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Forscher der Uni Hamburg auf der Jagd nach Dunkler Materie

Mit ihrem Experiment „Madmax“ könnte Erika Garutti die Annahmen des theoretischen Physikers Alexander Ringwald beweisen. Foto Willuhn

Mit ihrem Experiment „Madmax“ könnte Erika Garutti die Annahmen des theoretischen Physikers Alexander Ringwald beweisen. Foto Willuhn

Dunkle Materie – sie macht angeblich 85 Prozent der Materie des Universums aus, hält die Galaxien zusammen und ist doch so schwer zu fassen. Auf dem Campus Bahrenfeld suchen Wissenschaftler der Universität Hamburg in einem Bunker nach den Bausteinen des Universums.

Donnerstag, 11.07.2019, 16:35 Uhr

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Die beiden Experimente „Brass“ (Broadband Radiometric Axion Searches) und „Madmax“ (Magnetized Disc and Mirror Axion Experiment) befinden sich in zwei nebeneinanderliegenden Räumen im Shell-Labor.

In dem bunkerähnlichen Gebäude aus dem Jahr 1968 befand sich früher ein Zyklotron-Beschleuniger. In die dreieinhalb Meter dicken Stahlbetonwände ist zusätzlich eine Verkleidung aus Kupfer eingelassen – die Labore sind so gegen jede Form von elektromagnetischer Strahlung von außen geschützt. Nur so sind die beiden Experimente überhaupt möglich.

„Brass“ und „Madmax“ beruhen nämlich auf der Theorie, dass besonders leichte Dunkle Materie, sogenannte Axione, sich in einem Magnetfeld wie Lichtteilchen verhalten und ein elektrisches Feld erzeugen. Die so entstehende elektromagnetische Strahlung wollen die Forscher messen und so die Existenz der Axione beweisen. Dafür dürfen keine anderen Strahlen die empfindlichen Messungen beeinflussen. Handys werden deswegen später in den Laboren tabu sein, die Elektronik ist abgeschirmt. Die Dunkle Materie ist hingegen bereits im Labor, sie durchdringt schließlich das gesamte Universum. „Wir könnten sie gar nicht aussperren, auch wenn wir es wollten“, sagt Astroteilchenphysiker Dieter Horns, der „Brass“ leitet.

Die beiden Experimente verfolgen einen ähnlichen Ansatz, setzen jedoch unterschiedliche Schwerpunkte. „Brass“ holt im Prinzip ein herkömmliches Radioteleskop in die abgeschotteten Laborräume. Ein Parabolspiegel mit zweieinhalb Metern Durchmesser steht bereits im ansonsten noch leeren Labor. Er ist auf die andere Ecke des Raums gerichtet. Dort will das Team von Horns zahlreiche kleine Supermagnete zu einer Wand zusammenfügen. In dem so geschaffenen Magnetfeld soll die Dunkle Materie die elektromagnetische Strahlung erzeugen. Der Parabolspiegel soll die schwachen Strahlenspuren aufspüren. Später könnte der Spiegel noch vergrößert werden. Trotzdem bliebe „Brass“ auch dann ein vergleichsweise schlankes Experiment – vor allem im Vergleich mit riesigen milliardenteuren Beschleunigern, an denen nach schwereren Formen von Dunkler Materie gesucht wird. Bislang kostete „Brass“ nicht einmal eine halbe Million Euro. Fünf bis acht Jahre lang will Horns experimentieren. „Anschließend könnte man den Parabolspiegel sogar als herkömmliches Radioteleskop nutzen“, sagt Horns.

Während „Brass“ also mit einem vergleichsweise simplen Aufbau und einem relativ schwachen Magnetfeld das Spektrum an Strahlung breit gestreut absuchen kann, geht „Madmax“ mit einem aufwendigeren Aufbau in die Tiefe.

Teilchenphysikerin Erika Garutti und ihr Team wollen 80 Scheiben aus einem speziellen Aluminiumoxid in einem starken Magnetfeld platzieren. Die Axionen aus Dunkler Materie sollen auf der Oberfläche dieser Scheiben Mikrowellen erzeugen, die sich dann messen lassen und so die Existenz der Axionen bestätigen. Der gesamte Aufbau befindet sich in einer Vakuumkammer und wird zusätzlich auf minus 269,15 Grad Celsius (4 Grad Kelvin) heruntergekühlt. Dadurch ist das Projekt technisch eine besondere Herausforderung.

„Wir suchen kleinbandig das ganze Spektrum ab“, beschreibt Garutti das Vorgehen. Würden die Kollegen nebenan die Dunkle Materie aufspüren, könnte das „Madmax“-Team gezielt genauere Messungen vornehmen. Das könnte allerdings dauern. Garutti rechnet damit, sich die nächsten zehn Jahre mit dem Projekt zu beschäftigen. Die Jagd nach dem Nachweis von Dunkler Materie beschäftigt derzeit viele Wissenschaftler auf der ganzen Welt. Hätten die Teams aus der Hansestadt Erfolg, wäre dies ein bedeutender Durchbruch auf der Suche nach den grundlegenden Bausteinen des Universums.

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