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LSG-Verordnung Kehdinger Marsch ist beschlossen

Mit großer Mehrheit beschloss der Kreistag am Montagmorgen die Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet Kehdinger Marsch, mit der die EU-Vogelschutzrichtlinie und die FFH-Richtlinie erfüllt werden sollen.

Von Susanne Helfferich Montag, 05.03.2018, 16:19 Uhr

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SPD, CDU und FWG stimmten mehrheitlich (33 Stimmen) für die Verordnung. Grüne, FDP, Die Linken und AfD (17) lehnten sie ab. Drei Abgeordnete enthielten sich der Stimme. Damit endete ein fast zehn Jahre andauerndes Ringen um das EU-Vogelschutzgebiet.

Nach der Fachausschusssitzung am Mittwoch hatte die Verwaltung für den Kreistag noch nachgebessert. So ist der Einsatz von Herbiziden zur Sanierung von Grünlandflächen bei erheblichen Fraßschäden durch Gänse nach Zustimmung der Naturschutzbehörde erlaubt. Außerdem hatte die Verwaltung mit der Landwirtschaftskammer geklärt, dass die in der Verordnung festgelegte Einschränkung der Verwendung von Pflanzenschutzmitteln keine Auswirkungen auf die Bewilligung von Agrarumweltmaßnahmen (AUM) haben wird (etwa eine Entschädigung für den Verzicht auf Pflanzenschutz).

Während der Sitzung des Kreistages erläuterten Vertreter aller Fraktionen erneut ihre Standpunkte. Dabei wurde deutlich, dass sich die SPD sehr schwergetan hat. Kersten Schröder-Doms erklärte, dass es Zweifel in den SPD-Reihen gegeben habe, ob eine Schutzgebietsverordnung in dieser Form noch Sinn mache. Doch sie sei ein Versuch, den Konflikt zwischen Landwirtschaft und Naturschutz zu befrieden. Daher trage seine Fraktion die Verordnung mit.

Das taten die Grünen nicht. Sie bewundere die Kompromissbereitschaft der Verwaltung, so Verena Wein-Wilke, „doch dieser Kompromiss geht uns eindeutig zu weit“. Den Einsatz von Herbiziden und die Vergrämung von Gänsen zuzulassen, führe die Verordnung ad absurdum. Akustische Vergrämung setze auch die Wiesenbrüter unter Stress; „die wissen ja nicht, dass das nur den Gänsen gilt“. Kritik äußerte sie auch daran, dass die überarbeitete Verordnung nicht erneut ausgelegt wurde. „Ich bezweifle, dass dies einer rechtlichen Überprüfung standhält.“

Für die Natur gebe es Verbesserungen, die Landwirtschaft könne mit der Verordnung leben – so fasste es Uwe Arndt für die FWG zusammen. Er gab zu bedenken, dass die Kehdinger Marsch mit 6600 Hektar Fläche, auf der mehr als 90 Landwirte wirtschaften, ein ungewöhnlich großes Schutzgebiet sei. Er gehe davon aus, dass die Verordnung rechtskonform sei, „ da habe ich Vertrauen in die Verwaltung“.

Peter Rolker (FDP) erklärte, wie bereits im Ausschuss, dass er sich nicht ausreichend informiert fühle. Die FDP hatte einen Ortstermin beantragt, was abgelehnt wurde. Auch habe die Zeit nicht ausgereicht, die 500 Seiten Verordnung mit 125 Stellungnahmen durchzuarbeiten.

Dem widersprach Kai Seefried (CDU): „Man kann dem Kreistag nicht unterstellen, sich nicht sachlich und intensiv mit dem Thema beschäftigt zu haben.“ Er betonte, dass es sich bei der großen Fläche der Kehdinger Marsch nicht um eine Naturlandschaft handele, sondern um eine Kulturlandschaft, die von der Landwirtschaft geprägt sei. Durch die Bewirtschaftung der Grünflächen werde die Grundlage für die Wiesenbrüter geschaffen, da die Beweidung das Gras kurz halte. Auch begrüßte er, dass nun die Agrarumweltmaßnahmen abgesichert seien. Wenn die Förderperiode 2020 auslaufe, müsse erneut darüber diskutiert werden.

Benjamin Koch-Böhnke (Linke) erklärte, dass seine Fraktion noch am Morgen der Verordnung zustimmen wollte, aber durch die nun aufgenommene Freistellung vom Pflanzenschutzverbot bei Gänsefraß werde sie das nicht mehr tun. Es sei nicht definiert, was ein „erheblicher Fraßschaden“ sei. Auch der Einsatz von Herbiziden müsse genauer definiert werden. Ob denn auch ein Breitbandherbizid wie Glyphosat zum Einsatz kommen könne, fragte er. „Wir können dieser Schutzverordnung nicht mehr zustimmen, weil sie keine mehr ist.“

Die beiden Fraktionsvorsitzenden der großen Parteien, Heino Baumgarten (SPD) und Helmut Dammann-Tamke (CDU), erinnerten am Schluss an die lange Geschichte dieser Unterschutzstellung. Der Drochterser Baumgarten betonte, dass die Menschen vor Ort seit den 70er Jahren, seit das Land das Naturschutzprogramm Unterelbe aufgestellt hatte, wüssten, dass sie sich mit dem Naturschutz arrangieren müssten. Dammann-Tamke verwies auf die Präambel der Verordnung, in der steht, dass die landwirtschaftliche Bodennutzung, etwa die Weidehaltung, aufrechterhalten werden müsse, um naturschutzfachliche Ziele zu erreichen. Daher sei den den Erfordernissen der Landwirtschaft bei der Ausgestaltung der Verordnung Rechnung getragen worden.

LANDKREIS/KEHDINGEN. Folgende Punkte der LSG-Verordnung waren immer wieder Thema.

Verboten ist:

  • Grünland in eine andere Nutzung umzuwandeln oder mit Pflanzenschutzmitteln zu behandeln. Hier gibt es nun Ausnahmen – giftige Pflanzen dürfen bekämpft werden, um so die Beweidung sicherzustellen; alle drei Jahre darf eine Fläche außerhalb der Brutzeit mit Pflanzenschutzmitteln – außer mit Insektiziden – behandelt werden; und nach erheblichen Fraßschäden dürfen Herbizide eingesetzt werden.
  • Grünland mit zusätzlichen Entwässerungsmaßnahmen zu drainieren. Bestehende Entwässerung hat Bestandsschutz.
  • Das akustische Stören der Natur. Doch das Vergrämen von Gänsen zur Vermeidung von Fraßschäden ist genehmigt.
  • Modellboote außerhalb der Wischhafener Süderelbe, der Krautsander Binnenelbe, der Räthe, dem Sandloch, der Großen Räthe und dem Gauensieker Schleusenfleth fahren zulassen.
  • Hunde unangeleint laufen zu lassen. Kommunen können in Absprache mit der Naturschutzbehörde außerhalb der Brut- und Setzzeit einzelne Wege für den leinenlosen Auslauf ausweisen.

Freigestellt (erlaubt) ist:

  • Die Erweiterung landwirtschaftlich privilegierter Hofstellen mit Zustimmung der Behörde.
  • Die Anlage von Ballenlagerplätzen unmittelbar an Hofstellen.
  • Die Erweiterung privilegierter Obstanbauflächen mit Zustimmung der Behörde.
  • Das Angeln vom 15. Juli bis 31. Oktober an den Kleientnahmestellen in Nordkehdingen an der Sommerdeichstraße und an den Kleientnahmestellen in Südkehdingen.
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