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Integration

Wie eine junge Sudanesin in Hemmoor eine neue Heimat fand

Marim Omer Abdelkarim Mohammad, vereinfacht Miriam, schafft es durch Mut, große Willenskraft und auch mit Hilfe der Unterstützung ihrer deutschen „Mama“, sich eine Zukunft in ihrer neuen Heimat aufzubauen.

Marim Omer Abdelkarim Mohammad, vereinfacht Miriam, schafft es durch Mut, große Willenskraft und auch mit Hilfe der Unterstützung ihrer deutschen „Mama“, sich eine Zukunft in ihrer neuen Heimat aufzubauen. Foto: Privat

Marim Omer Abdelkarim Mohammad kam 2015 nach ihrer Flucht aus Afrika nach Deutschland. Trotz Herausforderungen baute sich die junge Frau im Kreis Cuxhaven eine Zukunft auf. In Hemmoor ist sie voll integriert.

Von Arno Grewe Montag, 14.10.2024, 11:00 Uhr

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Hemmoor. Es war der 20. Dezember 2015; ein Datum, das Marim Omer Abdelkarim Mohammad nicht vergessen wird. Sie kam in Hemmoor an. Mit diesem Datum endete für die damals 25-Jährige eine beschwerliche Odyssee, die sie aus ihrer Heimat Libyen ins Cuxland führen sollte. Die Geschichte von Miriam, wie sie eigentlich richtig heißt („in meinen Pass hat sich ein Fehler eingeschlichen“), ist ungewöhnlich. Mit großem Willen und Motivation baut die junge Afrikanerin gerade Mosaikstein für Mosaikstein an ihrer Zukunft in Deutschland.

„Ich hatte gleich einen positiven Eindruck hier von Land und Leuten“, erinnert sich Miriam an ihre Ankunft in Hemmoor: „Es ging gleich alles zicki-zacki. Ich wusste gar nicht, wie schnell hier alles passiert.“ Ihre Mutter stammt aus dem Tschad, ihr Vater aus dem Sudan.

Beim DRK in Hemmoor wird sie gut aufgenommen

Die deutsche Sprache hat sie schnell erlernt. „Anke Müller-Belecke vom Deutschen Roten Kreuz Hemmoor, die ja leider verstorben ist, hat mich hier gut aufgenommen und betreut“, erzählt Miriam. „Dann habe ich Dagmar Schneeclaus kennengelernt.“ Die Leiterin des DRK-Shops in Hemmoor nahm die junge Sudanesin unter ihre Fittiche. Miriam hatte Lust, sich im DRK-Shop ehrenamtlich einzubringen und gehört so seit 2016 zum aktuell 22 Frauen und drei Männer umfassenden Team. Die überwiegend älteren und weiblichen Ehrenamtlichen sagten der jungen Frau aber freundlich: „Wenn du hier bei uns helfen willst, dann musst du Deutsch lernen.“

Gesagt, getan. Durch ihr aufgeschlossenes Wesen und eine große Portion Lernfähigkeit erweiterte Miriam ihren deutschen Sprachschatz kontinuierlich und konnte sich so nach kurzer Zeit mit den anderen Ehrenamtlichen verständigen. Der erste richtige Deutsch-Kursus an der Oste-Schule in Hemmoor folgte und verbesserte das Deutsch der jungen Frau zusätzlich.

In Libyen hat sie Englisch an der Universität studiert

Was der 33-Jährigen ebenfalls häufig weiterhilft, ist ihr gutes Englisch - für eine Afrikanerin mit Muttersprache Arabisch ist das nicht selbstverständlich. „In Libyen, wo ich gelebt habe, habe ich Englisch an einer Universität studiert und dort die Befähigung, als Englischlehrerin zu unterrichten, erworben.“

In Afrika arbeitete Miriam als Verkäuferin und studierte nebenbei. „Hier in Hemmoor habe ich ebenfalls als Verkäuferin gearbeitet, neben meiner Tätigkeit im DRK-Shop“, berichtet die Sudanesin. So schaffte sie es, durch ihr Erspartes den Führerschein zu finanzieren. „Die praktische Fahrprüfung habe ich gleich im ersten Anlauf geschafft“, erzählt sie stolz. Die Theorieprüfung durfte sie in ihrer Heimatsprache Arabisch ablegen und meisterte auch diese.

Aktuell ist Miriam an fünf Tagen in der Woche, drei Monate lang, beim Institut für Berufliche Bildung (IBB) in Cadenberge, um in einem Vollzeitkursus das Zertifikat als Betreuungskraft zu erwerben. „Es wird danach für mich einfacher werden, das Familiäre und Berufliche miteinander zu verbinden“, erklärt Miriam, die alleinerziehend und dreifache Mutter ist. „Mein Berufswunsch ist es, als Betreuungskraft in der Tagespflege zu arbeiten. Beim DRK in Hemmoor habe ich schon mal ein Praktikum absolviert.“ Miriam schmunzelt: „Da habe ich gehört, dass die älteren Menschen hier viel Plattdeutsch sprechen. Das möchte ich auch gerne lernen.“

Deutsche Pünktlichkeit hat sie schon gelernt

Auch „deutsche Eigenschaften“ hat Miriam schon registriert: „Die deutsche Pünktlichkeit habe ich schon gelernt“, sagt sie und muss lachen. Die deutsche Küche gefällt ihr gut: „Gulasch ist mein Lieblingsessen.“ Dann spricht sie ein ernstes Thema an: „In Libyen werden Menschen mit dunkler Hautfarbe sehr negativ gesehen. Das habe ich hier in Hemmoor glücklicherweise ganz anders erlebt.“

Da sich Miriam vom Lohn ihrer Arbeit ein kleines, älteres Auto leisten kann, zieht sie auch zum Thema Straßenverkehr einen Vergleich: „In Deutschland ist alles durch Regeln festgehalten, das finde ich gut. Denn in Libyen fährt jeder nach dem Motto: Die Straße gehört mir, und ich fahre, wie ich gerade Lust habe.“

Junge Afrikanerin möchte schwimmen lernen

Walking nennt Miriam als Hobby, und sie äußert an dieser Stelle einen sportlichen Wunsch: „Mein Traum ist es, schwimmen zu lernen. Am besten in einem Kursus für Erwachsene.“ Nicht auszudenken, welche Konsequenzen ein Kentern des Schlauchbootes, in dem Miriam neben vielen anderen Geflüchteten saß und das Kurs auf Lampedusa nahm, gehabt hätte.

„Ich habe Glück gehabt, dass ich die richtige Familie hier bekommen habe“, strahlt Miriam und blickt dankbar zu Dagmar Schneeclaus hinüber. „Sie ist wie eine Mama für mich.“ Die 33-Jährige kann stolz darauf sein, durch ihre positive Ausstrahlung, ihren Mut und ihre Willenskraft als alleinreisende Afrikanerin in Deutschland angekommen zu sein und bereits jetzt eine Menge für sich und ihre neue Heimat geschafft zu haben. Für ihr ehrenamtliches Engagement wurde sie von der Stadt Hemmoor ausgezeichnet.

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