Zähl Pixel
Mein Verein

Welche Vorurteile es über Bridge gibt - und warum sie nicht stimmen

Versammelt am Spieltisch : die Aktiven des Bridge-Clubs Stade mit Präsidentin Helga Hamann (vorne rechts).

Versammelt am Spieltisch : die Aktiven des Bridge-Clubs Stade mit Präsidentin Helga Hamann (vorne rechts).

Was Bridge mit Golf und Tennis zu tun hat, liegt auf der Hand: jede Menge Vorurteile, die Spiel und Spieler betreffen. Ist Bridge tatsächlich was für Stubenhocker und total langweilig? Ein Besuch beim Bridgeclub Stade.

Von Wilfried Stief Sonntag, 20.02.2022, 14:00 Uhr

Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!

„Ja, manchmal ärgere ich mich auch“, gibt Elisabeth Brüggenwerth zu. Und dennoch: Seit über 20 Jahren spielt die 88-jährige Staderin Bridge und sie spielt gern. Darum kommt sie jeden Donnerstag zum Bridgeabend in die Räume der Betreuungsdienste in der Poststraße in Stade.

Gegen 18.30 Uhr trudeln die Spielerinnen nach und nach ein. Man kennt sich. Die älteren Herrschaften – die Frauen sind massiv in der Überzahl – begrüßen sich, klönen kurz, aber dann geht es auch schon los. Je zu viert setzen sie sich an einen Tisch, die sich gegenüber sitzenden Spieler machen gemeinsame Sache gegen die jeweils anderen.

Günter Hamann hat einen festen Spielpartner, mit dem er die Runden am Tisch bestreitet. Es ist ein großer Vorteil, die Spielweise des Kompagnons zu kennen. Und der 83-Jährige und der 90-Jährige sind da ein gutes Team. Mitunter geht natürlich auch was schief, das ist beim Bridge nun mal so. Und dann wird es eben ärgerlich, wenn die anderen haushoch gewinnen und die Punkte einsacken. Von daher sei es nicht immer empfehlenswert, mit seinem Ehepartner zu spielen, verrät Hamann. Das sagt er aber mehr im Scherz. Denn mit seiner Frau hat Günter Hamann schon viele Partien gespielt – und gewonnen.

Turniere gegen Freunde aus Schweden

Helga Hamann ist die Vorsitzende des Bridgeclubs Stade. Die Geschichte des Vereins und die Besonderheiten hat die Bützfletherin erst kürzlich zusammengestellt, als der Club 40 Jahre alt wurde. Was da alles zusammenkam, macht einem ausgefüllten Vereinsleben alle Ehre.

Gleich nach der Gründung des Clubs 1981 suchten und fanden die Stader den Kontakt zu schwedischen Bridgespielern. Während der Schwedenwoche kam es zu einem Teamturnier, sogar der schwedische Konsul aus Hamburg, Verfasser von Bridge-Lehrbüchern, war dabei. „Alle zwei Jahre ging es nach Schweden und umgekehrt“, erzählt Helma Hamann. 2008 schlief der Kontakt nach 28 Jahren ein, weil die Schweden die Organisation nicht mehr bewerkstelligen konnten.

Auch der Garnisonschef in der Kaserne in Seedorf entpuppte sich als leidenschaftlicher Bridgespieler. Der Kampf gegen die holländischen Spieler dauerte oft bis zum frühen Morgen, und dann ging es anschließend gleich ins Schwimmbad. Auch das ist Geschichte.

Jeder hatte schon einmal ein Amt inne

Die Stader Akteure zelebrierten das Kartenspiel auch als Turniersport. Bezirks- und Landesmeisterschaften übten ihren Reiz aus. Zu den Turnieren kamen auch die Männer mit, erinnert sich Helga Hamann. Die vertrieben sich dann mit Skat die Zeit, in der ihre besseren Hälften so richtig die grauen Zellen arbeiten ließen. Zu den Ausflügen zu Turnieren unternahmen die Bridgespieler noch Fahrrad- und Auto-Rallyes und viele private Veranstaltungen, so dass viele Freundschaften entstanden – und manch einem oder einer war der Bridgeclub auch ein zweites Zuhause.

Nicht nur den Umgang mit den Karten haben die Stader Spieler drauf, sondern sie wissen auch, was zum Vereinsleben gehört. Bei ihrer Durchsicht stellte Helga Hamann fest, dass fast jeder schon mal ein Amt innehatte. Und mitunter lange dabeiblieb: Dagmar Zschintzsch zum Beispiel wurde 1985 zur Sportwartin gewählt und ist es heute noch – nach 36 Jahren.

Der Verein schrumpft

Eine Frauenrunde führte den späteren Bridgeclub bereits 1974 aufs Spielfeld. Die Damen trafen sich im Tennisheim, um interessante Themen zu besprechen. Als das Interesse erlahmte, sannen sie nach einem neuen Kick. Den brachte das Bridge mit Brigitte Kühn an der Spitze, die fleißig Unterricht gab. Das einfache Rubberbridge ließen die Spieler schnell hinter sich und peilten das Turnierbridge an. Die Stader mussten improvisieren und zum Beispiel Taschen für die Karten selbst basteln. „Damals gab es noch keine gedruckten Laufkarten und Biddingboxen“, erinnert sich Helga Hamann.

Den Höchststand an Mitgliedern hatte der Club vor 20 Jahren. Da beteiligten sich 100 Aktive am Spielgeschehen. Seitdem schrumpft der Verein.

Es gibt aber auch Neuzugänge: Erst seit wenigen Wochen ist Anita Quadt dabei. Skat und Doppelkopf konnte sie bereits, als sie vor einem Jahr begann, sich mit Bridge zu befassen. 30 Unterrichtsabende absolvierte sie seitdem, jetzt ist sie im Club frischgebackene Spielerin. Ihr Vorsatz seit Jahren: „Wenn ich in Rente bin, will ich Bridge lernen und spielen können.“ Auch Dr. Anna Rieth ist vor wenigen Jahren auf das Kartenspiel aufmerksam geworden. Die Agathenburgerin schätzt am Spiel die ständigen Herausforderungen.

Aufräumen mit Vorurteilen

Wer in Stade Bridge lernen will, ist nicht auf sich allein gestellt. Neben Lehrgängen im Internet gibt es auch Unterrichtsangebote. „Unser Verband ist rege“, bekräftigt Helga Hamann.

Bei ihrem Rückblick auf die Vereinsgeschichte kann die Club-Vorsitzende mit vielen Vorurteilen aufräumen. Von wegen Stubenhocker und langweilig. Im Club war immer was los. Und daher erhoben die Vereinsmitglieder zum 40. Geburtstag des Bridgeclubs Stade ihr Glas, um auf die Zukunft zu trinken. Und es gab diesmal nicht das Spezialgetränk, das früher gern bei Ausflügen getrunken wurde: Gabiko. Helga Hamann übersetzt gern: „Das steht für ganz billiger Korn.“

Wann die Clubs spielen

Der Bridgeclub Stade ist erreichbar unter 0 41 46 / 56 85 (Helga Hamann).

Gespielt wird auch beim Bridgeclub Buxtehude. Der Club spielt in eigenen Räumen in Bliedersdorf. Und zwar an vier Tagen: Montag ab 14 Uhr, Dienstag ab 19 Uhr, Freitag ab 14 Uhr und Sonntag ab 19 Uhr.

Dienstags und sonntags finden die Turniere zurzeit als digitale Turniere auf der Plattform RealBridge statt. Anmeldungen bei Turnierleiterin Kerstin Klindworth unter 0 41 67/ 14 86 oder kerstinklindworth@hotmail.de. Gastspieler sind willkommen.

Das Spiel mit 52 Karten: Wie Bridge funktioniert

Bridge besteht aus zwei Phasen: die Reizung und das Kartenspiel. Beim Reizen bieten die Spieler um die Anzahl von Stichen, die sie erhalten werden. Der Zweck der Reizung ist auch, dem Partner Informationen über die Stärken und Schwächen des eigenen Blatts mitzuteilen. Wenn die Reizung beendet ist, beginnt das Spiel. Hier ist das Ziel, möglichst viele Stiche zu erzielen. Am Ende wird abgerechnet. Diese Erklärung ist allerdings nur die Spitze des Bridge-Eisbergs. Das Biet-System und die Abrechnung am Spielende und besondere Bezeichnungen wie Treff statt Kreuz machen das Spiel schwerer, aber auch reizvoll.

Weitere Themen

Weitere Artikel