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Richard Wilke verabschiedet sich aus der Politik

Der künftige Polit-Pensionär Richard Wilke vor seinem Wohnhaus an seinem Forellenhof in Horneburg. Foto Lohmann

Der künftige Polit-Pensionär Richard Wilke vor seinem Wohnhaus an seinem Forellenhof in Horneburg. Foto Lohmann

Mehr als 40 Jahre lang hat er Politik gemacht, jetzt verabschiedet sich Richard Wilke in den Ruhestand. Bei der Kommunalwahl hatte der frühere Landrat, Samtgemeinde-Bürgermeister und CDU-Kreistagspolitiker nicht mehr in Horneburg kandidiert.

Von Sabine Lohmann Montag, 19.09.2016, 17:30 Uhr

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Dass Richard Wilke drei Jahrzehnte lang nur auf Samtgemeinde- und Kreisebene politisch aktiv war, hängt mit einem Irrtum zusammen. Als die Samtgemeinde Horneburg 1972 im Zuge der Gebietsreform entstand, seien alle davon ausgegangen, dass es sich dabei um ein Provisorium handelt, erzählt der Horneburger. 1972 kandidierte der damals 27-Jährige deshalb nicht für den Fleckenrat, sondern nur für den Samtgemeinderat, dem er seit der Gründung ununterbrochen bis 2011 angehörte. Die Einheitsgemeinde wurde nie realisiert – und wird „in absehbarer Zeit auch nicht kommen“, ist Richard Wilke heute überzeugt. Von 1981 bis 1996 war er ehrenamtlicher Bürgermeister in der Samtgemeinde.

1981 wurde der CDU-Politiker auch in den Kreistag gewählt, in dem er sich 30 Jahre lang einbrachte. Zehn Jahre – von 1989 bis 1999 – war er ehrenamtlicher Landrat, zwei Jahre Kreistagsvorsitzender, zehn Jahre Fraktionschef. Viele Bürgermeister und Landräte hat er kommen und gehen gesehen, viele Geschichten kann er aus jener Zeit erzählen.

Auf der Veranda seines Hauses auf dem Forellenhof in Horneburg sitzt der 71-Jährige, schaut auf die Fischteiche, ins Auetal, und erinnert sich. Besonders gut gefiel ihm an der politischen Arbeit in den 80er Jahren, „dass wir noch gut Geld gehabt haben“, bevor der Spielraum immer enger wurde. Das war die Zeit der großen Projekte: Natureum, Schloss Agathenburg; auch das Stadeum wurde bezuschusst. Schulen waren immer ein Thema, solange er Politik gemacht habe. Unvergesslich ist für ihn die Wiedervereinigung. Von Horneburg aus – er war zu der Zeit zugleich Landrat und Samtgemeindebürgermeister – wurde Aufbauhilfe für den Kreis Neubrandenburg und die Stadt Friedland geleistet. „Freundschaften bestehen heute immer noch.“

Dass er als Samtgemeindebürgermeister mit dazu beitragen konnte, den historischen Burgmannshof in Horneburg zu erhalten, freut ihn auch. „Das Gebäude wäre sonst heute ein Aldi-Markt, es war schon verkauft“, erzählt er.

2011 kandidierte Richard Wilke nicht wieder für das wichtigste Gremium im Kreis, sondern erstmals in seiner langen ehrenamtlichen Politik-Karriere für den Rat seines Heimatdorfes. Wenn er gewusst hätte, wie erfüllend das sei, hätte er früher damit angefangen, sagt der Lokalpolitiker. Nur für eine Wahlperiode wollte er noch antreten, das hatte er damals angekündigt. Denn er sei der Meinung, man sollte rechtzeitig aufhören.

Die letzten fünf Jahren machte der Fischzuchtmeister Dorfpolitik, als Vorsitzender des Bauausschusses konnte er sich ganz seiner Leidenschaft widmen: dem Planen und Bauen. „Ich konnte für den Ort direkt viel tun“, sagt der Unternehmer, der den Familienbetrieb mit 21 Jahren von seinem Großvater übernommen hatte, da sein Vater im Krieg gefallen war.

Richard Wilke erinnert an das Millionenprojekt Aue-Verlegung, an deren Kompromisslösung er mitgewirkt hat. „Alle haben mitgezogen und letztendlich sind jetzt alle begeistert“, sagt er. Das nächste große Projekt, die Städtebausanierung, ging ebenfalls nicht reibungslos über die Bühne. Immer wieder tauchten neue Hürden auf, Probleme mussten gelöst werden. „Der Rest der Langen Straße steht noch an, das dürfte aber unproblematisch werden“, meint er. Erst spät habe der Flecken für diesen letzten Bauabschnitt Fördergelder bewilligt bekommen. Dass die von ihm mit angeschobene Ortskernsanierung nicht in seiner Wahlperiode beendet wurde, ärgert den scheidenden Politiker. „Wenn alles glatt verlaufen wäre, wäre es jetzt fertig.“

Das nächste Projekt, das Baugebiet Blumenthal, Thema seiner letzten Bauausschuss-Sitzung am 27. September, wird jetzt ohne ihn realisiert. „Auch da wollten wir schon weiter sein.“ Für die Entwicklung Horneburgs sei das Wohngebiet wichtig, sagt der Horneburger, der in doppelter Weise mit drin hängt: als Politiker und als Mitglied des Verwaltungsrats der Kreissparkasse, die das Baugebiet erschließt. „Ich bin schon angesprochen worden, ich sollte doch weitermachen, weil ich im Thema bin“, sagt der 71-Jährige. Doch dann hätte er sich für die nächsten fünf Jahre festlegen müssen. „Für den neuen Rat sind gute Leute gewählt worden, es geht garantiert ohne mich“, sagt er. Wer meint, er sei unersetzlich, habe einen Fehler gemacht. Sein selbstgesetztes Ende ist für ihn deshalb selbstverständlich: „Für mich ist jetzt Schluss.“

Seit mehr als 50 Jahren ist Richard Wilke Mitglied beim VfL Horneburg. Als Junge hat er dort Fußball gespielt, doch schon lange ist er nicht mehr aktiv. Das gilt auch für die Vereine, die er mitgegründet hat: den Heimatverein und den Förderverein. Gründungsmitglied war er auch 1972 beim CDU-Ortsverein Horneburg, der nach Gründung der Samtgemeinde entstand.

Jetzt freut sich Richard Wilke auf eine Zeit ganz ohne Politik, darauf, abends häufiger zuhause zu sein. Der Pächter der Horneburger Jagd und ehemaliger Hegering-Leiter wird häufiger auf die Jagd gehen. Jederzeit ins Revier gehen, Natur genießen, anpflanzen – da gebe es viele Möglichkeiten, Langeweile werde nicht aufkommen, ist er sicher. Auch auf dem Forellenhof gebe es immer Arbeit. So will er seinen Sohn Carsten vertreten, wenn der im Urlaub ist. Von seinen Enkeln hat er bereits den Auftrag, einen Hühnerstall zu bauen. Für die fünf Enkel, von denen drei mit auf dem Hof leben, zwei in Jork, wird er jetzt noch mehr Zeit haben. Und er wird sich vermehrt Zeit nehmen für den Club der Agrar-Pensionisten (CAP). Clubnachmittage mit Vorträgen und Reisen werden ihm hier geboten.

Sein Traum: „Ich wollte immer mal nach Kanada.“ Auch den könnte er sich noch erfüllen. Doch schließt Richard Wilke nicht aus, sich irgendwann doch noch irgendwo einzubringen, wenn zum Beispiel ein Verein, der Unterstützung braucht, auf ihn zukommt. „Das muss sich ergeben.“

Politiker a.D.

In der Reihe „Politiker a. D.“ stellt das TAGEBLATT wiederkehrend bekannte Lokalpolitiker vor, die sich nach vielen Jahren Arbeit im Rat ihrer Stadt oder Gemeinde aus der aktiven Politik zurückziehen.

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