Superbowl: Edebali von Defensivschlacht begeistert

Für den Hamburger Kasim Edebali und seine New Orleans Saints war nach der regulären Saison Schluss. Der 26-Jährige verfolgte den Superbowl in Deutschland. Foto dpa/Erik S. Lesser
Für NFL-Profi Kasim Edebali war der Superbowl ein Leckerbissen. Im Gespräch mit TAGEBLATT-Volontär Tim Scholz erklärt der Linebacker der New Orleans Saints aus Hamburg, was Denver richtig machte und was ihm mit Buxtehude verbindet.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Herr Edebali, am Sonntag saßen Sie bis kurz vor Beginn des Superbowls als Experte im Studio von ProSiebenMAXX. Wie haben Sie das Match verfolgt? Und wie viele Chickenwings haben Sie verschlungen?
Kasim Edebali: (lacht) Es gab keine Chickenwings. Patrick Esume (früherer NFL-Coach; Anm. d. Red.) und ich haben uns den Superbowl in einer großen Sporthalle in München zusammen mit 1000 Football-Fans angeschaut.
Aber das Spiel war alles andere als ein Spektakel.
Ich fand den Superbowl sehr interessant. Beide Teams haben sich eine richtige Defensivschlacht geliefert, in der Kleinigkeiten, ja, jeder Schritt und jeder Fehler, entscheidend waren.
Was hat Superbowl-Champion Denver denn richtig gemacht?
Sie haben genauso gespielt, wie ich es mir vorgestellt habe. Sie haben es den Carolina Panthers in der Defensive besonders schwer gemacht. Auch Cam Newton (Star-Quarterback der Panthers; Anm. d. Red.) haben sie unter Druck gesetzt, sodass er nicht so gut ins Spiel kam.
Wie nehmen Sie den Superbowl Jahr für Jahr wahr?
In den USA ist es das größte Sportevent überhaupt. Das ist schon sehr krass – wie bei einem WM-Finale. Du gehst auf die Straße, niemand ist draußen. Jeder ist vorm Fernseher, die ganze Familie guckt dieses eine Spiel.
Haben Sie den Superbowl schon einmal im Stadion miterlebt?
Nein, als NFL-Spieler bekommt man leichter Tickets für ein Spiel. Aber ich habe das bislang nicht gemacht, weil ich das Gefühl haben könnte, hey, ich könnte da unten spielen.
Ihre Mannschaft, die New Orleans Saints, hat den Superbowl vor sechs Jahren gewonnen. Schwärmen heute noch viele im Club von diesem Erfolg?
Auf jeden Fall. Die Coaches und Spieler, die dabei waren, sagen, dass es nichts Schöneres gibt. Man trainiert die ganze Off-Season hart, man arbeitet hart an sich selbst. Dann ist es natürlich das ultimative Gefühl, den Superbowl zu gewinnen. Die Jungs wissen, wie man dahin kommt, und sie versuchen, den jüngeren Spielern genau das zu zeigen.
In Deutschland boomt NFL-Football zurzeit dank der Fernsehübertragungen im Free-TV bei „ran“. Den Halbfinal-Krimi zwischen Denver und New England haben über eine Million Zuschauer gesehen. Bekommen Sie den Boom in den USA mit?
Ich bekomme es über Plattformen wie Facebook, Twitter und Instagram mit. Viele Leute posten Bilder über Football, die NFL postet Videos, wie deutsche Kommentatoren Touchdowns kommentieren. Mehr Fans aus Deutschland schreiben mich an. Football wird populärer.
Warum kommt die NFL so gut in Deutschland an?
Bis vor Kurzem gab es kaum Möglichkeiten, Football im Free-TV zu gucken, bis auf den Superbowl mitten in der Nacht. Die anderen Spiele, die in Amerika sonntagmittags beginnen, laufen abends in Deutschland. So boomt der Football halt, das ist echt schön mit anzusehen.
Der Sport Football ist in Deutschland eine Randsportart. Warum kann er sich nicht durchsetzen?
Vor einigen Jahren gab es noch die NFL Europe, das hat dem Football in Deutschland einen Schub gegeben. Wenig später ging es wieder bergab. Es ist natürlich schwer, wenn Fußball in Europa alles dominiert. Außerdem werden die Spieler nicht so gefördert wie in Amerika. Da ist die Ausbildung in der Schule und später an der Uni strukturiert. Von da aus kann der Sprung in den Profibereich gelingen. Ich kann mir aber vorstellen, dass die Teams in Deutschland bald mehr Zulauf bekommen.
Wie verlief Ihr Weg in die NFL?
Ich habe in der deutschen U 19-Nationalmannschaft gespielt, dann habe ich ein Stipendium bekommen, genau wie Björn Werner (Spieler bei den Indianapolis Colts; Anm. d. Red.). Wir sind dadurch an ein Privatinternat an der Ostküste gekommen. Danach habe ich ein Stipendium für das Boston-College bekommen, habe dort meine beiden Bachelor-Abschlüsse gemacht. Und von da hat mich New Orleans unter Vertrag genommen.
Das klingt ziemlich leicht. Aber wie steinig war dieser Weg tatsächlich? Jedes Jahr schaffen es von 10 000 Jungen, die Football an der Highschool spielen, nur acht in die NFL.
Es ist nicht einfach. Meine Trainer haben mir aber beigebracht, mich immer zu fragen, was der nächste Schritt ist, um das große Ziel zu erreichen. Eine bessere Ernährung, ein bisschen härter trainieren. Das sind kleine Dinge, die in der Summe zum großen Ziel führen. Ich habe mich immer darauf konzentriert, die kleinen Dinge richtig zu machen.
Konkret heißt das...
Keinen Alkohol trinken, richtig schlafen, richtig essen, im Training diszipliniert sein, nicht in Angelegenheiten einmischen, die nicht gut für mich sind. Kleine Dinge halt. Ich verurteile nicht die, die viel feiern und trinken. Aber irgendwann merkt man das vielleicht. Daher wollte ich immer klar machen, dass ich nur ein Ziel habe.
Wann haben Sie gemerkt, dass Sie den Durchbruch bei den New Orleans Saints geschafft haben?
Als ehrgeiziger Sportler hat man dieses Gefühl nie. Man will immer mehr haben. Ich denke immer, mein Durchbruch kommt noch. Ich will immer noch besser spielen. So denke ich jeden Tag.
Würden Sie sagen, dass Sie nach ihrem zweiten Jahr in New Orleans in der NFL angekommen sind?
Auf jeden Fall. Ich bin kein Anfänger mehr. Die anderen respektieren mich und mein Spiel mehr. Die Jungs wissen, was sie von mir bekommen. Ich bin einer der Anführer im Team. Auch die jungen Spieler gucken auf dich, weil du gerade noch da warst, wo sie jetzt sind, und dich um Rat fragen. Auch frühere Spieler kommen zu dir und sagen: Hey, Edebali, good job.
Wie hart ist das Profigeschäft?
Wenn du jeden Tag deine Leistung abrufst, bleibst du im Leistungssport. Wenn keine Leistung kommt, kommt jemand, der die Leistung bringt. Du bist jeden Tag dazu gezwungen, dein Bestes zu geben. Es gibt so viele Jungs, die deinen Job haben wollen.
Eine Folge davon ist, dass Verträge leistungsbezogen sind. Einige Spieler sollen auch Steroide nehmen, um stets Top-Leistungen abzurufen.
Steroide werden nicht genommen. Die Spieler werden jede Woche getestet. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass der Sport sauber ist. Wir haben in den Teams die besten Doktoren Amerikas. Die helfen uns, fitzubleiben.
Was nehmen Sie dazu noch in Anspruch?
Gar nicht so viel. Ich ernähre mich gesund, ich versuche, viel zu schlafen. Und wenn es mal schmerzt, nehme ich eine Ibuprofen – das war’s schon.
Ist das Leben als NFL-Spieler mit viel Glamour verbunden?
Überhaupt nicht. Die meisten NFL-Spieler leben ganz bescheiden. Hin und wieder gehen meine Mitspieler und ich schick essen. Ansonsten habe ich eine Zwei-Zimmer-Wohnung, die ist nicht so groß. Ich habe auch keine Zeit, glamouröse Sachen zu machen. Ich muss viel trainieren und meinen Job richtig machen.
Wie verbunden sind Sie denn Ihrer Heimatstadt Hamburg?
Ich komme immer wieder gerne zurück, wenn es zeitlich passt und treffe mich mit meiner Familie und meinen Freunden. Auch meinem früheren Club statte ich einen Besuch ab. Ich werde immer ein Hamburger Junge sein.
Können Sie sich noch an Buxtehude erinnern?
Ja, Simon und Clemens Sommerfeld kommen aus Buxtehude. Mit den beiden habe ich früher in Hamburg zusammengespielt. Es ist aber schon ein bisschen her, als ich das letzte Mal dort war. Ich habe mit den Jungs in meiner Freizeit Football gespielt und danach mit ihnen gegrillt. Das hat immer Spaß gemacht.
Eine Auswahl deutscher Spieler mit mindestens einem NFL-Einsatz (Jahr des Debüts, Club):
Horst Mühlmann (1970, Cincinatti), Uwe von Schamann (1979, Miami), Markus Koch (1986, Washington, D.C., 2 Superbowl-Erfolge), Constantin Ritzmann (2005, Atlanta), Sebastian Vollmer (2009, New England, 1 Superbowl-Erfolg), Markus Kuhn (2012, New York), Björn Werner (2013, Indianapolis), Kasim Edebali (2014, New Orleans), Mark Nzeocha (2015, Dallas)
Kasim Edebali (26) wurde in Hamburg geboren. Sein erstes Football-Team waren die Hamburg Huskies. Seit 2007 ist Edebali in den USA. Zunächst war er durch ein Stipendium am Boston College. 2014 gelang ihm bei den New Orleans Saints der Sprung in die US-Profiliga NFL. Der Linebacker ist 1,88 Meter groß und 116 Kilogramm schwer.
