Obdachloser von der B73 ist in der Psychiatrie – Angriff auf Polizisten

Straßenwärter der Niedersächsischen Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr haben – nach der Einweisung in die Psychiatrie – am Freitagmorgen den Müll und die Habseligkeiten des Obdachlosen an der Bundesstraße 73 zwischen Rastplatz und Kre
Zwei Jahre lang hat der Obdachlose an der B 73 in Nottensdorf gelebt. Jetzt hat eine Richterin am Amtsgericht Buxtehude den Mann „wegen Eigengefährdung“ in eine psychiatrische Klinik eingewiesen. Freiwillig kam er nicht mit.
Premium-Zugriff auf tageblatt.de für nur 0,99 €
Jetzt sichern!
Denn er wollte nicht in den Rettungswagen einsteigen und griff die Polizisten an. Nach TAGEBLATT-Informationen hatte das Gericht ein ärztliches Gutachten über den Obdachlosen in Auftrag gegeben. Auf Grundlage der Einschätzung des Mediziners hat das Amtsgericht Buxtehude ihn in die Psychiatrie eingewiesen. Dort soll der Mann, der seit zwei Jahren an der B 73 in Nottensdorf lebte, für einige Wochen betreut werden. Der Obdachlose widersetzte sich am Donnerstag dem Beschluss – mit Pfefferspray und Schere ging der Mann auf die Polizisten los. Letztlich gelang es den Beamten und dem Rettungsdienst, ihn morgens ins Elbe Klinikum Stade zu transportieren. Die beteiligten Behörden und das Buxtehuder Amtsgericht hielten sich bedeckt.
Die gesetzlichen Hürden für eine Einweisung sind hoch. Das Niedersächsische Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen für psychisch Kranke – kurz NPsychKG – lässt eine Unterbringung einer Person in einer Klinik nur zu, „wenn von ihr infolge ihrer Krankheit (...) eine gegenwärtige erhebliche Gefahr für sich oder andere ausgeht und diese Gefahr auf andere Weise nicht abgewendet werden kann“. Das heißt: Die Fremd- und/oder Eigengefährdung muss hoch sein.
Betreuungsgericht ordnet Freiheitsentziehung an
Der Gutachter sah „eine Eigengefährdung“. Das Buxtehuder Amtsgericht handelte; ohne eine richterliche Anordnung dürfen Menschen in Deutschland nicht festgehalten werden. Ansatzpunkte in diesem Fall waren allerdings ein Paragraf im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und das laufende Betreuungsverfahren. Seine Betreuerin hatte ihn über das Betreuungsgericht in Buxtehude unterbringen lassen. Freiheitsentziehung ist laut Paragraf 1906 (BGB) „zum Wohl des Betreuten“ möglich, wenn „aufgrund einer psychischen Krankheit des Betreuten die Gefahr besteht, dass er sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt“.
Die wichtigsten Nachrichten aus der Region via TAGEBLATT Telegram
morgens, mittags und abends kostenlos aufs Smartphone erhalten
Ende November 2021 hatte der Obdachlose Marcel Suchomel auf Drängen der Behörden den Rastplatz an der B 73 in Nottensdorf verlassen, er hinterließ eine Rattenplage und einen Müllberg. Eigentlich wollte er weiter an die Nordsee ziehen, doch 50 Meter weiter ließ sich Marcel Suchomel zwischen dem Rastplatz und dem Kreisel an der Einfahrt zu einem Waldstück wieder nieder – unmittelbar am Fuß- und Radweg an der vielbefahrenen Bundesstraße. Kurz vor Weihnachten entsorgte die Niedersächsische Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr erneut Müll. Gegen 9 Uhr rückten Straßenwärter am Freitag erneut an, um den Müll des Obdachlosen zu entsorgen.
Weiterer Müll entsorgt
Mittlerweile hätten ihre Kollegen „knapp zehn Kubikmeter“ eingesammelt, sagt die Leiterin der Landesbehörde für Straßenbau und Verkehr in Stade, Friederike Wöbse. Sein Eigentum wurde gesichert. „Seine Mülltonnen und seine Habseligkeiten haben wir in Stade in Gewahrsam genommen“, betont Wöbse. Sie und ihre Mitarbeiter hätten sich – mit Blick auf die Nähe zur Straße und die Kälte – um die Verkehrssicherheit und die Gesundheit des Mannes gesorgt. Wöbse: „Wir hoffen, dass ihm jetzt geholfen werden kann.“

Die Straßenmeisterei sichert das Eigentum. Foto: Vasel
Der Obdachlose aus Süddeutschland lebt seit Sommer 2019 im Landkreis Stade – immer an der B 73. Wohnungsangebote schlug er aus. Vor zwei Jahren hatte ihn – seinerzeit hauste er auf dem Radweg – der Buxtehuder Bauhof in Nottensdorf abgeladen. Pkw- und Lkw-Fahrer versorgten ihn mit Essen, seine Cola-Flaschen und Energy-Drinks hütete der Mann wie einen Schatz auch in seinen Mülltonnen – gesichert mit Schloss und Kette. Sozialarbeiter und Sozialpsychiatrischer Dienst betreuten den Mann. Er trat wiederholt aggressiv gegenüber Mitarbeitern der Straßenmeisterei auf. Das reichte laut Landkreis Stade allerdings nicht für eine Einweisung. Anfang 2021 hatten die Behörden sich nach TAGEBLATT-Informationen vor Ort getroffen. Weil der Mann, der in seiner eigenen Welt lebt, immer eine lange Schere am Gürtel trug, begleitete die Polizei die Unterbringung. Die Samtgemeinde Horneburg hatte dem Obdachlosen bis zuletzt ein Zimmer in einer Unterkunft freigehalten. Wöbse und der Bürgermeister der Samtgemeinde Horneburg, Knut Willenbockel (parteilos), hoffen, dass der Mann nach dem Aufenthalt in der Psychiatrie nicht wieder im Freien an der Bundesstraße 73 leben will.