Marktkauf-Überfall eine Tat von RAF-Terroristen?

So berichtete das TAGEBLATT am 27. Dezember 2012 über den Marktkauf-Überfall in Stade und das Feuer im mutmaßlichen Fluchtfahrzeug.
Heiligabend 2012 hatten Unbekannte bei Marktkauf in Stade mehrere Tausend Euro erbeutet und ihr mutmaßliches Tatfahrzeug brennend in einem Wald zurückgelassen. Jetzt kristallisiert sich heraus: Bei den Flüchtigen könnte es sich um RAF-Terroristen handeln.
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Womöglich haben die ehemaligen RAF-Terroristen Ernst-Volker Staub, Burkhard Garweg und Daniela Klette weit mehr Überfälle in Niedersachsen begangen, als bislang angenommen. Bisher wurden den Terroristen lediglich zwei gescheiterte Überfälle auf Geldtransporter im Dezember 2015 in Stuhr bei Bremen sowie in Wolfsburg zugeordnet.
Inzwischen gehen die Ermittler davon aus, dass sich das Trio bereits seit Jahren auf einem Raubzug durch das Bundesland befinden könnte. Mit mindestens sechs weiteren Taten werden die Mitglieder der dritten RAF-Generation, die seit Anfang der 90er Jahre per Haftbefehl gesucht werden, in Verbindung gebracht. Darunter Verbrechen in Elmshorn, Celle sowie im Raum Osnabrück.
Die erbeutete Gesamtsumme soll sich nach Berechnungen der Polizei mittlerweile auf 380 000 Euro belaufen. Das Trio versucht mit den Taten offensichtlich immer wieder, sich Geld für den Lebensunterhalt zu beschaffen. Erst bei Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Überfall auf einen Einkaufsmarkt in Northeim im Oktober 2015 fielen einem Kriminalbeamten große Übereinstimmungen mit anderen Überfällen auf. So auch mit dem bislang ungelösten Vorfall, der sich an Heiligabend 2012 in Stade abspielte.
Das TAGEBLATT rekonstruierte den Marktkauf-Überfall in seiner Berichterstattung vom 27. Dezember 2012 mit Hilfe der Polizeiangaben wie folgt: Die beiden Unbekannten drangen gegen 9.25 Uhr in das Kassenbüro des Supermarkts ein, überwältigten drei Angestellte und forderten sie zur Herausgabe von Bargeld auf. Mit mehreren Tausend Euro entkamen sie zu einem silberfarbenen VW-Golf 3. Damit flüchteten sie über den Parkplatz zu einem Elektrogeschäft und gelangten auf die Bundesstraße 73. Dort verlor sich ihre Spur zunächst.
Die sofort eingeleitete Fahndung mit mehreren Streifenwagen blieb erfolglos. Sogar ein Polizeihubschrauber aus Hannover wurde angefordert, konnte die Flüchtenden jedoch nicht auffinden. Gegen 10.30 Uhr wurde in einem Waldstück im Fredenbecker Weg in Stade das mutmaßliche Tatfahrzeug entdeckt. Es brannte vollständig aus. Die Polizei vermutete, dass die Täter mit einem zweiten Fluchtfahrzeug vom Brandort fliehen konnten.
Dieses lichterloh brennende Fluchtfahrzeug ist jetzt ein zentraler Anhaltspunkt für die Ermittler. Denn: Das Muster scheint sich zu wiederholen. In zwei Fällen ist das Trio mutmaßlich daran gescheitert, das Fahrzeug zu entzünden. Ein Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft Verden sagte: „Wir prüfen, ob zwischen mehreren Raubüberfällen ein Zusammenhang besteht.“
Ein mögliches Indiz: Laut „Zeit online“ bewegten sich die mutmaßlichen RAF-Terroristen mit dem öffentlichen Nahverkehr durch Niedersachsen, um an verschiedenen Orten Fluchtfahrzeuge zu kaufen. Um auf ihre Spur zu kommen, befragten Fahnder des niedersächsischen Landeskriminalamtes mehrere Tausend Autohändler. Ein Verkäufer in Northeim soll Staub, Garweg und Klette anhand aktueller Fahndungsfotos erkannt haben. Auch das bei ihm gekaufte Fahrzeug wurde brennend in einem Wald aufgefunden.
Martkauf-Mitarbeiter konnten die beiden Räuber 2012 lediglich vage wie folgt beschreiben: Männlich, der eine trug zur Tatzeit einen dunklen Blouson und eine helle Hose, der andere einen langen dunklen Mantel. Anhand der kürzlich von der Staatsanwaltschaft Verden veröffentlichten Fahndungsfotos lässt sich eine Ähnlichkeit mit Staub und Garweg allenfalls vermuten.
Der Sprecher der Stader Polizei, Rainer Bohmbach, konnte zu den neuen Hinweisen am Freitag keine Angaben machen. Er verwies an das Landeskriminalamt, das auf Nachfrage ebenfalls keinen Kommentar abgeben wollte. Zuständig sei die Staatsanwaltschaft Verden, hieß es. Doch die Pressestelle der Ermittlungsbehörde war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Alterssimulationen von Burkhard Garweg (links), Ernst-Volker Wilhelm Staub und Daniela Klette. Foto dpa