischen Relikt, das aus der Nazizeit erhalten geblieben ist: Ein niedriger Verbindungsgang, der von den im Kellergeschoss gelegenen Arrestzellen zu den Verhörräumen der Gestapo führte. Dieser in Erinnerungen ehemaliger Gefangener als „Seufzergang“ bezeichnete Ort ist weitgehend im Originalzustand erhalten und soll durch eine Ausstellung mit biografischen Inhalten ergänzt werden.
„Die Gestaltung macht auf der ‚Täterseite‘ deutlich, dass ein Schreibtisch ein Mordwerkzeug sein kann“, sagte der Geschäftsführer der mit dem Gestaltungskonzept beauftragten Hamburger Agentur Missall Gies und Partner (mgp), Oliver Gies.
„Auf der ‚Opferseite‘ vermitteln 20 stellvertretend ausgewählte Porträts von Opfern der NS-Verfolgung, in welchem Umfang die Gestapo und andere Polizeieinheiten die gesamte Stadt terrorisiert haben“, so Gies.