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Überfall hat schlimme Folgen für Freiburger Familie

Vor dem Landgericht Stade hat am Freitag der Prozess gegen einen Mann aus Schleswig-Holstein begonnen, der im März bei einem Einbruch im Flecken Freiburg eine Mutter und ihre Tochter mit einem Hammer malträtierte.

Von Daniel Beneke Freitag, 02.09.2016, 18:33 Uhr

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Die Staatsanwaltschaft wirft ihm versuchten Mord vor. Offenbar spielten bei dem Überfall Drogen eine Rolle. Der Angeklagte ist geständig.

Den 23. März werden sie nicht vergessen, das machten ihre Aussagen am ersten Verhandlungstag deutlich. Mutter Marion M. (43), ihr Lebensgefährte Reza S. (54) und die gemeinsame Tochter Giulia S. (13) erlebten einen Überfall, wie sie ihn nicht für möglich gehalten hätten. Die Freiburgerin war gerade aufgestanden und hatte die Hunde in den Garten gelassen, als sie einen Mann die Auffahrt entlanghuschen sah. Sie vermutete einen Handwerker, wollte sich schnell etwas anziehen und ihm dann die Tür öffnen. Da zerbrach auch schon das Glas in der Eingangstür, die der Angeklagte schließlich von innen öffnete. Mit einem Hammer, den er vermutlich mitbrachte, schlug er auf Marion M. ein.

Von den Schreien der Mutter geweckt, eilten Vater und Tochter hinunter. Der Täter ging auch auf sie los, Reza S. konnte ihn aber schließlich aus dem Haus drängen. Die drei mussten wegen schwerer Kopfverletzungen ärztlich behandelt werden, Marion M. lag zwei Tage auf der Intensivstation des Stader Elbe Klinikums. Die Folgen waren verheerend. „Es ist nichts mehr so wie vorher. Die Unbeschwertheit ist dahin“, sagte die Mutter. Albträume und Panikattacken bestimmen seither das Leben der Familie, die in psychotherapeutischer Behandlung ist. Enorme Summen steckten sie in ihr Haus am Ortsrand von Freiburg, das nun mit verstärkten Türen und Fenstern sowie Überwachungskameras gesichert ist.

Der Ablauf der Tat ist weitgehend unstrittig. Der Angeklagte, Matthias S. (30) aus Elmshorn, gab auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Matthias Bähre die wesentlichen Handlungen zu. An viele Details könne er sich aber nicht erinnern, gab seine Verteidigerin, die Stader Anwältin Katrin Bartels, zu bedenken. Dabei erzählte ihr Mandat freigiebig die Hintergründe des Verbrechens: Er konsumierte am Tag vor dem Überfall, wie bereits zuvor in regelmäßiger Häufigkeit, Drogen. Von einem Cocktail aus Alkohol, Heroin, Benzodiazepinen und Cannabis war die Rede. Nachmittags will der arbeitslose, ehemalige Student der Betriebswirtschaftslehre zu Fuß von seinem Heimatort Elmshorn mehrere Stunden lang zum Fähranleger in Glückstadt gelaufen sein und unterwegs ein Fahrrad gestohlen haben. Mit der ersten Tour ging es dann, so berichtete der Angeklagte, morgens um 5 Uhr nach Wischhafen. Er wollte bei einem Autohändler in Drochtersen den Bus seines Großvaters abholen und um eine Anstellung bitten, entschied sich in der Dämmerung aber spontan zu einer Fahrradtour. So landete der junge Mann in Freiburg, wo er umherirrte und eher zufällig auf den Hof von Marion M. und Reza S. stieß.

Aufmerksam verfolgte der Angeklagte die Zeugenaussagen und schien selbst erschrocken zu sein über die Brutalität, die er an den Tag gelegt hatte. Die Opfer treten als Nebenkläger auf. Eine Entschuldigung des Angeklagten konnten sie nicht annehmen. „Für mich macht es den Eindruck, dass Sie sich hier profilieren wollen“, sagte Marion M. in Richtung des Angeklagten. Sie ist sich sicher: „Er wollte uns töten.“

Wenige Stunden nach dem Überfall ging er der Polizei ins Netz. Der Freiburger Ermittler Heinz Hagedorn kam ihm nach einem Zeugenhinweis auf die Schliche. Er war der erste Beamte am Tatort und ahnte, dass es sich hier um einen Anschlag gegen das Leben der Opfer handeln könnte. Über mehrere Stunden lief eine groß angelegte Fahndung mit Hubschrauber und Hunden, berichtete der Dorfpolizist. Die Beamten brachten Matthias S. in Stader Gewahrsam, mussten ihn aber wegen fehlender Haftgründe wieder laufen lassen. Gegenüber den Polizisten hatte er keine Angaben gemacht.

Erst einige Tage später, in einem psychiatrischen Landeskrankenhaus, legte er bei einer Vernehmung ein Geständnis ab. Dort gab der Elmshorner an, ursprünglich die Absicht gehabt zu haben, die beiden auf dem Freiburger Anwesen abgestellten Autos zu stehlen. Er habe „aus Habgier“ gehandelt – so steht es in dem Protokoll der Polizei. Damit wäre ein Merkmal der sogenannten niederen Beweggründe erfüllt, was eine Anklage wegen versuchten Mordes möglich macht. Gegenüber der Kammer revidierte der Angeklagte diese Aussage allerdings. Er wisse nicht mehr, warum er die Tat verübt hat.

Der Prozess am Landgericht wird am Montag, 12. September, um 8.30 Uhr fortgesetzt.

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