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Junioren-Bundesliga

VfL-Horneburg-Talente siegen vor großer Kulisse

Ole Hagedorn führt die Torschützenliste der Jugend-Bundesliga mit 60 Treffern an. Foto: Scholz

Ole Hagedorn führt die Torschützenliste der Jugend-Bundesliga mit 60 Treffern an. Foto: Scholz

Die Handballer des VfL Horneburg haben ihren ersten Saisonsieg in der A-Jugend eingefahren. Mit 35:29 (19:16) setzten sie sich beim MTV Lübeck durch – vor einer ungewöhnlich großen Kulisse. Wie die jungen Handballer damit zurechtkamen.

Von Tim Scholz Sonntag, 26.09.2021, 20:27 Uhr

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Die Horneburger stibitzen den Ball, kontern, treffen – und beenden Lübecks Aufholjagd. Jonas Gerkens dreht sich zum gegnerischen Fanblock, legt seinen Zeigefinger auf den Mund, als wolle er ausdrücken: Seid ruhig, ihr werdet uns eh nicht mehr einholen! Die Halle kocht, wie es im Sportjargon heißt. Die Handballer spielen mit dem Publikum, und das Publikum spielt mit den Handballern. „Da waren ordentlich Emotionen drin“, sagt Gerkens, aber natürlich sei alles mit Humor zu nehmen. Auch sein Mitspieler Luca-Elias Weiß bekam einiges zu hören. Als Außenspieler war er in der ersten Halbzeit besonders nah an der Tribüne. „Da bekommt man noch mehr mit, aber das heizt einen an.“

Erster Sieg in der Vorrunde

Folglich lässt sich unterstellen, dass die Horneburger gut mit den äußeren Umständen zurechtkamen, womöglich sogar zusätzliche Energie aus der Atmosphäre ziehen und die Partie deutlich gewinnen konnten. Nach zwei Niederlagen zum Auftakt war es ihr erster Sieg in der Vorrunde der A-Jugend-Bundesliga, und zwar vor einer relativ großen Kulisse. In der Staffel 1, in der die Horneburger starten, liegt der Schnitt aktuell bei 286 Zuschauern. Der MTV Lübeck aber sticht mit einer für die höchste deutsche Jugendklasse ungewöhnlichen Kulisse heraus: 550 Zuschauer kamen zum ersten Heimspiel der Lübecker, 530 Menschen saßen am Sonnabend auf den beiden gegenüberliegenden Tribünen der Hansehalle, darunter rund 100 Fans aus Horneburg.

In Zusammenarbeit mit der Stadt hat der MTV Lübeck die 2100 Zuschauer fassende Spielstätte des Männer-Zweitligisten VfL Lübeck-Schwartau gemietet – für einen hohen dreistelligen Betrag. Die Familien der Spieler und der Verein übernahmen den Ordnungsdienst, Tresenverkauf und Aufbau und mobilisierten viele Handballbegeisterte in der Region. „Wir haben allerdings mit mehr Zuschauern gerechnet“, sagt ein Verantwortlicher. Die Rede war von bis zu 1000 Fans. Und dennoch: „Das war Werbung für den Jugendhandball“, sagt Horneburgs Trainer Stefan Hagedorn.

Trainer erinnert ans Wesentliche

Kurz vor dem Spiel, im ersten Stock der Halle, versammelt Hagedorn seine Spieler in der Kabine. Taktik und Aufstellung sind bekannt, der Trainer erinnert die Mannschaft in seiner knapp zweiminütigen Ansprache nur noch an das Wesentliche: „Blockiert den Kreisläufer!“ „Lasst euch nicht seitlich sperren!“ „Habt hinten die rechte Seite im Blick!“ Die Spieler sitzen auf Bänken, einige blicken zu Boden. „Jungs, es wird ein Handball-Fest für uns! Wir haben alle Bock und fahren mit zwei Punkten nach Hause!“ Die Handballer klatschen, brüllen, es ist ohrenbetäubend.

In der Halle entwickelt sich eine mitreißende Partie. Ein Beispiel aus der 14. Minute: Erst treffen die Lübecker mit einem für den Torhüter verdeckten Schlagwurf zum 8:8, sehenswert. Im Gegenzug hebt Luca-Elias Weiß den Ball aus spitzem Winkel im Flug über den MTV-Keeper, 9:8. „Ohhh“ raunt es durch die Halle.

Die Horneburger pushen sich vor dem Spiel.

Die Horneburger pushen sich vor dem Spiel.

Auch in der zweiten Halbzeit lässt die Intensität nicht nach. Die Lübecker Fans reagieren mit „Schieber“-Rufen, wenn ein MTV-Handballer vom Feld muss, und applaudieren, als VfL-Trainer Hagedorn für eine Bemerkung eine Zeitstrafe kassiert. Wenig später steht der Horneburger Block, als der eingewechselte Bjarne März einen Siebenmeter pariert. „Ein Wahnsinnsspiel“, merkt Lübecks dritter Torhüter an. Für ihn war kein Platz im Kader, er hält das Spielgeschehen nun mit der Kamera fest.

Grandioser Ole Hagedorn

Der herausragende Akteur ist Ole Hagedorn, der Sohn des Trainers. Der 2,03 Meter große Rückraumspieler überragt die defensiv eingestellte MTV-Abwehr und erzielt bis zur neunten Minute alle sechs Horneburger Tore. Es wirkt beeindruckend leicht. „Die Abwehr des Gegners hat mir gelegen“, sagt Hagedorn. Das umworbene Talent spielt nicht ganz fehlerfrei, und trifft dennoch 16 Mal bis zum Ende. Wenig später sitzt er mit einem Mikrofon in der Hand auf einem Hocker am Spielfeldrand und beantwortet die Fragen des Moderators. Die Partie wurde live im Internet übertragen; die Zuschauer wählten Hagedorn zum Spieler des Spiels.

Aber Hagedorn war nicht der einzige Faktor für den Start-Ziel-Sieg. Da ist vor allem auch das Tempospiel, das diesmal im Vergleich zur vorherigen Partie gegen Flensburg-Handewitt funktionierte. „Wir haben extra abgesprochen, dass ich auf die erste Welle gehen soll“, sagt Linksaußen Weiß (7 Tore). Das klappte einige Male ganz gut. Der VfL nutzte den schwachen Rückzug des MTV Lübeck aus, erzielte so die einfachen Treffer. Trainer Hagedorn bescheinigte Weiß sein bestes Spiel im VfL-Trikot. Und in der zweiten Welle kamen insbesondere Ole Hagedorn und Jonas Gerkens ins Spiel. Gerkens (6 Tore) kehrte erst am Vorabend von der Kursfahrt aus Krakau zurück, ging also ohne direkte Vorbereitung ins Spiel. Offenbar kein Problem für ihn.

Luca-Elias Weiß überzeugte auf Außen.

Luca-Elias Weiß überzeugte auf Außen.

Trainer Hagedorn steht nach der Partie in den Katakomben, sagt, dass ihn der Sieg gegen die junge Lübecker Mannschaft nicht überrasche. „Heute hat man gesehen, dass wir die Mannschaft sind, die schon ein Jahr Jugend-Bundesliga spielt.“ Doch aus Trainer-Sicht glänzt nicht alles: Die Abwehrleistung hätte besser sein können, ebenso das Zweikampfverhalten und das Auftreten in Überzahlsituationen. Und da ist eine statistische Auffälligkeit: Null Strafwürfe aufseiten Horneburgs. Hagedorn: „Wir spielen 60 Angriffe und haben nicht einen Siebenmeter – wie kann das sein?“ Ob sich diese Frage an die Schiedsrichterinnen oder die eigene Mannschaft richtet, sei dahingestellt. Es reichte auch so für den Sieg. Die Mannschaft verschwindet mit zwei Kästen Bier in der Kabine und lässt sich den Erfolg schmecken.

VfL-Tore: Ole Hagedorn 16, Weiß 7, Gerkens 6, Kortstegge 3, Reinhardt 2, Saul 1

 

Der VfL-Nachwuchs macht Stimmung auf der Tribüne.

Der VfL-Nachwuchs macht Stimmung auf der Tribüne.

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